↠Kapitel 40↞

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18. August 2016

Niall:

Ich wartete in einem kleinen, überteuerten Café an der Upper East Side auf Jamie. Sie hatte vorgeschlagen, uns dort vor der Arbeit zu treffen. Also bevor sie arbeiten ging, ich hatte beschlossen, mir noch ein paar Wochen frei zu nehmen, bevor ich wieder ins Studio ging, um Songs für mein erstes, eigenes Studioalbum zu schreiben. Es war ein schöner Augustmorgen und ich genoss den Anblick des geschäftigen Treibens, während ich gemütlich an einem Tisch saß und mein Gesicht hinter einer Zeitung versteckte. Dass Jamie zu spät dran war, war eigentlich nichts Neues für mich, also lehnte ich mich entspannt in meinem Sessel zurück und konzentrierte mich für einen Moment ganz auf das aufgeregte Prickeln in meinem Bauch, das meine Vorfreude auf unser Wiedersehen ausdrückte.

Ich wünschte, ich wäre weniger paranoid gewesen, erkannt zu werden und hätte die Zeitung einfach weggelegt, so dass ich sie hätte reinkommen sehen. Ich hätte es eigentlich schon an der Art merken müssen, wie die Tür aufging. Das kleine Glöckchen über der Glastür klang irgendwie anders als bei den anderen Leuten, ich hätte es schwören können. Sie kam in den Laden gewirbelt, wie ein kleiner Sommersturm und zog alle Blicke auf sich- auch meinen, verspätet zwar, aber dennoch rechtzeitig, um zu sehen, wie sie sich die Sonnenbrille in das rote, beinahe hüftlange Haar schob, ein entwaffnendes Lächeln auf den kirschrot geschminkten Lippen. Sie trug ein elegantes Kostüm, aber sie sah nicht spießig aus, keineswegs. Ihre langen, glatten Beine waren gebräunt und der Rock schmiegte sich genau an die richtigen Stellen ihres schlanken Körpers. Sie war schön, Gott, sie war so schön, dass es mir für einen kurzen Moment einfach die Sprache verschlug, als sie endlich, nach Monaten, vor mir stand. Für einen Augenblick schien alles verkehrt, ich konnte selbst nicht wirklich sagen, was genau. Vielleicht wurde mir bewusst, in welcher Liga diese Frau eigentlich spielte oder es war einfach die verstrichene Zeit zwischen uns, aber die Art, wie ich ungelenk aufstand und sie in eine ungeschickte Umarmung zog, war verwirrend und... seltsam. Aber wirklich nur für eine Sekunde, bis ich ihre Wärme spürte und das vertraute Parfum roch, das immer noch dasselbe war, dass ich an dieser fremden Frau kannte. Und sie war wieder Jamie. Meine Jamie.

Ich spürte, wie ihre Umarmung kurz fester wurde, bevor sie sich von mir löste und mich an den Schultern ein Stückchen von sich schob, um sich Zeit zu nehmen, mich zu mustern. «Hey.», sagte sie und strahlte.

«Hi.»

Ihre Finger berührten kurz mein Gesicht und ich widerstand dem Drang, sie dort festzuhalten. «Gut siehst du aus.», sagte sie und lächelte zufrieden. «Du auch. Ich meine, sieh dich an, du... wow.», erwiderte ich und war auf einmal verlegen. Ich räusperte mich und wies auf den Sessel mir gegenüber. «Wie lange hast du Zeit? Ich hab' dir schon mal Kaffee bestellt. Cappuccino, so wie du ihn magst.»

«Oh, danke dir. Eigentlich trinke ich den gar nicht mehr, ich bin auf Espresso umgestiegen», sie lachte, auf einmal auch nervös.

«Oh, mhm, das wusste ich nicht. Ich kann... ich kann dir einen neuen bestellen, wenn du möchtest.», bot ich an, während ich auf den Tisch starrte, der zwischen uns stand, wie eine Barriere. «Nein, nein, schon gut. Es ist nett von dir, dass du mir was bestellt hast.», sie winkte ab und nahm eilig einen Schluck des heißen Getränks.

Wir hatten uns nie so lange über Bestellungen unterhalten und sie wusste es genauso gut wie ich.

«Hey, gratuliere zu 'Little Talks', ich hab' gehört du bist dabei, die Weltherrschaft an dich zu reißen.»

Ein kleines Lächeln zupfte an ihrem Mundwinkel: «We're getting there.», sie versuchte sich an einem vornehmen Akzent und brachte mich damit zum Lachen. «Nein, ernsthaft, ich bin stolz auf dich.»

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