Nachdem ich noch zwei weitere Stunden mit meiner Oma verbracht hatte und wir uns über die vergangen drei Jahre austauschten, fuhr ich zurück in meine Wohnung, wo ich auch mein Handy wieder einschaltete. Ich hatte noch sieben weitere verpasste Anrufe von Florian und zwei Nachrichten auf meiner Mailbox, doch ich hörte sie mir gar nicht erst an. Ich war wirklich gespannt auf seine Erklärung, doch das konnte er mir persönlich sagen! Ich hatte auch eine Nachricht von Florian. ‚Können wir reden?' ‚Ich bin zu Hause. Auf deine Erklärung bin ich mal gespannt.', antwortete ich und legte mein Handy auf den Tisch vor mir. Ich freute mich, wieder Kontakt zu meiner Oma hergestellt zu haben, trotzdem saß mir die Aktion von Florian und das Aufeinandertreffen mit Justus schwer im Magen. Warum meinte er ausgerechnet jetzt meine Eltern besuchen zu müssen? Was wollte er damit bezwecken? Wollte er meine Eltern wirklich nur einfach mal wieder sehen? Oder wollte er sich bei ihnen einschleimen, damit sie ihn gegen mich in Schutz nahmen? Hatte er die Trennung denn etwa immer noch nicht verkraftet? Ich fürchtete nicht. Na toll, auch das noch. Seufzend sah ich auf meine Uhr. Es war schon halb zehn, Florian würde jetzt wohl nicht mehr vorbei kommen. Ich ging ins Schlafzimmer, wo ich mir meinen Schlafanzug anzog und meine Haare zu einem Pferdeschwand band. Ich war total müde, aber ich wollte auch noch nicht ins Bett, es war ja immerhin erst halb zehn. Ich ging zurück ins Wohnzimmer und nahm mir ein Buch aus dem Regal, als es an der Tür klingelte. War das etwa Florian? Seufzend stand ich auf und ging zur Tür. Doch vor der Tür stand nicht Florian, sondern Justus. Noch schlimmer. „Hey.", sagte er verlegen. „Was ist?", fragte ich ungeduldig. Ich wusste, dass ich ein bisschen forsch war, doch das war mir gerade ziemlich egal. Was wollte er schon wieder? „Tut mir leid, dass ich einfach bei deinen Eltern aufgekreuzt bin." „Warum warst du überhaupt da? Ich verstehe das nicht!" Er zuckte mit den Schultern, während ich mich gegen den Türrahmen lehnte. Ich würde ihn bestimmt nicht hereinlassen. „Ich wollte sie einfach mal wieder sehen. Ich vermisse mein altes Leben mit dir so." Ich seufzte genervt. „Justus." Er sah mich entschuldigend und verlegen an, als wir plötzlich jemand die Treppen rauflaufen hörten und wenig später Florian um die Ecke bog. Florian sah etwas verwirrt von Justus zu mir und Justus stöhnte genervt, was mich noch wütender machte. Erst tauchte er hier uneingeladen auf und jetzt tat er auch noch so blöd wenn Florian kam. „Du brauchst hier gar nicht so genervt zu tun, immerhin ist er mein Freund und hat hier mehr zu suchen als du!", fauchte ich ihn an. Florian grinste selbstzufrieden. „Und du brauchst gar nicht so selbstgefällig zu grinsen, du hättest nach deiner Aktion heute Nachmittag auch ruhig zu Hause bleiben können!", fauchte ich Florian an und sein Grinsen verschwand sofort. Jetzt stand ich hier in vor meiner Haustür mit zwei Männern, die mich schuldbewusst ansahen. Ganz klasse. „Wir hätten dann ja alles geklärt, oder?", fragte ich Justus ungeduldig, damit er endlich verschwand. Er nickte. „Tschüs Lina! Und tut mir nochmal leid." Ich schnaubte nur und wandte mich dann Florian zu und sah ihn abwartend an. „Kann ich reinkommen?", fragte er kleinlaut und sah verlegen auf den Boden. Ich sagte nichts und wartete, dass er mir in die Augen sah. Erst jetzt fiel mir Elmo auf, der neben ihm auf dem Boden kauerte. Ich sah Florian weiter abwartend an und endlich hob er den Blick. „Bitte.", sagte er und ich seufzte und ließ ihn an mir vorbei in meine Wohnung treten. Elmo folgte ihm. „Wie war dein Tag?", fragte er und zog seine Jacke aus, um sie fein säuberlich über einen Stuhl zu hängen. „Florian, das ist nicht dein Ernst. Was sollte das vorhin? Wer war der Kerl? Warum hast du so getan, als wäre ich lediglich deine Freundin in der Öffentlichkeit? Kannst du dir vorstellen, wie demütigend das war? Du hast mich einfach abserviert!" Er sah wieder kleinlaut auf den Boden. „Ich weiß, tut mir leid... Ich war nur einfach irgendwie ..." Er seufzte. „Ich wusste einfach nicht, wie Basti wohl reagieren würde..." „Basti?", hakte ich nach. „Basti ist mein bester Freund und es ist mir wichtig, was er von mir denkt. Ich würde ihm das lieber mal in Ruhe sagen..." Mir klappte die Kinnlade herunter. „Dieser Mann war dein bester Freund?" Ich konnte es nicht glauben. Das war sein bester Freund, da gab es doch keinen Grund, mich so abzuservieren! „Ja, das war mein bester Freund. Vielleicht verstehst du jetzt, dass..." Ich unterbrach ihn. „Nein, jetzt verstehe ich dich erst recht nicht! Das kann doch nicht dein Ernst sein! Ich verstehe einfach nicht, wo dein scheiß Problem ist! Warum kannst du es nicht mal den Leuten sagen, die dir am nahestehen stehen! Deine Eltern wissen es nicht, deine Schwester nicht, nicht mal deinem besten Freund konntest du es sagen? Nicht mal, als ich vor der Tür stand? Stattdessen hast du mir die Tür vor der Nase zugeknallt! Nicht mal dann konntest du es ihm erzählen? Er ist dein bester Freund, sowas erzählt man sich doch! Meine Leute wissen es doch auch alle!" Er sah mich gequält an. „Deine Leute dachten das auch von Anfang an. Auch wenn sich zwischen uns einiges geändert hat seitdem." „Das stimmt nicht.", zischte ich. Ich war stocksauer. „Tara, meine beste Freundin, falls du dich erinnerst, wusste davon. Ich hab ihr erzählt, dass ich mich in dich verliebt habe! Und ich habe ihr auch erzählt, dass wir nun wirklich zusammen sind! Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht!" Diesmal war er es, dem die Kinnlade herunter klappte. „Tara? Aber im Vertrag steht doch ..." Wieder unterbrach ich ihn. „Ach komm Florian bitte, hör du mir auf mit diesem blöden Vertrag! Du bist doch der Erste, der sich nicht daran gehalten hat! Und ich habe es nur Tara erzählt, weil sie meine beste Freundin ist und weil ich ihr zu hundert Prozent vertrauen kann. Du brauchst also keine Angst haben, dass dein guter Ruf ruiniert wird. Jedenfalls nicht durch Tara." Er kniff seine Augen zusammen. „Was willst du damit sagen?" Ich schnaubte. „Ich wollte damit nichts Bestimmtes aussagen, falls du Angst hattest, ich könnte damit an die Öffentlichkeit gehen. Aber ich habe so das Gefühl, dass du sehr um den Ruf in deiner Familie und deinem Bekanntenkreis bemüht bist, der vielleicht durch mich ruiniert werden könnte, immerhin bin ich nur das Blondchen, das sich für Kohle als deine Freundin ausgibt." Florian starrte mich für einen Moment sprachlos an, doch ich bereute es keineswegs, dass ich die Vermutung aufgestellt hatte, ich würde ihm seinen guten Ruf in seiner Familie versauen, weil ich mich ja nur für Geld als seine Freundin ausgebe. Doch dann wurde sein Blick weicher. „Das stimmt nicht Lina." „Ach ich glaube schon, dass das stimmt! Warum sonst hast du es noch niemandem erzählt? Ich verstehe auch nicht, wieso Frau Kramer das nicht wissen darf!" „Wenn sie es wüsste, würdest du kein Geld mehr bekommen." Ich starrte ihn wütend an. „Im Ernst jetzt, Florian? Denkst du, dass mir dieses Geld auch nur Irgendetwas bedeutet? Es ist mir scheißegal, ob ich dann kein Geld mehr kriege! Warum kannst du es keinem sagen? Ich erwarte ja gar nicht, dass du mir um den Hals fällst und mir sagst, dass du mich liebst. Es tut mir leid, wenn ich dich damit gestern überfahren habe. Aber du könntest wenigstens zu mir stehen." Florian seufzte und sah zu Elmo, der neben der Tür lag und vor sich hin schlummerte. Dann sah er mich wieder an. „Was ist denn so schlimm, wenn wir einfach so weitermachen? Es war doch gut so, wie es ist und damit weichen wir unnötigen Fragen aus." Das war nicht sein Ernst. Wütend starrte ich ihn an. „DU weichst unnötigen Fragen aus, ich nicht, da es von meiner Seite sowieso alle wissen! Wenn du nicht zu mir stehen willst, dann können wir es auch ganz lassen!" Ich wusste, dass das hart war, doch ich war mir sicher, dass er nachgeben würde. „Das meinst du nicht so.", sagte er leise und sah mich vorsichtig so. „Doch, das meine ich genauso, Florian." „Nein.", sagte er noch einmal und ich nahm sowas wie Panik in seinen Augen wahr. Ich verstand ihn einfach nicht. Was war so schlimm daran, dass seine Familie und seine Freunde es wussten? Florian fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe und nickte schließlich. „Okay." Ich starrte ihn mit zusammen gekniffenen Augen an. Okay? Wie, okay? „Komm Elmo.", sagte er und Elmo erwachte aus seinem Schlummerschlaf. Ging er jetzt? Das konnte er doch nicht machen! Er wollte also nicht zu mir stehen? „Du gehst jetzt aber nicht ernsthaft nur, damit du nicht zu mir stehen musst, oder?" Ich war fassungslos. „Ich weiß einfach nicht, ob ich wieder dazu bereit bin, so eine Beziehung zu führen, wie du sie dir vorstellst!" „Wie ich mir sie vorstelle? Es ist doch nicht ungewöhnlich, dass ich eine normale Beziehung führen will und nicht eine, von der eigentlich niemand weiß." Er schüttelte traurig mit dem Kopf. „Du verstehst das nicht Lina." „Dann erkläre es mir!" „Ich brauche Zeit." Er brauchte Zeit? Das war doch nicht sein Ernst! Ich machte meinen Mund auf, um irgendetwas zu sagen, was ihn daran hindern würde, zu gehen. Aber dann besann ich mich eines Besseren, ich würde ihn ganz bestimmt nicht anbetteln. Darum sah ich ihm einfach nur sprachlos zu, wie er seine Jacke nahm und meine Wohnung verließ. Er verließ einfach meine Wohnung. War's das jetzt mit uns? Und das nur, weil er es seinen Eltern nicht erzählen wollte? Wo war sein blödes Problem? Er führte sich auf wie ein Teenager, der sich nicht traute, seinen Eltern von seiner ersten Beziehung zu erzählen. Das war doch kindisch! Wieso war er nur so störrisch? Ich seufzte. Sollte er doch darüber nachdenken. Laut dem Terminplan von Frau Kramer würden wir uns eh erst am nächsten Samstag wieder sehen, bis dahin hatte er ja dann Zeit. Ich würde mich solange bestimmt nicht bei ihm melden, nicht dass ich ihm seine Zeit zum Nachdenken nahm. Ich wusste gar nicht, ob ich eher wütend oder traurig sein sollte. Ich entschied mich fürs wütend sein, damit konnte ich irgendwie besser umgehen, als traurig an die Decke zu starren. Stattdessen starrte ich nun wütend an die Decke.
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Mein Freund der Schauspieler
FanficLina hat einen neuen Job. Sie soll die Freundin von Florian David Fitz, einem deutschen Schauspieler, spielen. Doch was passiert, wenn Lina und Florian anfangen, sich besser kennen zu lernen?