↠Kapitel 13↞

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↠Vier Monate danach↞


Niall:

Als ich wenige Stunden später teilnahmslos an der Bar lehnte und in mein lauwarmes, widerlich schmeckendes Bier starrte, fragte ich mich wirklich, was um alles in der Welt mich dazu geritten hatte, Harrys Plan so vorschnell zuzustimmen. Nicht nur die erschreckende Tatsache, dass ich zugestimmt hatte, nein- plötzlich hatte mich so etwas wie Starrsinn und grimmige Entschlossenheit gepackt und ich hatte sogar darauf bestanden, noch heute Abend alle Jungs zusammenzutrommeln und mich Hals über Kopf in das Nachtleben einer Sadt zu begeben, die pulsierte, wie das blühende Leben.- Tokio.

Übermorgen würde unsere Welttour beendet sein und ich konnte für einige Wochen endlich wieder Nachhause fliegen. Wehmütig dachte ich an meine Heimat Mullingar, an Mums herzhaftes Essen, an Greg und an Theo, der erst wenige Monate alt war und bereits mein ganzer Stolz. Ich hatte den kleinen Hosenscheißer kaum gesehen, seitdem er geboren war. Eine Tatsache, die ziemlich an mir nagte.

Ich zwang mich, einen Schluck von der pissgelben Brühe zu nehmen- die auch verdächtig danach schmeckte und wohl nur mit dem Namen „Bier" getarnt war- um die strahlenden Gesichter meiner Familie zu verwischen.

Ein Teil von mir hatte sich eingeredet, dass eine Party perfekt war, um das Ende der Tour zu feiern. Auch meine Kollegen würde für einige Wochen Nachhause fliegen, um Zeit mit ihren Familien zu verbringen. Das Ende einer Tour war immer eine kleine Verschnaufpause, die einen bittersüßen Geschmack aufwies. Ich würde es zwar nicht vermissen, mir mit Harry ein Hotelzimmer zu teilen, Louis schmutzige Socken zwischen meinen T-shirts zu finden oder Liam in der Dusche singen zu hören, aber dennoch waren diese vier Vollidioten meine Brüder und es war seltsam, sie nicht jeden Tag um mich zu haben.

Doch mir war trotzdem nicht danach, mich zu ihnen zu gesellen und die Tanzfläche zu stürmen. Lieber nippte ich an dem lauwarmen Gebräu und beobachtete die Menschen, die sich im Schein der unruhigen Lichten gehenließen, wild aneinander rieben oder sich gegenseitig die Zungen in den Hals steckten. Manchmal fragte ich mich, ob sie sich so sehr nach Leben sehnten, dass nur ein gedämpfter Raum, vollgestopft mit schwitzenden Leibern ihnen Atem einhauchte und sie mehr schlecht als recht am Leben erhielt, wie Zombies.

„Hey Mann.", wurde ich von Zayn, der sich zu mir an die Bar gesellt hatte und mir gutmütig auf die Schulter klopfte, aus meinen Gedanken gerissen. Sein schwarzes Haar war vollkommen zerzaust, die Augen bereits leicht gerötet, aber er grinste zufrieden und gab dem Barkeeper ein Zeichen, um sich einen neuen Drink zu bestellen. „Ganz schön cool hier, oder?"

„Mhm.", neidisch beobachtete ich, wie er zufrieden an seinem Wodka Sour nippte und schob angeekelt meinen Bierbecher von mir. Zayn blickte mir prüfend in die Augen und setzte gerade an, etwas zu sagen, als er von Harrys atemlosen Lachen unterbrochen wurde. „Ihr glaubt nicht, was gerade passiert ist! Louis wurde von einer Asiatin angemacht, die aussah, wie dreizehn. Sie hat ihm einfach in den Schritt gefasst! Wenn es davon Bilder gibt, wird ihn El umbringen."

Ich lachte verkrampft, während Zayn herzlich in Harrys Ausbruch mit einstimmte. Was, zur Hölle war los mit mir? Es war, als gehörte ich nicht an diesen Ort. Und nicht zu meinen Freunden, die sich feiern ließen, wie junge Götter. Alles daran fühlte sich fremd und distanziert für mich an und ich bekam einfach nicht auf die Reihe, was es war, das mich so von allem entfernte. Es war, als wären meine Gedanken abwesend.

Als würde alles, was wirklich wichtig und von Bedeutung war in einer fremden Ecke meines Gehirns vor sich hinvegetieren.

Ich starrte Harry an, der vollkommen in seinem Element war. Seine Wangen waren gerötet, seine grünen Augen wild und voller Leben. Es war, als gehörte er  total an diesen Ort. Als würde er mit den Lichtern verschmelzen und von der Musik getragen werden, die Energieströme durch seinen Körper jagte. Als wäre er eins mit dem Rhythmus der pulsierenden Körper um ihn herum. Für mich hingegen war all das wie eine mächtige Welle, die mich jeden Moment drohte zu überrollen. Ich schwamm gegen den Strom, doch er war zu mächtig.

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