Teil12

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Als ich aufwachte, lag ich immer noch unter Florians Arm und hatte mein Gesicht an seine Brust gelehnt. Sein Gesicht war ebenfalls noch in meinen Haaren vergraben. Ich musste ziemlich dringend auf die Toilette, doch ich wollte diesen Moment auf gar keinen Fall zerstören. Obwohl ich mich schrecklich dabei fühlte. Vorsichtig löste ich mein Gesicht von ihm und hob meinen Kopf ein bisschen, damit ich in sein Gesicht sehen konnte. Er sah total friedlich aus, wenn er schlief. Und glücklich. Um seine Mundwinkel lag immer noch dieses kleine Lächeln. Vielleicht empfand er ja auch etwas für mich. Nur ein ganz bisschen. Doch ich verwarf diesen Gedanken schnell wieder. Das war doch lächerlich. Widerwillig löste ich mich dann doch von ihm, wobei sein Atem unkontrollierter wurde und er langsam aufwachte. Ich setzte mich neben ihm im Bett auf und sah auf ihn herunter. Mit einem Blinzeln schlug er langsam die Augen auf und sah mich an. „Hey.", murmelte er verschlafen und rieb sich die Stirn. „Guten Morgen. Kopfschmerzen?" Er nickte träge und schloss wieder die Augen. Ich stand auf und legte ihm eine Kopfschmerztablette mit einem Glas Wasser auf den Nachttisch, genau neben sein Handy. Sein Handy, wo die Fotos von mir drauf waren. Augenblicklich errötete ich. „Ich gehe duschen, dir geht's mit der Tablette bestimmt gleich besser.", sagte ich und verschwand schnellstmöglich ins Badezimmer. Unter der Dusche konnte ich so langsam wieder ein paar klare Gedanken fassen. Es war nicht mehr zu leugnen. Ich hatte mich in ihn verliebt. Ich musste unbedingt mit Tara reden! Und wie sollte es jetzt weitergehen? Florian durfte das auf gar keinen Fall erfahren. Es musste einfach so weitergehen wie bisher, ich würde meine Gefühle irgendwie wieder in den Griff bekommen müssen. Immerhin konnte ich nicht kündigen, der Vertrag ging mindestens über ein halbes Jahr. Und ich wollte auch gar nicht kündigen. Ich war gerne mit Florian zusammen. Und er war doch auch gerne mit mir zusammen, zumindest hatte er mir das gesagt. Gestern auf dem Tretboot. So schlimm konnte er mich also ja nicht finden. Vielleicht empfand er ja doch auch ein bisschen für mich. Ich erinnerte mich an die gegenseitigen Komplimente, die wir uns bei ihm in der Wohnung gemacht hatten. Mir war das total peinlich gewesen, aber ihm schien es nicht im Geringsten peinlich gewesen zu sein. Und er hatte mir verziehen, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass er unglücklich sei. Er suchte meine Nähe doch auch, das bildete ich mir doch nicht nur ein! Oder war das alles nur rein freundschaftlich? Ich wusste es nicht. Seufzend stieg ich aus der Dusche und zog mir frische Klamotten an. Florian würde wohl die Klamotten von gestern Abend wieder anziehen müssen, immerhin hatte er keine frischen Klamotten hier. Ich kämmte meine Haare und verließ dann das Badezimmer. Florian saß im Bett und beobachtete mich, als ich reinkam. „Es tut mir leid, Lina. Ich hätte mich nicht so betrinken sollen. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war." Ich lächelte und setzte mich zu ihm. „Kein Problem. Ich hoffe, es ist nicht schlimm, dass du hier geschlafen hast, aber du wusstest deine Adresse nicht. Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte." Er lächelte mich liebevoll an. „Danke. Ich hab den totalen Filmriss.", sagte er und sah mich schuldbewusst an. Er hatte einen Filmriss? Das heißt, er konnte sich nicht daran erinnern, wie er mich auf der Party auf die Stirn geküsst hatte? Und wie er darauf bestanden hatte, dass ich mit in seinem Bett schlafe? „Weißt du gar nichts mehr?", fragte ich vorsichtig und er setzte ein gequältes Gesicht auf. „Ich weiß noch wie ich mit Markus geredet habe und dann gesehen habe, wie du und Ariana wieder gekommen seid. Und wie wir ins Taxi gestiegen sind. Mehr nicht." Er sah mich gequält an. „Hab ich irgendetwas Peinliches gemacht?", fragte er vorsichtig. „Es geht. Du hast auf der Party sämtliche Leute angerempelt weil du so betrunken warst. Im Taxi hast du dich zweimal übergeben, aber der Taxifahrer war so freundlich das wegzumachen, weil er dich kannte. Und im Foyer hast du, als ich den Fahrstuhl geholt habe, in den Blumenkübel gepinkelt." Ich zuckte mit den Schultern und musste mir ein Grinsen verkneifen, als ich Florians geschocktes Gesicht sah. „Scheiße.", murmelte er und fuhr sich panisch durch die Haare. Ich kicherte. „Das war ein Scherz! Du hast nichts Peinliches gemacht, versprochen!" Florian sah mich einen Moment lang stumm an, dann seufzte er hörbar erleichtert aus. „Okay.", murmelte er und lächelte mich schüchtern und mit gesenktem Kopf an. „Ich geh dann auch mal duschen.", sagte er schließlich und stand auf. „Da müsste noch ein sauberes Handtuch sein.", sagte ich und Florian nickte, ehe er im Badezimmer verschwand. Ich sah ihm seufzend hinterher und vergrub die Hände in meinem Gesicht. Ich und meine blöde Verliebtheit würden noch alles kaputt machen, was sich inzwischen bei uns aufgebaut hatte. Denn ich war mir sicher, dass Florian auf gar keinen Fall über die Freundschaft hinausgehen wollte. Nicht mit mir. Ich seufzte noch einmal und kramte dann mein Handy aus meiner Tasche. Fünf entgangene Anrufe. Einer von Tara und vier von ... Justus. Justus? Was wollte der denn schon wieder? Wie aufs Stichwort klingelte mein Handy plötzlich wieder und ich sah seine Nummer auf dem Bildschirm. „Was willst du?", blaffte ich in mein Handy. „Hey.", murmelte er kleinlaut. „Warum rufst du mich schon wieder die ganze Zeit an? Wie oft muss ich dir noch sagen, dass es aus ist?" „Ich weiß Lina, bitte hör mir zu. Ich muss mit dir reden. Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen. Nicht nur in der Beziehung, auch danach. Ich weiß, dass das falsch war und dass ich vollkommen übertrieben habe. Ich habe verstanden, dass es aus ist, dass das mit uns nichts mehr wird. Ich würde dir das alles aber auch noch einmal gerne persönlich sagen. Ich möchte dich nicht ganz verlieren, Lina. Ich habe wirklich eingesehen, dass das mit uns beziehungstechnisch nichts mehr wird, aber ich würde mich gerne noch einmal mit dir treffen. Um dir das, wie schon gesagt, alles noch einmal persönlich zu sagen und weil ich dir ein Angebot machen möchte." Er verstummte und ich war sprachlos. Was war das denn? „Du musst jetzt auch nichts sagen Lina, ich würde dich nur gerne noch einmal sehen." „Was willst du mir für ein Angebot machen?", fragte ich ihn scharf. Wenn er auf so etwas wie Freundschaft plus hinauswollte, würde er was zu hören bekommen. „Ich würde dir das lieber persönlich sagen.", sagte er leise. „Justus das hat keinen Sinn, du kannst dir deinen Vorschlag sonst wo hinschmieren. Ich habe mit dir abgeschlossen." „Lina bitte. Wir können doch befreundet sein. Ich habe es wirklich eingesehen." Ich seufzte und merkte, wie ich langsam einknickte. Wir hatten uns eine Zeit lang so gut verstanden, vielleicht würde eine Freundschaft ja wirklich klappen. „Was für ein Vorschlag?", fragte ich noch einmal mit scharfer Stimme. Er schwieg kurz, doch dann redete er. „Ich habe für die nächste Woche, also von morgen bis Freitag, einen Geschäftstermin in London. Einer meiner Kollegen hat kurzfristig abgesagt und jetzt sind ein Flugticket und ein Hotelzimmer übrig. Ich wollte dir vorschlagen, mit nach London zu kommen. könntest dir London ansehen, während ich arbeiten muss. Du wolltest doch immer schon einmal nach London. Und abends könnten wir ja mal was trinken gehen und einfach mal wieder ein bisschen plaudern. Ich vermisse dich wirklich Lina. Auch wenn ich weiß, dass das mit uns nie wieder was wird." Ich schwieg. Ich sollte mit ihm nach London? Er hatte Recht, ich wollte schon immer einmal nach London. Aber mit ihm? Jetzt? „Justus ich glaube, das ist keine so gute Idee. Ich habe einen Freund." „Ich dachte, du wolltest Unabhängigkeit. Du bekommst jetzt die Chance, einmal dort hinzufliegen. Für eine Woche. Kostenlos. Die Kosten werden von der Firma übernommen. Da sind auch noch andere Kollegen von mir mit, falls du oder dein Freund Angst habt, dass du alleine mit mir da bist. Überlege es dir, okay? Und dann ruf mich an." „Ich muss jetzt auflegen Justus." „Tschüs Lina." „Tschüs." Schnell legte ich auf und atmete einmal tief ein und wieder aus. Ich musste bei Tara anrufen. Jetzt sofort! Bevor Florian wiederkam. „Hallo?", meldete sie sich schon beim zweiten Klingeln. „Tara, ich hab ein Problem! Oder eher gesagt zwei Probleme! Zwei riesen Probleme!" „Was ist denn passiert?", fragte sie besorgt. Ich schwieg. Ich konnte es einfach nicht über die Lippen bringen. „Lina! Nun sag schon!", befahl sie mir und ich seufzte. „Ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt.", flüsterte ich und bemerkte eine Bewegung auf der anderen Seite des Raumes. Florian stand im Türrahmen und sah mich entsetzt an. Scheiße. „Was? In wen? In Florian?", fragte Tara, doch ich konnte nicht antworten, ich starrte geschockt in Florians weit aufgerissene grüne Augen, die mich entsetzt anstarrten. Ich hörte Tara seufzen. „Ach Lina, das habe ich dir doch gleich gesagt." Ich starrte Florian immer noch geschockt an, der sich langsam aus seiner Starre löste und sich aufgebracht durch die Haare fuhr. „Du darfst dich nicht in mich verlieben!", sagte er leise und sah mich weiter an. Ich ließ das Handy sinken und bemerkte eine Träne meine Wange herunter laufen. „Lina nein! Das geht nicht! Bitte!", sagte er flehend. „Bitte sag mir, dass das nicht stimmt. Nicht in mich.", flehte er weiter. Ich presste die Lippen aufeinander. War das sein Ernst? Dazu ist es jetzt wohl zu spät.", fauchte ich ihn an und löste mich allmählich auch aus meiner Starre. Er fuhr sich panisch mit beiden Händen durch die Haare und sah mich immer noch mit weit aufgerissenen Augen an. „Lina, du bist so ein tolles Mädchen und ich ... Ich bin der Letzte, in den du dich verlieben könntest! Ich bin nicht der Richtige für dich!" Wieso war er bitteschön nicht der Richtige für mich? Und was sollte dieses komische Gerede schon wieder? Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Du liebst sie noch. Deine Exfreundin, die dir so wehgetan hat.", sagte ich leise, aber dennoch mit klarer Stimme und sah ihn an. Seine Augen weiteten sich noch ein Stückchen mehr. „Was? Nein! Lina..." Er seufzte und ich wandte den Blick ab. Er liebte sie noch, hundertprozentig. Florian sah mich immer noch an. „Und was hast du jetzt vor? Du kannst nicht kündigen. Der Vertrag geht mindestens ein halbes Jahr." Mir liefen Tränen die Wangen herunter. Er war so ein Mistkerl! Hauptsache seine Karriere lief gut. „Ich hatte auch nicht vor zu kündigen.", zischte ich und rauschte an ihm vorbei aus dem Zimmer, ohne mich noch einmal umzudrehen. Tränen liefen mir die Wangen herunter. Ich merkte, dass Tara immer noch am Handy war. „Bist du noch dran?", fragte ich schluchzend ins Handy. „Ach Lina.", murmelte sie tröstend. „Was soll ich denn jetzt machen?", fragte ich mit weinerlicher Stimme. Sie seufzte. „Mach einfach so weiter wie bisher." „Ich hab alles kaputt gemacht! Die ganze Freundschaft, die wir uns aufgebaut haben!" „Das kommt bestimmt wieder." Sie schwieg für einen kurzen Moment, doch dann fuhr sie fort. „Ich würde dich so gerne trösten, aber ich bin im Moment bei meinen Eltern in Trier..." Ich schniefte einmal und versuchte, mich zusammenzureißen. „Ist nicht schlimm, ich krieg das schon irgendwie hin."

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