Teil 1

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„Es ist gut jetzt Justus, ich hab echt keinen Bock mehr!" „Lina bitte, nun übertreib doch nicht gleich wieder!" „Ich übertreibe? Justus hör auf, du bist hier der, der übertreibt! Du erdrückst mich! Du verstehst einfach nicht, dass ich meinen Freiraum brauche, dass ich auch einmal Zeit für mich brauche! Ich bin kein Mensch, der den ganzen Tag mit einem Menschen aufeinander hocken kann, wann verstehst du das endlich? Ach ist auch egal, jetzt ist es eh zu spät." „Lina bitte..." Justus klang beinahe verzweifelt, doch das interessierte mich gerade nicht im Geringsten. „Hör auf Justus.", sagte ich mit etwas leiserer Stimme, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit als sowieso schon zu erregen. Ich saß in einem kleinen Café mitten in München und wollte eigentlich nur meine Mittagspause genießen, als mein Freund, pardon, mein Exfreund anrief und um der Wiederherstellung unserer sowieso schon längst gescheiterten Beziehung bettelte. „Du hast es doch so gut mit mir, ich tue dir gut, das merke ich doch! Du findest nie wieder so einen wie mich!" Ich schnaubte. „Ich will auch gar nicht wieder so eine Klette wie dich finden! Ich habe im Moment sowieso genug von diesem ganzen Beziehungsscheiß! Es ist aus Justus, bitte kapier das endlich!" Eine dunkelblonde Frau am Nebentisch sah interessiert zu mir herüber. Mist, ich sollte vielleicht wieder etwas leiser reden. „Ich verspreche dir, dass ich dir deine Freiräume lasse, die du brauchst! Ich liebe dich doch! Ich würde alles für dich tun! Ich würde dir die Welt zu Füßen legen!" Ich verdrehte die Augen. „Merkst du nicht, dass genau das mich abstößt? Ich will deine blöde Luxuswelt nicht! Auch wenn du es dir vielleicht nicht vorstellen kannst, aber du beeindruckst mich nicht im Geringsten mit deiner ach so tollen Wohnung und deinen tollen Ausflügen, die immer ein Heidengeld kosten! Ich wollte oft genug einfach mal nur mit dir im Englischen Garten oder sonst wo spazieren gehen, aber immer war dir das zu niveaulos! Nochmal: Dein blödes Geld beeindruckt mich nicht! Und jetzt ist es zu spät! Und bitte höre endlich auf, mich weiter zu belästigen!" Justus schwieg am anderen Ende und ich wartete seine Antwort auch nicht mehr ab, sondern legte einfach auf und seufzte. Das wäre geschafft! Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass er mich in Ruhe ließ. Ich warf meine langen blonden Haare schwungvoll nach hinten und straffte meine Schultern. Ich durfte nur nicht nachgeben! Justus war Geschichte! Endlich. Justus war 32 Jahre alt und Anwalt, außerdem steinreich. Als wir zusammen kamen, war er noch normal und nicht so luxusbesessen, doch nach einiger Zeit, als sein Geld immer mehr wurde, konnte er sich nicht mal mehr auf den Stand herab begeben, einen Spaziergang durch den Englischen Garten mit mir zu machen, und irgendwann wurde mir das einfach alles zu viel. Ich wollte kein Luxusleben! Er hatte zum Schluss sogar darauf bestanden, dass ich meinen Job aufgeben sollte, da war der Geduldsfaden bei mir endgültig gerissen und ich war ausgezogen. Nun wohnte ich zur Miete in einer kleinen Wohnung in München und war auch glücklich. Es war ein wunderschönes Gefühl, endlich das machen zu können, was man für richtig hielt. Justus war eine unglaubliche Klette und konnte es nicht nachvollziehen, wenn ich einmal alleine mit meinen Freundinnen in einen Club wollte, immer wollte er unbedingt mitkommen. Aber das war nun vorbei. Und ich hoffte endgültig. Die dunkelblonde Frau am Nebentisch sah immer noch interessiert zu mir herüber und lächelte, als ich sie ebenfalls ansah. Verwirrt setzte ich ein aufgesetztes Lachen auf und nickte ihr zu. Schnell drehte ich mich wieder weg und nippte an meinem Kaffee. Komische Leute hier. „Guten Tag, dürfte ich mich vielleicht für einen kurzen Moment zu Ihnen gesellen?" Ich drehte mich um und sah in die Augen der Frau, die jetzt plötzlich neben mir stand und Anstalten machte, sich auf den Stuhl mir gegenüber zu platzieren. Verwirrt nickte ich. „Natürlich." Sie lächelte und setzte sich. „Ich bin Frau Kramer.", sagte sie und reichte mir lächelnd ihre Hand, die ich verlegen schüttelte. Was wollte sie? „Lina Miller." Sie lächelte wieder. „Sie fragen sich bestimmt, was ich von Ihnen möchte." Ich nickte und sie fuhr mit einem entschuldigenden Lächeln fort. „Nun ja, ich habe gerade bei Ihrem Telefonat zugehört, und ich denke, Sie wären genau die Richtige!" Ich runzelte die Stirn. „Wofür die Richtige?" Sie rückte ein Stück näher, als wollte sie mir ein Geheimnis anvertrauen. „Ich kann Ihnen noch nicht so viel sagen, aber hätten Sie Interesse daran, ihr Einkommen ein bisschen zu erhöhen?" Ich runzelte die Stirn. „Inwiefern?" „Ich hätte einen Job für Sie, der perfekt zu Ihnen passen würde. Genauer gesagt passen Sie perfekt zu dem Job!" Ich zog eine Augenbraue hoch. „Und was wäre das für ein Job?" „Nun ja, Sie müssten sich als die Freundin von einem Mann ausgeben, der ziemlich in der Öffentlichkeit steht. Viel mehr kann ich Ihnen leider nicht verraten." Ich runzelte erneut die Stirn. Ich sollte mich als die Freundin von irgendeinem Kerl ausgeben? Sie fuhr fort. „Die Presse macht es ihm im Moment nicht leicht, und es würde seinem Image gut tun. Wir haben uns schon einige Damen angeschaut, doch Sie wären perfekt für ihn!" Ich sah sie mit großen Augen an. Das war doch jetzt nicht ihr Ernst. Hastig redete sie weiter. „Natürlich werden Sie gut dafür bezahlt! Es gibt gewissen Regeln, an die Sie sich halten müssten, doch das sind alles akzeptable Regeln, wir verlangen nichts Unwürdiges!" Ich räusperte mich. Das wurde mir hier gerade alles zu bunt. „Ich glaube nicht, dass ich die Richtige für Sie bin." Sie sah mich enttäuscht an und kramte aus ihrer Tasche eine Karte, auf der ihre Nummer stand. „Überlegen Sie es sich, Sie wären die perfekte Besatzung! Falls Sie Fragen haben, können Sie mich selbstverständlich auch kontaktieren." Ich nahm die Karte entgegen und drehte sie in meinen Händen. Frau Kramer erhob sich. „Ich muss weiter, aber bitte überlegen Sie es sich gut!" Und damit verließ sie mit einem letzten freundlichen Lächeln das Café.



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