↠Kapitel 37↞

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05. Januar 2016

Jamie:


„Also mal ganz ehrlich und ohne zu übertreiben. Ich glaube, das ist die beste Party, auf der ich je war.", Niall, in einen entsetzlich hässlichen Weihnachtspullover gekleidet, verdrehte genüsslich die Augen, als er an seinem Glühwein nippte und sich anschließend zufrieden zurücklehnte.

„Übertreib nicht, Horan.", ich konnte mir ein Augenrollen nicht verkneifen beim dem Anblick meines besten Freundes, der keine Mühe scheute, mich bei Laune zu halten.

„Ich finde, für eine Abschiedsparty ist das ganz schön lahm.", fügte ich hinzu und machte eine allumfassende Geste. Wir kauerten zu zweit auf dem Boden von Nialls altem Kinderzimmer, das so winzig war, dass gerade einmal ein Bett und ein Schreibtisch hineinpassten. Wir saßen auf dem zotteligen Teppich vor besagtem Bett und ich konnte, wenn ich mich ausstreckte mit den Zehen die gegenüberliegende Wand berühren. Pizzakartons und zwei bereits leere Flaschen Wein lagen um uns verstreut, Radiohead drang träge aus dem kleinen CD-Player und allmählich begann ich wirklich zu schwitzen, da Bobby es für nötig gehalten hatte, die Heizung auf Hochtouren laufen zu lassen.

Niall rollte sich herum, ein zufriedenes Glucksen rollte über seine vom Wein blau gefärbten Lippen: „Ernsthaft, das hier ist alles, was ich brauche."

Ich wollte erwidern, dass ich mir das kaum vorstellen konnte, schluckte die Worte jedoch hinunter, indem ich an meinem Glas nippte. Ich hatte alle seine Freunde einladen wollen, aber er war mir auf die Schliche gekommen und hatte mir verboten, etwas Großes zu planen. - „Mach' dich nicht lächerlich, Carter. Wenn ich jedes Mal eine Party schmeißen würde, wenn ich für ein paar Monate weggehe, könnte ich direkt einen eigenen Club aufmachen."

Und eigentlich hatte er damit auch gar nicht so unrecht. Das hier war Nialls Leben. Ein ständiges Kommen und Gehen. Und trotzdem hätte ich es schön gefunden, ihn zu überraschen. Immerhin hatte er es so gewollt. Normal. Ein normaler Teenager, der ein halbes Jahr lang in die große, weite Welt zog, brauchte eine anständige Abschiedsparty.

Mein Blick flackerte zu dem vollgepackten Rucksack, der auf dem Bett bereitlag. Niall hatte sich dem Drängen seiner besorgten Mutter widersetzt und nicht einmal ein Hotel für den Anfang gebucht. Er wollte es schmutzig und wild, wie er mit einem Grinsen betont hatte.

Ich wehrte mich mit aller Macht dagegen, aber der Wein lockerte meine Zunge und schon waren die Worte ausgesprochen, die ich eben noch hatte zurückhalten wollen: „Es wird sich nicht besonders viel verändern, wenn du weg bist, weißt du?"

„Inwiefern?", fragte Niall und stützte interessiert den Kopf auf seine verschränkten Arme, um mich ansehen zu können.

„Naja.", ich zuckte die Schultern und ließ den Zeigefinger über den Rand des Glases gleiten, um ihn nicht ansehen zu müssen. Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, nicht melancholisch zu werden oder Dinge zu sagen, die wie ein Vorwurf klangen.

„Du bist am anderen Ende der Welt.", ich versuchte, unbeschwert zu klingen, aber die Worte kamen doch eher wie ein Vorwurf über meine Lippen und das ärgerte mich.

Niall seufzte: „Du hättest mitkommen können, Kleines. Das weißt du. Und du kannst immer noch mitkommen. Anstatt zurück nach Washington zu fliegen...", er griff nach meiner Hand und sofort durchflutete Wärme meinen Bauch.

Doch ich schüttelte den Kopf und entzog ihm eilig meine Hand. Ich zwang mich seit Wochen, den Gedanken daran beiseite zu schieben, auch wenn er sich immer wieder in meinen Kopf schlich. Mit Niall wegzugehen wäre wunderschön. Ich wollte mit ihm weggehen. Es verzehrte mich danach, mit ihm gemeinsam abzuhauen. Aber richtig war es deshalb noch lange nicht.

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