Fast zwei Tage waren wir unterwegs. Zwei Tage, in denen ich uns immer wieder aufhielt, da ich einfach nicht weiter konnte. Entweder war ich plötzlich zu erschöpft oder ich mich holte die Erinnerung an die Nacht der Flucht wieder ein und ich sank weinend auf die Knie. Sam zog mich jedes Mal wieder nach oben und hielt mich, bis ich mich wieder beruhigt hatte, ehe wir weiter gingen. Er war unglaublich geduldig und drängte mich nicht, auch wenn wir dadurch nur langsam vorankamen. Es tat gut, dass er mich zu nichts zwang sondern mir die Zeit gab die ich brauchte, weshalb ich heute Morgen beschlossen hatte ihm auch etwas dafür zu geben. Da unser Essen fast aufgebraucht war ging ich deshalb auf die Jagd.
Ich lief ziellos durch den Wald und versuchte mich daran zu erinnern, wie man Spuren las. Ein paar Mal verfolgte ich eine und kam dann doch nur wieder in meine Ausgangsposition, ehe ich tatsächlich die Fußspuren eines Kaninchens fand. Ich folgte ihm und fand dann sogar das Tier, weshalb ich leise und ganz langsam einen Pfeil aus meinem Köcher zog. Ich spannte damit den Bogen, verlangsamte meine Atmung und schoss dann den Pfeil ab. Ich traf und der Hase kippte tot zur Seite.
Tot. Ich hatte zum ersten Mal ein Lebewesen getötet, welches die Größe einer Fliege überschritten hatte. Auch wenn es, wenn man es abwertend ausdrücken wollte, nur ein Hase war. So lächerlich es klang, ich kämpfte mit den Tränen. Ich hätte in der Arena niemals überlebt.
„Super Elina! Ich wusste du kannst das.", jubelte Sam, doch als er meinen Gesichtsausdruck sah verstummte er sofort wieder.
„Tut mir leid. Aber ich bin für so etwas überhaupt nicht zu gebrauchen.", seufzte ich und senkte beschämend den Kopf.
„Es braucht dir nicht Leid zutun. Du hast es vorher einfach noch nicht gemacht. Und du bist eben sensibler als andere Menschen.", behauptete er lächelnd.
„Sensibel. Irgendwie klingt das gar nicht so positiv.", sagte ich, auch wenn ich dabei leicht grinsen musste.
„Doch, ich meine das positiv. Du bist keine harte, gefühlslose Tributanwärterin. Du bist sensibel und emphatisch. Und genau das liebe ich an dir.", versuchte er es sofort zu erklären. Ich hatte jedoch nur den Teil mit dem lieben gehört, weshalb ich schnell das Thema wieder ablenkte.
„Ausnehmen musst du ihn. Ich such in der Zwischenzeit einen zweiten."
„Dann mach ich auch gleich ein Feuer, damit wir sie uns ein wenig haltbar machen können.", meinte er und ich nickte, ehe ich mich mit meinem Bogen erneut auf die Suche nach Spuren machte. Langsam wurde es auch immer besser, da ich schon bald wieder welche entdeckte. Doch dieses Mal waren sie beinahe zehnmal so groß und was es auch war, es hatte eindeutig lange Krallen.
„Sam!", rief ich, da ich kein gutes Gefühl dabei hatte. Vor allem da ich mir sicher war, dass es kein natürliches Tier war, welches im Wald lebte.
„Sam!", schrie ich erneut, da er nicht antwortete, was langsam Panik in mir aufkommen ließ. Ich lief zurück zu der Stelle, an der ich ihn zurückgelassen hatte, als mich plötzlich etwas zur Seite riss und ich auf den Boden knallte. Schnell zog ich einen Pfeil und spannte den Bogen während ich mich zur Seite rollte, doch es war Sams Gesicht in das ich blickte, der einen Finger auf seinen Mund gelegt hatte. Vor was er mich auch warnen wollte, es war zu spät, da ein im nächsten Moment ein lautes Knurren zu hören war.
„Scheiße!", fluchte Sam und zog dann auch schon seine Pistole. Ich wirbelte herum und schrie, da ein riesiges Tier auf uns zukam, doch ein Schuss ließ es straucheln, ehe es ein zweiter zu Boden streckte.
„Was war das?", fragte ich, auch wenn ich die Antwort eigentlich schon kannte.
„Eine Mutation. Ich dachte wir hätten sie abgeschüttelt, aber scheinbar haben sie doch unsere Fährte aufgenommen.", murmelte er.
„Haben sie? Mehrzahl?", fragte ich mit hoher Stimme nach, als erneut ein Knurren zu hören war. Großartig.
„Was hältst du von Wegrennen?", wollte Sam wissen, während er seine Pistole nachlud.
„Finde ich großartig.", antwortete ich und rannte dann im selben Moment wie er los, wobei ich einen Pfeil auf die Mutation abschoss, die tatsächlich tödlich getroffen wurde. Es blieb jedoch keine Zeit mich selbst zu bewundern, stattdessen rannte ich einfach hinter Sam her und versuchte die Geräusche der Mutationen zuzuordnen, die überall zu hören waren.
Ich hatte keine Ahnung wie weit wir rannten und wie viele Mutationen wir töteten, doch irgendwann waren die Geräusche um uns herum verstummt und schwer atmend hielten wir wieder an.
„Wow. Wir haben es geschafft.", presste ich ungläubig hervor. Ich hatte mehrmals daran gedacht, dass dies wohl unser Ende sein würde.
„Wir haben Waffen. Nur das hat uns gerettet.", erwiderte er und hielt sich die Hüfte, als sein Blick plötzlich an irgendetwas hängen blieb. Sofort zog ich meinen letzten Pfeil aus dem Köcher, doch ich konnte nirgends eine weitere Bedrohung erkennen.
„Was ist los?"
„Da vorne, siehst du es?", fragte Sam, doch ich konnte wirklich nichts erkennen.
„Wo?"
„Da.", sagte er erneut und stellte sich direkt hinter mich, ehe er seine Hand über meine Schulter ausstreckte und mit dem Finger auf etwas deutete. Kaum zu erkennen, doch jetzt, mit Hilfe seines Fingers bei genauerem Hinsehen doch zu sehen, ragte etwas vor uns auf. Was genau es war konnte ich nicht sagen, aber es sah aus wie...
„Ein Zaun! Wir haben einen Distrikt erreicht.", rufe ich, als es mir klar wurde, nur um im nächsten Moment meine Hand auf meinen Mund zu schlagen.
„Welchen?", fragte ich dann flüsternd.
„Distrikt 7.", antwortete er.
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Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt III
FanfictionDas Jubeljubiläum steht bevor und die Tribute werden aus dem Kreis der bestehenden Sieger ausgelost. Finnick, Annie, Damir. Wieder einmal muss Elina um ihre Lieben bangen, denn die drei könnten bei dieser Ernte gezogen werden. Doch dieses Mal will s...