Kapitel 27

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Ich versuchte nicht zu atmen, während die Gruppe direkt an meinem Baum vorbei lief. Es waren keine Friedenswächter und sie sahen auch nicht unbedingt wie Rebellen aus. Sie schienen etwa in meinem Alter zu sein und ihrer Kleidung nach zu urteilen waren sie wohl auch auf der Flucht. Kurz überlegte ich deshalb, ob ich mich nicht zeigen sollte damit wir uns verbünden konnten, doch auch i der Arena war das schon oft ein großer Fehler gewesen. Woher wusste ich, dass ich ihnen wirklich vertrauen konnte? Sie waren eine Gruppe, vielleicht kannten sie sich schon seit Jahren. Wenn sie jemanden zurücklassen oder opfern müssten, dann wäre das mit Sicherheit ich.

Ich lehnte mich zurück, damit mein Gesicht im Schatten des Baumes blieb, während ich dabei zusah, wie sie sich einige Meter von mir entfernt. Doch genau da blieb ein Junge stehen und bückte sich, um seine Schuhe zu binden. Als er fertig war drehte er sich kurz nach hinten und genau da begegneten sich unsere Blicke. So viel zum Thema, mein Gesicht war im Schatten des Baumes verborgen.

„Leute da ist jemand.", sagte er sofort und schlug einem anderen Jungen gegen die Schulter. Schnell spannte ich meinen Bogen, nur für alle Fälle, als auch schon alle Blicke auf mir ruhten. Sie wirkten erschrocken, zogen jedoch keine Pistole und auch keine sonstige Schusswaffe sondern nur ihre Messer. Sie hatten also keine.

„Ich versuche hier nur zu schlafen. Also zieht weiter und alles ist okay.", sagte und meine Stimme klang ein wenig heiser. Ich hatte drei Tage lang mit niemanden mehr gesprochen und das schien man schon zu merken.

„Auf einem Baum?", fragte der Junge, der mich entdeckt hatte überrascht.

„Ja. Wilde Tiere kommen hier nicht hoch.", erwiderte ich.

„Du bist also ganz allein?", wollte eines der Mädchen überrascht wissen. Zwei Jungs, zwei Mädchen.

„Nein.", behauptete ich schnell, doch ich war mir sicher, dass mich mein Gesicht verriet, weswegen ich seufzte. „Ich war mit einem Freund unterwegs. In Distrikt 7 haben wir Halt gemacht, da wurde er bei einem Bombenangriff verwundet. Ich musste ihn zurücklassen, damit er sich erholen kann. Aber er wird nachkommen."

„Und solange hockst du auf Bäumen rum?", fragte der andere Junge, wobei es wohl als Spaß gemeint war, da er lächelte.

„Wie gesagt, alleine ist es da oben sicher.", grummelte ich ein wenig und ließ dann meinen Bogen sinken.

„Wie heißt du?", wollte nun wieder der andere Junge wissen.

„Elina."

„Ich bin Tiro.", stellte er sich vor und deutete dann auf die anderen. „Elise, Kila und Lucan."

Ich hob meine Hand um kurz zu winken.

„Du könntest dich uns anschließen, bis dein Freund wieder kommt?", schlug Lucan vor. „Wie du selbst gesagt hast, alleine ist man hier nicht sicher und ich will dir nichts vormachen, ich habe riesen Hunger und mit deinem Bogen könntest du jagen."

„Wer sagt mir, dass du mir den Bogen nicht abnimmst, damit du ihn für dich hast?", warf ich misstrauisch ein.

„Ich komme aus Distrikt 5. Mit Sicherheit schaffe ich es nicht einmal den Bogen einzulegen. Aus diesem Grund bist du auch so reizvoll für die Gruppe.", meinte Lucan und zuckte ein wenig verlegen mit den Schultern.

Wie in der Arena! Man suchte sich dort die Verbündeten auch nach deren Qualitäten. Für mich waren sie Schutz. Vor allem da ich keinem verbunden war und so vielleicht schneller abhauen konnte. Für den Fall dass ich karrierohaft sein konnte, was ich jedoch stark bezweifelte. Damir hätte es gekonnt. Sarah auch. Doch ich war anders.

„Woher kommt der Rest?", fragte ich weiter.

„Wir zwei", sagte Tiro und deute auf Elise und sich, „kommen auch aus Distrikt 5. Kila ist vor zwei Tagen zu uns gestoßen. Sie kommt aus Distrikt 1."

„Distrikt 1?", wiederholte ich und hob meinen Bogen wieder ein wenig höher. Sie würde als Waffendieb schon in Frage kommen, vor allem da sie mit Sicherheit damit umgehen konnte.

„Ja. Meine Mutter stammt von dort, mein Vater ist Friedenswächter aus dem Kapitol. Man hat ihn wegen Verrat gehängt, weshalb meine Mutter und ich von dort geflohen sind. Sie ist auf der Flucht gestorben.", begann sie geradeheraus zu erzählen.

„Waffen?", startete ich ein Verhör.

„Mein Schwert. Mit der Waffe wurde ich in der Akademie ausgebildet. Und zwei Pistolen, doch die Munition ist aufgebraucht." Um es mir zu beweisen holte sie zwei Pistolen heraus, doch die Magazine waren wirklich leer.

Ich war mir nicht sicher ob ich ihr trauen konnte, vor allem da sie überhaupt nicht aussah wie ein Mädchen aus Distrikt 1. Wer sagte mir also, dass sie kein Spitzel aus dem Kapitol war? Allerdings konnte sie auch aussehen wie ihr Vater und eigentlich durfte ich nicht nach dem typischen Aussehen gehen. In meinem Distrikt hatten nicht viele mein braunes Haare und die braunen Augen dazu. Es gab immer Ausnahmen.

„Okay, einverstanden. Wir bleiben zusammen, quasi als Zweckgemeinschaft.", gab ich nach einer Weile nach und die anderen nickten. Tiro nicht, der lächelte mich an.

Ich kletterte vom Baum und schulterte meine Sachen, ehe ich zu meinen neuen Verbündeten trat und ihnen der Reihe nach die Hand schüttelte. Ja, auch in der Wildnis konnte ich von meiner Höflichkeit nicht ablassen, wobei es ja Kila war, die angefangen hatte.

„Du willst auch nach Distrikt 13, oder?", fragte Lucan nach und als ich nickte sprach er weiter. „Wir sollten vielleicht nicht nur ein paar Tage zusammen bleiben, sondern gemeinsam dorthin gehen. Zusammen haben wir eine Chance gegen Mutationen. Es wimmelt hier nur so von ihnen! Das Kapitol hat scheinbar ihr halbes Labor in den Wald geschickt."

Ich dachte über seine Worte nach, doch ich wollte es nicht ohne Sam entscheiden. Deshalb nickte ich nur leicht, sagte aber nichts dazu.

Wir gingen noch eine Weile und hielten dann auf, um ein Nachtlager zu errichten. Wir wagten sogar ein Feuer zu machen, ehe sich Elise, Lucan und Kila zum Schlafen legten. Ich hielt mit Tiro die erste Wache, da mein Bogen eine perfekte Waffe war. Später würden uns Kila und Lucan ablösen, da das Mädchen mit ihrem Schwert ebenfalls viel ausrichten konnte.

In der Arena war es sicherlich ein lächerlicher Packt, doch in der Wildnis durfte man nicht wählerisch sein. Vor allem aber konnten hier mehrere überleben und darauf mussten wir bauen. 

Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt