9. Kapitel

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Louis braucht nicht lange. Ehe ich mich versehe sitze ich zu Hause in meinen kleinem Wohnzimmer und schaue Fern. Egal was ich auch tue. Egal wie sehr ich es versuche. Ich bekomme seinen traurigen, enttäuschten und verletzen Gesichtsausdruck nicht aus meinem dämlichen Schädel. Ja. Mein dämlicher Schädel, der mir all das eingebrockt hat. Hätte ich einfach meine Gefühle unter Kontrolle, wäre das alles gar kein Problem. Ich würde diesen lächerlichen Job erledigen und mir wäre Harry's große Enttäuschung am Ende komplett egal. Nur leider ist das nicht so. Ich mag ihn. Ich bin gerne bei ihm. Wie kann ich das überhaupt wissen? Kenne ich ihn? Ich frage mich, was seine Lieblingsfarbe ist, was er wohl am liebsten isst, welche Musik seine liebste ist, oder wie seine Beziehungen bisher waren. Ich habe keinen blassen Schimmer. Ich bin einfach naiv und voller Hormone. Und lächerlich. Ja, verdammt lächerlich sogar.
Als ich das dritte Glas Rotwein geleert habe, beschließe ich, mich ab nun an voll und ganz auf meine Arbeit zu konzentrieren. Keine Gefühle, keine Abweichungen oder Vorlieben. Nur dieses Scheißprojekt. Mittlerweile ist es, zu meinem Bedauern, eher ein Deal. Ein Deal, der über mein Leben und über meine zukunft entscheidet. Komm schon, Emily! Wie lange würde eine Beziehung mit einem so beliebten Sänger halten? Es ist nicht das was ich brauche. Er ist nicht, was ich brauche. Bei dem verzweifelten Versuch mir das einzureden, leere ich dann schließlich die komplette Flasche und bin betrunkener, als ich es beabsichtigt hatte. Ich stehe auf. Es ist halb vier Uhr morgens. Aber zum Glück kommt noch der Sonntag. Den werde ich brauchen.

Gegen halb zwölf Uhr mittags raffe ich mich dann aus dem Bett und gehe duschen. Es geht mir erstaunlich gut, muss ich zugeben, auch wenn ich die restliche Nacht von Angstzuständen geplagt wurde. Ich weiß, dass Alkohol mir nicht gut tut. Ich merke es jedes verdammte Mal. Trotzdem tue ich es, ich trinke.
Ich überlege, was ich heute noch tun kann. Es ist Sonntag. Ich könnte mal wieder ins Fitnessstudio, da war ich seit Ewigkeiten nicht mehr, trotzdem zahle ich jeden Monat den Mitgliedsbeitrag. Wie blöd von mir. Also packe ich meine Tasche und fahre los. Ich spüre den Restalkohol, versuche aber ihn zu ignorieren.

Es ist weder voll, noch leer. Ich nehme mir einen Schrankschlüssel und schlendere zur Umkleide, ziehe meine schwarze Nike Hose an, dazu ein weißes T-Shirt und Blaue Schuhe. Ich hätte mir keine enge Hose holen sollen. Sie quetscht mein Selbstbewusstsein genauso ein, wie meine weiblichen Kurven. Aber es hilft alles nichts. Während ich versuche einen Zopf zu binden, höre ich die ganze Zeit seine Stimme in meinem Kopf. Es ist furchtbar.

Nachdem ich mich auf dem Laufband warm gemacht habe, tupfe ich mir mit dem Handtuch über die Stirn und trinke einen Schluck Wasser. Mein Blick schweift durch den Raum. Hier bei mir stehen die Geräte zum Aufwärmen, links und rechts stehen Trainingsgeräte für Rehabilitationspatienten und hinten in der Ecke befinden sich die Kraftgeräte. Mein nächstes Ziel.
Das letzte Mal war ich mit Ian hier ... ich muss zugeben, ich hätte ihn gerne bei mir. Er hat sich noch nicht wieder bei mir gemeldet, ich denke, ich sollte mir schnellstmöglich etwas überlegen. Nach dem Training. Ja.

Ich lege mein Handtuch auf den Sitz und beginne mit den Beinübungen. Gedankenverloren lasse ich den Blick durch den Raum schweifen. Und dann bleiben meine Augen an ihm hängen. Ich erschrecke mich, Gott weiß warum, so sehr, dass meine Beine nachgeben und die 45 Kilo schlagen laut scheppernd zu Boden. Ich erstarre und fixiere seinen nackten Oberkörper, ignoriere die geschockten Blicke der anderen und kralle mich am Sitz fest. Harry stoppt sofort die Übung und lässt die Hantel zu Boden. Langsam beginnen die anderen wieder mit ihren, was auch immer das sein soll, was die da machen. Und ich fasse mich auch wieder. Ein atemberaubendes Lächeln lässt seine perfekten Zähne zum Vorschein kommen und ich erwidere es. Dann steht er vor mir, reicht mir die Hand und zieht mich hoch. "Ich wusste gar nicht, dass du hier trainierst.", stammle ich und weiß gar nicht, was ich zuerst machen soll. Hoffentlich sieht er nicht an mir herab. Aber dann erwische ich mich selber dabei, wie ich seine bloßen Schultern, die beiden Schwalben und weiter hinab sehe. Hör auf damit, Emily! Aber ich kann nicht. Ich würde seine Haut gerne berühren, sie küssen ... ich will ihn.
"Ich habe vor ein paar Wochen angefangen.", ist alles was er antwortet. Ich sehe ihm in die Augen und sehe diese Entschlossenheit, die ich gestern Nacht auch gesehen habe. Aber ich kann sie nicht deuten. Er hätte allen Grund noch sauer auf mich zu sein. Genau wie ich auf ihn. Aber ich merke schon, dass er nicht so nachtragend ist wie ich. "Trainierst du noch lange?" Ich blinzel einige Male. "Du meinst jetzt?", frage ich unentwegt. "Ja. Ich hab heute noch nichts gegessen und ich würde dich gerne einladen." Damit hätte ich nicht gerechnet. "Du meinst jetzt?" Er lacht kurz. "Dein Vokabular scheint heute noch kleiner zu sein als meine Motivation." Jetzt lache ich auch und entspanne mich. Er ist so locker, dass es sich förmlich auf mich überträgt. "Klar, ich gehe nur noch schnell duschen." "Oh ja, das habe ich auch nötig." Er sieht an sich hinab und spannt seine Brustmuskeln an. Der dünne Schweißfilm auf seiner sonnengebräunten Haut lässt seine Tattoos noch edler und interessanter wirken.

Zu meiner großen Überraschung fahren wir auf direktem Weg zu ihm nach Hause. Wir parken in der Garage und steigen aus. Eine Maschine steht hinten links, aber ich kenne mich nicht genug damit aus, als dass ich da eine Motorradmarke entschlüsseln könnte. Aber sie scheint sein ganzer Stolz zu sein, denn sie ist hochglanzpoliert. Ich lächle.
"Kein Abendessen?", frage ich gespielt vorwurfsvoll, als er die Tür aufschließt. "Um Himmels Willen, natürlich. Aber wir lassen uns was liefern." Meine Jacke hänge ich über den Ständer und sehe mich genau um. Die Gemälde an der Wand sind mir vorher gar nicht aufgefallen. Meine Boots trete ich auch ab und schlendere zum Sofa. Harry ist verschwunden. Also nutze ich die Zeit und sehe mich weiter um.

The Deal || Harry Styles *COMPLETED* #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt