Kapitel 4

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Ich wusste nicht, wie lange ich einfach so dort gelegen hatte, bis ich es schaffte mich aufzuraffen. Danach wischte ich mein Gesicht trocken und schaltete meine Gefühle aus, ehe ich aufstand und losging.

Mein Weg führte mich zu Annie, da ich mich an ein Versprechen erinnerte, das ich gegeben hatte. Für ihn wollte ich mich daran halten, auch wenn mir eigentlich so viele andere Dinge in den Sinn kamen, die ich lieber tun wollte. Doch damit würde ich warten müssen.

Bei Annie angekommen packten wir sofort ihre Sachen zusammen und gingen dann zu mir, da ich es in einem der Siegerhäuser nicht aushielt. Sie sahen alle gleich aus und spiegelten die gleiche Lüge wieder. Außerdem wollte ich mit nichts in Berührung kommen, was mit dem Kapitol zutun hatte.

Da ich nicht reden wollte und auch nicht wusste, was ich zu ihr hätte sagen sollen, beschloss ich Annie das Bett meiner Eltern zu richten, damit sie dort schlafen konnte. Danach kam auch schon Sarah vorbei um nach uns zu sehen, wobei sie etwas zu Essen von ihren Eltern mitgebracht hatte. Ich hatte keinen Hunger, Annie auch nicht, weshalb es kaum angerührt im Kühlschrank verschwand. Für morgen. Zumindest waren das meine Worte dazu.

Sarah versuchte uns irgendwie zu unterhalten, uns ein wenig aufzumuntern, doch ich ging einfach nur in mein Zimmer, damit ich endlich allein sein konnte. Immerhin war sie jetzt da, um nach Annie zu sehen, da konnte ich mir eine Auszeit nehmen.

Diese dauerte jedoch nicht lange an, da Sarah mich wieder holen kam, da die Wiederholungen der Ernten kamen. In diesem Jahr interessierten sie mich sehr, da ich wissen wollte, wie die Reaktionen in den anderen Distrikten waren. Irgendwer musste sich doch wehren, zumindest mit Worten. Doch ich wurde enttäuscht.

Die Karrieretribute aus Distrikt 1 und 2 grinsten fröhlich in die Kamera, wobei sich die Idioten aus 2 sogar freiwillig meldeten. In keinem der Distrikte gab es einen Aufstand, nicht mal einen winzigen und auch keine der Sieger zeigten sich rebellisch. Außer vielleicht Johanna Mason, die quasi jeden mit ihrem Blick tötete. Sie war mit Katniss die Einzige die sicher wusste, dass sie zurück in die Arena musste. Und sie machte sich nicht die Mühe ihren Hass und ihre Wut darüber zu verbergen. Ich mochte sie in diesem Moment noch mehr.

In Distrikt 12 fand die kürzeste Ernte statt. Katniss wurde gezogen, danach wurde die Kamera auf die beiden Männer gerichtet. Peeta Mellark und Haymitch Abernathy. Haymitch wurde gezogen, Peeta meldete sich freiwillig, danach war alles vorbei und ich schaltete den Fernseher aus.

„Ich erinnere mich an einige der Sieger.", murmelte Sarah in meine Richtung. Annie war nicht bei uns, ich hatte ihr verboten es mitanzusehen und sie hatte nicht protestiert. Aber ihre eigene Ziehung und dann die von Finnick erneut erleben zu müssen... ich wusste, dass das zu viel für sie war, konnte ich es doch schon nur geradeso aushalten.

„An die meisten erinnere ich mich nur flüchtig, kann ihr Gesicht halt den Siegern zuordnen. Außer bei unseren Tributen, denen aus Distrikt 1 und natürlich 12 und dieser Enobaria, da kann ich mich sogar an die Spiele erinnern.", antwortete ich. „Aber jetzt lass uns bitte nicht weiter darüber reden, okay?"

„Okay.", stimmte Sarah zu. „Willst du morgen die Parade sehen?"

„Natürlich. Ich will Finnick sehen.", erwiderte ich, danach stand ich auf und sah nach Annie.

Nachdem diese zu Bett gegangen war und Sarah es sich auf der Couch bequem gemacht hatte, ging ich in mein Zimmer und setzte mich wieder ans Fenster. Dieses Mal erarbeitete ich jedoch keinen Trainingsplan sondern versuchte die Ernte zu verarbeiten. Es gelang mir jedoch nicht wirklich, vor allem auch da ich mir nicht gut zureden konnte. Und akzeptieren wollte ich einfach nicht, dass ich Finnick vermutlich verlor, weil ich keine Hoffnung mehr hatte.

Irgendwann begann draußen die Sirene loszuheulen, doch ich rührte mich nicht von der Stelle. Sie hätten es heute Nachmittag tun sollen, jetzt war es dafür auch schon zu spät. Außerdem konnte ich eh nicht nach draußen, ich hatte ein Versprechen zu halten. Da war es also besser, wenn ich erst gar kein Interesse aufkommen ließ.

Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem steifen Nacken und erst eine heiße Dusche schaffte ein wenig Besserung. Anschließend zog ich mich an und ging dann den Distrikt erkunden, wobei neue Tote an ihren Galgen baumelten. Es scheint so, als wenn die Sache letzte Nacht nicht sehr erfolgreich verlaufen war.

„Wir haben keine Waffen. Hätten wir welche, dann würden dort jetzt die Friedenswächter baumeln.", knurrte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und blickte in das wütende Gesicht eines Mannes, ungefähr um die 40, den ich jedoch noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sollte ihn jedoch wiedersehen, und zwar zwei Tage später, an derselben Stelle, nur dieses Mal hängend. Die Hoffnungslosigkeit stieg immer weiter und ich wünschte, ich könnte etwas dagegen unternehmen. Doch ich konnte und durfte nicht.

Der Abend kam und mit ihm die Parade. Diese sahen wir uns alle zusammen an, wobei wir sogar lachen mussten, als wir Finnick sahen. Keine Ahnung ob wir langsam doch verrückt wurden, doch wir konnten es nicht aufhalten. Vielleicht taten wir es jedoch auch nur, damit wir nicht zeigen mussten, wie sehr es schmerzte, dass er nicht bei uns sondern im Kapitol war.

Die anderen Wägen kamen, doch keiner war so faszinierend wie der aus Distrikt 12. Peeta und Katniss glühten, symbolisierten damit, so fand zumindest ich, dass das Feuer noch nicht erloschen war. Die Glut war noch vorhanden, man musste es also nur erneut entfachen. Und vielleicht würden sie das irgendwie noch tun. Immerhin hatten sie es geschafft, das Ganze überhaupt ins Rollen zu bringen. Jetzt mussten sie es verdammt nochmal auch in Bewegung halten. 

Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt