Kapitel 4

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Als ich nach Hause komme ist Gideon bereits Zuhause. Ich kann ihn hören. Offenbar telefoniert er in seinem Arbeitszimmer. Weshalb ist er schon Zuhause? Um mich zurecht zu weisen? Mir eine zu knallen, weil ich heute Mittag so herumgerezert habe? Möglich ist leider alles. Ich gehe in die Küche, wo ich in den Kühlschrank schaue und mir selbst die Frage stellen, was ich für Gideon und mich zum Abendessen kochen könnte. "Sorgen Sie dafür, dass es morgen früh auf meinem Tisch im Büro liegt." und dann legt er auf. Ich drehe mich um und sehe ihn an. Er sieht schrecklich aus. "Herrgott, Gideon! Wie siehst du denn aus?" frage ich ihn erschrocken. Ich gehe auf ihn zu und lege meine Hand an seine Wange. "Ich habe ein wenig Stress. Nichts weiter." brummt er und schiemgt dann seine Wange in meine Handfläche. "Ich könnte ein wenig Ablenkung gebrauchen." Ich lächle. "Ich könnte uns etwas kochen. Worauf hast du Lust?" Er seufzt. "Naja, wie wäre es mit Nudeln Bolognese? Offenbar hat meine Frau Hunger darauf." Ich kichere. "Ja, habe ich. Der Salat, den ich essen musste, war schrecklich. Wieso muss ich diesen Salat essen? Er ist scheußlich." Gideon nickt. "Dann solltest du dir vielleicht selber etwas machen, was du mitnimmst für unterwegs." Diesmal nicke ich. "Okay, ich werde jetzt einfach ruhig bleiben und dich nicht anschreien. Ich versuche mich zu beherrschen, okay?" "Okay." lächle ich. "Ich werde dann jetzt mit dem Kochen anfangen." "Gut. Wie war das Shooting? Wie sind die Ergebnisse?" "Also ich bin zufrieden. Ich habe die Fotos auf dem Tablet, damit du sie dir ansehen kannst. Es ist in meiner Handtasche." Er geht zum Hocker, der am Tresen steht und nimmt meine Handtasche. Anschließend nimmt er mein Tablet heraus und entsperrt es. "Wo hast du es gespeichert?" "Ähm. Ich glaube, dass ich den Ordner ganz einfach 'Fußballshoot' genannt habe." sage ich und hole alles zum Kochen raus, ehe ich anfange Wasser für die Nudeln zu kochen und Hackfleisch zu braten. Gideon sieht sich die Bilder an und nickt. "Die Trikots gefallen mir. Die Bilder sind auch gut geworden." "Zu frieden, Mr Collins?" frage ich grinsend. Sein Blick wird dunkler und er kommt anmutig wie eine Raubkatze auf mich zu. "Es kommt drauf an. Was die Bilder betrifft schon, Mrs Collins." Ich beiße mir grinsend auf die Lippe. "Hör auf damit. Du beißt sie dir nur wieder kaputt." sanft zieht er mir meine Unterlippe aus meinen Zähnen und legt seine Lippen kurz auf meine. "Du schmeckst köstlich, Darling." raunt er und küsst mich gleich noch einmal. "Weißt du was? Ich werde dich morgen mit zum Spiel nehmen." Ich sehe ihn mit großen Augen an. "Echt jetzt?" Er nickt lächelnd. "Oh das ist toll! Ich freue mich." Gideon lächelt. "Aber nur, wenn das Essen gut schmeckt." Ich lache auf. Seine Augen sehen heute so traurig aus. "Was ist los mit dir, Gideon? Du siehst so traurig und erschöpft aus. Was ist los?" Ich streichle seine Wange. Er seufzt und schüttelt den Kopf. "Schon seit dem Mittelalter und sogar schon seit der Antike ist es die Aufgabe der Frau ihrem Mann beizustehen, wenn es ihm schlecht geht, damit er sich den Kummer von der Seele reden kann. Und was das betrifft hat sich bis heute nichts geändert. Also, sag es mir." "Ein berechtigtes Argument, mein Schatz. Aber ich sollte dir das nicht erzählen. Du wärst nur in Sorge." "Ich bin es noch viel mehr, wenn du es mir nicht sagst. Ich male mir die schlimmsten Dinge im Kopf aus." Er nickt. "Das ändert sich nicht, wenn ich es dir erzähle." Ich sehe ihn erschrocken an, woraufhin er seufzt. "Es gab ein paar Morddrogungen. Nichts weiter." er geht an mir vorbei Richtung Stube. Ich sehe ihm noch eine Sekunde lang entsetzt hinterher, doch dann löse ich mich aus meiner Starre und gehe ihm hinterher. "Nichts weiter? Ist das dein Ernst? Gideon, so etwas muss man ernst nehmen!" Er fährt herum und funkelt mich wütend an. Oh oh. Bin ich zu weit gegangen? "Denkst du etwa ich nehme das nicht ernst? Ich schicke dich mit zwei Sicherheitsleuten los und verbiete, dass du etwas isst, was von fremder Hand stammt! Jetzt komm mir nicht damit, dass ich das nicht ernst nehme!" Ich zucke zusammen und senke den Blick. "Geh mir aus den Augen." knurrt er. Ich nicke nicht, antworte nicht, ich gehe einfach zurück in die Küche. Ich schluchze leise auf und wische mir schnell die Tränen weg. Wenn er jetzt herkommen würde und sieht, dass ich weine, dann kann ich wahrscheinlich wieder etwas erleben. Das will ich nicht. Es lief gerade so gut. Ich atme tief durch und mache wieder die Herdplatte an, die ich zwischendurch ausgestellt hatte, damit mir das Hackfleisch nicht anbrennt. Dann brate ich es zu Ende und mache die Soße fertig. Anschließend gieße ich die Nudeln ab, mache einen Teil davon auf einen Teller, mache Soße drüber und stelle ihn auf den Tresen, wo Gideon dann essen kann. Ich lege noch Besteck dazu und gehe dann Richtung Arbeitszimmer. Ob ich es wagen soll? Er sagte nur, dass ich ihm aus den Augen gehen soll. Ich klopfe an der offen stehenden Tür und bleibe aber an der Wand, damit er mich nicht sieht. "Was ist?" ruft er gereizt. "Das Essen ist fertig." murmle ich und gehe schnell weg. Wohin soll ich? Am besten ins Schlafzimmer. Dort werde ich warten, bis er fertig gegessen hat, damit ich essen gehen kann, wenn er wieder in seinem Arbeitszimmer verschwunden ist. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt, aber es macht mich jedes mal ein bisschen mehr kaputt. Nach 10 Minuten geht die Schlafzimmertür auf und Gideon sieht mich mit vor der Brust verschränkten Armen an. "Wieso bist du hier?" Ich schlucke schwer. "Naja, ich sollte dir doch nicht mehr unter die Augen treten." sage ich leise. "Ach! Fängst du also doch noch an auf mich zu hören, ja?" Ich senke den Blick wieder und spiele nervös mit meinen Händen in meinem Schoß. "Nun mach, dass du runter kommst und was isst. Jetzt." Ich stehe schnell auf und gehe mit gesenktem Blick an ihm vorbei nach unten in die Küche. Dort mache ich mir ganz schnell einen Teller fertig und dann setze ich mich an den Tresen. Wenige Sekunden später setzt sich Gideon neben mich. "Du solltest aufhören mir zu sagen, was ich tun soll, Lisa. Mittlerweile solltest du auch wissen, dass ich es nicht leiden kann, wenn du in diesem Ton mit mir redest." Ich nicke. "Gut. Das Essen ist übrigens sehr lecker." Ich lächle etwas. "Das Rezept ist von meiner Oma." "Na dann ist es ja kein Wunder, das es so gut schmeckt." Er lächelt mich an und küsst meine Wange, während seine Hand auf meinem Oberschenkel liegt. Wieder eine sanfte Phase. Ich habe die Hoffnung aufgegeben. Ich werde niemals so unendlich glücklich sein, wie ich es mir wünsche. Spätestens morgen wird er wieder seine Hand gegen mich erheben.

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