Teil4

1.8K 22 2
                                    

Am Abend traf ich mich mit meiner besten Freundin Tara in einer kleinen Bar in München. „Und wie läuft's bei dir? Seit der Trennung von Justus meine ich?" „Besser als je zuvor!", sagte ich grinsend und Tara grinste ebenfalls. „Ich hätte ihn ja nicht gehen lassen, du hättest immer ein Luxusleben gehabt.", sagte sie und ich wusste, dass sie mich damit nur aufziehen wollte. „Ach komm Tara bitte, du weißt genau, dass ich kein Luxusleben will." Sie zuckte mit den Schultern und nippte an ihrem Cocktail. „Schon jemand neues kennengelernt?", fragte sie. „Nein, ich hab mich aber auch noch nicht wirklich auf die Suche gemacht. Im Moment finde ich es ganz gut, wie es ist." Plötzlich fiel mir siedend heiß ein, dass ich ja sehr wohl schon wieder vergeben war. Oh je, wie konnte ich das vergessen? Aber ich durfte Tara ja sowieso nichts erzählen. Oder? Und wenn ich ihr nur erzählte, dass ich wieder einen Freund hatte? Aber das stimmte ja im Grunde genommen noch nicht mal, also ließ ich es lieber bleiben. „Hast du Samstag schon was vor? Wir könnten mal wieder shoppen gehen!", schlug Tara vor und ich wollte gerade zusagen, als mir einfiel, dass Samstag ja diese Veranstaltung war. „Ne, sorry, Samstag geht's nicht...", murmelte ich und hoffte, dass sie nicht weiter nachfragte. Was sie zum Glück auch nicht tat. „Und wie geht's Leonie mit ihrem Baby?" Leonie war meine Schwester, sie war zwei Jahre älter als ich und hatte vor sieben Monaten mit ihrem Mann ihr erstes Baby bekommen, Lotta. „Leo geht's gut und Lotta auch. Sie ist echt süß!" Tara grinste. „Ich hab die beiden letztens in der Stadt gesehen, aber Lotta lag im Kinderwagen, ich habe sie auch nur von weiter weg gesehen." Wir unterhielten uns noch eine Weile über dies und das, bis es schließlich Zeit war, nach Hause zu gehen. „Bis dann Lina!" „Tschüs Tara! Wir sehen uns!"

Abends in meinem Bett dachte ich an Florian. Warum war er so schweigsam gewesen? Bedrückte ihn etwas? Oder war er einfach nur ein nachdenklicher Kerl? Und würden wir irgendwann einmal unbefangener miteinander umgehen können? Ich hoffte es, denn wenn er so weiter machte, würde es sehr komisch werden, ihn zu küssen oder nur mit ihm Händchen zu halten. Und wenn er irgendwann einmal ein bisschen offener wäre, würde es mir bestimmt sogar richtigen Spaß machen, seine Freundin zu spielen. Praktisch eine Beziehung ohne Gefühle und ohne direkte Verpflichtungen. Im Moment wollte ich einfach auf gar keinen Fall eine richtige Beziehung, das mit Justus hatte mir gereicht. Er hatte mich total erdrückt, war immer sofort eifersüchtig und hat sich immer über alles Gedanken gemacht, am meisten darüber, wie er mich beeindrucken konnte. Ich genoss es wirklich in vollen Zügen, nach der Arbeit machen zu können, worauf ich Lust hatte. Und ich würde Florian schon noch dazu kriegen, vernünftig mit mir zu reden.

Am nächsten Tag war Freitag und ich würde mich wieder um zwölf Uhr mit Florian treffen, diesmal in einem kleinen Café in München. Genauer gesagt würde Florian mich um zwölf Uhr von der Arbeit abholen und dann mit mir zu dem Café fahren. Als ich das Büro verließ, erwartete mich bereits ein alter BMW mit Florian hinterm Steuer. Als er mich erblickte, ließ er den Motor an. „Hi!", sagte ich, als ich ins Auto stieg. „Hallo.", murmelte er und fuhr los. Na toll, er war wohl immer noch so ungesprächig wie gestern. Ich seufzte. Das konnte ja was werden. „Was ist?", fragte Florian und sah mich kurz an. „Nichts.", sagte ich und starrte weiter auf die Straße. Ich musste ihn irgendwie dazu kriegen, mal ein bisschen was zu erzählen. „Wo wohnst du eigentlich?", fragte ich deshalb. Florian schwieg für einen kurzen Moment und starrte weiter auf die Straße. „Ich glaube, das ist für unsere Geschäftsbeziehung nicht wichtig.", sagte er schließlich. Okay? „Und das heißt?", fragte ich weiter. „Dass es unwichtig ist, wo ich wohne, da das zu meinem Privatleben gehört und ich dich somit eh nie mit in meine Wohnung nehmen werde. Außerdem steht in dem Vertrag drin, dass das Betreten meiner Wohnung verboten ist." Es war verboten, seine Wohnung zu betreten? War das nicht ein bisschen übertrieben? Und wieso hab ich mir diesen blöden Vertrag eigentlich nicht genau durchgelesen? „Unsere Beziehung findet lediglich auf der Straße, in der Öffentlichkeit, statt.", fügte er noch hinzu, um seine Worte zu verdeutlichen. Moment, dachte er etwa, ich würde mir mehr auf unsere „Beziehung" einbilden? „Florian?", fing ich an und suchte nach den richtigen Worten. Fragend drehte er sein Gesicht in meine Richtung. „Du brauchst dir gar nicht einzubilden, dass ich mir wünschen würde, dass zwischen uns einmal irgendwann mehr laufen würde. Glaub mir, ich hab mich gerade erst von meinem Freund getrennt und hab fürs erste sowas von die Schnauze voll von Beziehungen mit ihren ganzen Verpflichtungen. Und wenn du es genau wissen willst, mach ich das Ganze hier auch nur, um mir ein bisschen Geld dazuzuverdienen und um meinen Exfreund zu zeigen, wie gut ich ohne ihn klar komme! Also bilde dir bitte nicht ein, ich wäre scharf auf dich! Ich habe lediglich aus dem Grund gefragt wo du wohnst, damit du überhaupt mal was erzählst, es ist nämlich ziemlich komisch, dich die ganze Zeit neben mir zu haben und deinem Schweigen zuhören zu müssen!" Florian sah mich mit einem Hauch Misstrauen und Erstaunen an. Anscheinend hatte ich genau ins Schwarze getroffen. „Was soll ich denn erzählen?", fragte er leise. Ich seufzte. „Ach Florian du kannst auch gerne weiter schweigen, ich hatte einfach nur gedacht, dass es für uns beide erträglicher wäre, wenn wir uns gut verstehen würden. Für mich ist das nämlich auch alles nicht einfach!" Florian starrte mich erstaunt an. „Kannst du bitte wieder auf die Straße gucken?", maulte ich und deutete auf die Straße. Florians Mundwinkel zuckten kaum merklich und er wendete sich wieder der Straße zu. Machte er sich jetzt etwa über mich lustig? „Tut mir leid, du hast ja recht...", sagte er und diesmal starrte ich ihn erstaunt an. Hatte er mir gerade Recht gegeben? Wow. Er hielt vor dem Café und stieg aus, um mir wenig später die Tür aufzuhalten. „Danke.", murmelte ich und nahm seine Hand entgegen. Seine Hand war auf tröstende Weise warm und bei seiner Berührung durchzuckte mich ein komisches Gefühl. Florian betrat mit mir das Café und steuerte auf einen Tisch hinten in der Ecke zu. „Guten Tag, was darf's denn bei Ihnen sein?", fragte wenig später eine Bedienung, bereit dazu, unsere Bestellung aufzunehmen. Florian sah mich an. „Was nimmst du?" „Äh... einen Kaffee.", murmelte ich. Florian nickte. „Zwei Kaffee bitte." „Kommt sofort!", sagte sie und rauschte wieder ab. Wir schwiegen weiter, bis die Bedienung wieder kam und uns unseren Kaffee brachte. Florian sah verlegen auf den Tisch. „Tut mir noch einmal leid, ich kann verstehen, dass das für dich auch nicht einfach ist. Ich ... hab einfach nur an mich gedacht, das ist nur irgendwie alles so komisch..." Ich seufzte. „Ist okay." Plötzlich klingelte mein Handy. Tara. Gerade jetzt, wo Florian Einsicht zeigte. „Entschuldigung, da muss ich kurz drangehen.", sagte ich trotzdem zu Florian und nahm ab. „Hallo?" „Hi Lina, ich bin's! Hast du gerade Mittagspause?" „Äh ja?" „Cool, wollen wir uns irgendwo treffen?" Mist! „Äh... geht leider nicht... Sorry..." Tara schwieg für einen Augenblick. „Was machst du denn immer, dass du ständig ausgebucht bist?", fragte sie und lachte. Ich merkte, wie ich rot wurde. Florian sah mich fragend an. Was sollte ich jetzt sagen? „Ähm... ich... habe eine Verabredung.", sagte ich hastig und wendete meinen Blick von Florian ab. „Du hast eine Verabredung? Mit einem Mann? Hast du nicht gestern noch gesagt, dass du im Moment keine Beziehung willst? Lina! Und wieso erzählst du mir so etwas nicht?" Ich seufzte. „Tara bitte, lass uns ein andermal darüber reden." Tara lachte. „Ich versteh schon. Wir telefonieren heute Abend! Bis dann!" „Tschüs!" Oh je. Was sollte ich ihr heute Abend sagen? Dass er mein neuer Freund war? Das wäre aber gelogen. Aber das Gegenteil wäre auch gelogen. Ich müsste ihr die Wahrheit sagen, immerhin war sie meine beste Freundin. Aber das ging nicht, ich hatte einen Vertrag unterschrieben. „Eine Freundin von dir?", fragte Florian und ich nickte. „Tara, meine beste Freundin." „Was meinst du wird sie sagen, wenn sie von uns erfährt?" Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung." „Kennt sie mich?" Abermals zuckte ich mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich denke schon..." Florian nippte an seinem Kaffee und beobachtete mich über den Rand seiner Kaffeetasse.

Mein Freund der SchauspielerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt