7. Kapitel

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Das Principality Stadium. Kapazität: 72.500 tausend Besucher. Freitagabend, 17:30 Uhr. Ian und stehen in der Schlange. Es ist arschkalt. Ich merke, wie schlecht gelaunt er ist. Ich kuschle mich an ihn und grinse. "Das vergesse ich dir nicht.", knurrt er, küsst aber mein Haar. Doch ich muss feststellen, dass das Publikum wirklich zwischen 12 und 16 Jahren ist. Größtenteils. Und, lieber Gott, wie die sich alle aufdonnern. Da komme ich mir mit meinen dunklen Jeans und dem schwarzen Shirt etwas underdressed vor. Und die Schuhe, wie kann man es mit 12 Jahren zwei Stunden lang auf High Heels aushalten? Ich trage meine schwarzen Stiefel. Ohne Absatz, natürlich. Sonst wäre ich größer als Ian.
Ich muss mich wirklich zusammenreißen. In meinem Kopf dreht sich alles darum, wie ich es in Mitten dieser Menge aushalte, ohne von Panikattacken überfallen zu werden. Aber ich habe ja jemanden an meiner Seite. Wir folgen der Masse und sammeln uns. Für meinen Geschmack stehen wir viel zu weit vorne. Aber allen anderen scheint das zu gefallen. Ian sieht sich um. Ich sehe in seinem Blick, dass ihm das Umfeld gefällt. Aber was habe ich erwartet? Er ist mit seinen 18 Jahren lange nicht so reif, wie ich es gerne hätte.
Die Vorband gefällt mir echt gut. Sie bringen das Publikum in Stimmung und hinterlassen einen kreischenden Haufen wildgewordener Fans. Dann gehen alle Lichter aus. Und das Gekreische wird lauter. Adrenalin strömt durch meine Adern, ich will nach Ian's Hand greifen. Doch der steht schon gar nicht mehr neben mir. Aber das wird in dem Moment egal, in dem die Jungs die Bühne betreten. Der Instrumentalteil ihres ersten Songs geht los. Und ich kreische einfach mit. Die Angst vor der Angst ist im Moment unwichtig.

Die Stimmung ist der absolute Hammer, Louis, Niall, Liam und Harry singen so unglaublich gut. Sie treffen jeden Ton, es klingt besser, als die Audios. Und ich liebe die Songtexte. Während dem Song 'You And I' habe ich das Gefühl, dass Harry mich die meiste Zeit über ansieht. Das ist natürlich Quatsch. Aber der Gedanke lässt mich strahlen. Mit 'Don't forget where you belong' haben sie mich dann und ich gebe mich dem Spektakel vollkommen hin.
Ihr letzter Song 'I want to write you a song' bringt die Mädels um mich herum zum heulen. Und ich verstehe beim Refrain auch warum. Alle singen mit, es ist eine so schöne Atmosphäre, unbeschreiblich.

Wow. Morgen werde ich Muskelkater in den Beinen haben. Meine Stimme hat sich jetzt schonmal verabschiedet. Ich stehe draußen in der Kälte mit Ian. Er stand schon hier, als ich rauskam. Aber das ist mir egal. Mein Dauergrinsen entgeht ihm nicht. "Hauptsache es hat dir gefallen.", sagt er nebenbei und geht Richtung Parkplatz. Doch ich bleibe stehen und zücke mein Handy, ich werde angerufen. Die Nummer habe ich nicht eingespeichert. "Hallo?", frage ich, aber meine Stimme versagt. "Emma! Hey, hat es dir gefallen?" Ich lasse vor lauter Schreck fast mein Handy fallen. Harry's tiefe Stimme ist jetzt noch tiefer und rau vom Konzert. Ian kommt zu mir und runzelt die Stirn. "Alles okay?", fragt er. "Harry ... Woher hast du meine Nummer?" "Von Abby. Bist du noch hier?" Ich schlucke unsicher und sehe zu Ian, der die Arme verschränkt hat. Bin ich noch hier? "Klar, wir stehen vor dem Haupteingang.", platzt es aus mir heraus. "Wir können nicht rauskommen, das würden wir nicht überleben. Kommt ihr in Halle B? Dort ist ein kleiner, abgesperrter Bereich. Ihr könnt etwas essen, 'n Drink haben und natürlich Fotos und ein Autogramme bekommen." Bei dem letzten wird seine Stimme noch tiefer und ich lächle. "Alles klar, bis gleich ..." Ich atme tief durch. Ich habe jetzt also seine Nummer. "Was ist denn jetzt? Können wir?" "Du kannst ruhig fahren, ich wollte mich noch eben mit jemandem treffen. Drinnen." Ian mustert mich von Kopf bis Fuß. "Ich komme mit." Klasse. Das kann was werden.
Wir drängen uns durch die Menge zurück in das Stadion und suchen Halle B. Ich habe nur ein Ziel vor Augen und das ist Harry. Ian schlendert hinter mir her. Ich weiß schon, warum er mitgekommen ist. Die beiden großen Männer vor den schwarzen Vorhängen sehen uns prüfend an, dann treten sie beiseite. Jetzt gibt es kein zurück mehr.

Die Jungs sitzen laut quatschend und lachend verteilt auf einem großen, roten Ledersofa. Es sind Teppiche ausgelegt, um den abgenutzten Hallenboden zu verdecken, große Lichterketten und eine Minibar lassen das kleine Areal viel gemütlicher und vor allem einladender wirken.
Harry sieht uns, strahlt erst bis über beide Ohren, was mich schwach werden lässt, doch dann verschwindet es genauso schnell wie es gekommen ist. Ich bemerke, wie Louis ihm eine Hand auf den Oberschenkel legt. Mein Puls beschleunigt sich und ich sehe Ian an. Der sieht genauso finster drein. Das alles war ein großer Fehler. "Ich denke, ich warte im Auto.", sagt er dann leise und küsst mich, provozierender Weise, auf die Lippen. Das macht er nie. Dann verschwindet er. Ich atme tief durch. "Ich denke, ich werde auch ..." Bevor ich meinen Satz beenden kann steht Harry auf und kommt auf mich zu. Sein Blick ist wild. Angsteinflössend. Ich bleibe stehen. "Warum? Es gibt belegte Brötchen, das darfst du dir nicht entgehen lassen.", sagt er leise. Zu leise. Seine Stimme ist beinahe verschwunden. Ich gehe einfach an ihm vorbei und stelle mich bei den anderen vor. Niall kenne ich ja schon. Die anderen beiden sind echt korrekt, ich sage ihnen was ich beruflich mache und setze mich zu Ihnen. Harry bleibt vorne stehen und beobachtet uns. Ich würde gerne wissen, was sein Problem ist.
   Die Zeit vergeht wie im Flug und Harry gesellt sich nach ein paar Minuten mit einem Brötchen zu uns. Wir reden. Reden zu viel. Ich erfahre viel über die Band, Dinge, die ich in den Bericht einbringen werden muss. Es sind private Sachen, die Niemanden etwas angehen. Wie auch immer. Mein schlechtes Gewissen versaut mir die Stimmung und ich beschließe, mich zu verabschieden. "Sorry, Jungs, aber ich muss los." Ich weiß noch nichtmal, ob Ian noch da ist, oder ob er schon gefahren ist. Ich sehe auf mein Handy. 10 entgangene Anrufe von ihm und eine einzige Whatsapp: Bis dann.
   Also verabschiede ich mich, Harry bringt mich zum Ausgang. "Was macht ihr heute Nacht noch?", frage ich, als wir durch den Haupteingang nach draußen gehen. "Naja ..." Er sieht mich an und grinst. "Schlafen, denke ich." Ich pikse ihn in den Bauch und wir lachen. Es ist ein so schönes Geräusch, das aus seinem Mund kommt. Ich sehe ihn an. "Ich bringe dich eben.", sagt er zu meiner Überraschung. "Was? Das ist zweieinhalb Stunden weit weg." Damit will ich sein Angebot ablehnen, doch bevor ich mich versehe, stehen wir vor seinem Audi und er öffnet mir die Beifahrertür. Ich lächle verlegen und steige ein. Er riecht noch ganz neu. Ich schnalle mich an und Harry steigt auch ein.
   Zu meiner großen Überraschung fährt er besser, als jeder andere, mit dem ich vorher gefahren bin. Die leise Klaviermusik im Hintergrund bringt eine angenehme Atmosphäre zu Stande. "Ist alles in Ordnung? Das mit Ian tut mir leid.", sage ich leise. Er starrt auf die Straße. "Warum hast du gerade ihn mitgebracht? Ich dachte eher an eine deiner Freundinnen." Mein Seufzer lässt ihn mich ansehen. Und ich nicke. "Ja, ich weiß. Aber ich hätte wirklich nicht gedacht, dass es dir etwas ausmachen würde." Ich bin glücklich über seine Reaktion, auch wenn ich weiß, dass das ziemlich egoistisch ist. "Ich mag ihn einfach nicht. Es gibt Menschen, die sehe ich zum ersten Mal, ohne mit ihnen gesprochen zu haben. Und ich hasse sie." Ich kichere. "Das kenne ich." Plötzlich würgt der Wagen ab, mitten auf der Autobahn. Mit dem letzten Schwung fährt Harry links ran. "Mist ...", flucht er und steigt aus. Die Motorleuchte blinkt. Etwas stimmt nicht. Er öffnet die Motorhaube und eine Qualmwolke kommt ihm entgegen. Und jetzt? Wenn er keine Ausbildung zum KFZ Mechaniker genossen hat, haben wir ein ganz schönes Problem.

The Deal || Harry Styles *COMPLETED* #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt