Kapitel 17

176 13 0
                                    


„Was zum Teufel war das?", fragte Sarah, während ich versuchte mit der Fernbedienung das Bild wieder zu bekommen. Doch es lag nicht an meinem Fernseher, sondern an der Übertragung. Der Bildschirm blieb schwarz. Auch nach einigen Minuten noch.

„Ich bekomm nichts her.", schimpfte ich und blickte dann die beiden Mädchen an, die genauso verwirrt aussahen wie ich. Was war da eben passiert? Warum war da eine Explosion? Warum verschwand daraufhin das Bild? Und warum waren nun schon fast 20 Minuten vergangen, ohne dass es wiederkam?

Ich bekam darauf keine Antwort, stattdessen nur die Bestätigung, dass es nicht nur bei uns so war. Auf den Straßen wurde eine Unruhe laut, kurz darauf folgten Schüsse. Die Menschen wollten wissen, was da los war. Ich wollte das auch.

„Wehe du gehst jetzt raus.", drohte mir Annie mit zittriger Stimme.

„Ich geh nicht raus.", versprach ich ihr sofort. „Ich geh nur schnell nach oben, von dort aus kann ich das ganze besser überblicken als von einem Fenster hier unten aus."

Sie nickte, woraufhin ich sofort nach oben und zum Badfenster lief. Hier müsste ich das ganze eigentlich am besten sehen können. Wäre da nicht die pechschwarze Nacht gewesen, die auch mit den wenigen Straßenlaternen nicht wirklich erhellt werden konnte.

Ich versuchte mein Glück an anderen Fenstern, doch ich konnte auch dort nichts erkennen. Ich musste wohl oder übel doch nach draußen.

Ich verließ mein Schlafzimmer und wollte wieder nach unten gehen, als ich plötzlich hören konnte, wie jemand wie wild gegen die Haustür hämmerte. Nur kurz darauf wurde sie eingetreten und Schreie waren zu hören. Die von Männern, danach die von Sarah. Dann folgte ein Schuss.

Meine Beine setzten sich wie von alleine in Bewegung und ich rannte die Stufen nach unten. Dort schrie ich nun laut auf, als ich Sarah am Boden liegen sah. Blut breitete sich auf dem Boden aus.

„Das ist die Green."

„Sollen wir die auch mitnehmen?", fragte einer der vielen Friedenswächter.

„Nein, die erschießen wir auch. Die geht mir schon länger auf die Nerven.", beschloss ein anderer.

Mitnehmen. Erschießen. Mitnehmen. Erschießen. Annie mitnehmen. Mich töten. Doch ich hatte Finnick versprochen, dass ich Annie wegbringen würde, sobald die Spiele zu Ende waren. Dass wir fliehen mussten, wenn es irgendwie möglich war. Scheinbar waren sie zu Ende.

Ich packte die Vase, die neben mir auf der Kommode stand und warf sie in die Richtung der Friedenswächter. Natürlich traf ich nicht, meine Sicht war aufgrund der Tränen verschleiert, doch es sollte eh nur eine Ablenkung sein. Die funktionierte, da ich es zu Annie schaffte, bevor ich von einer Kugel getroffen wurde.

Ich packte ihre Hand und zog sie hinter mir her. Wir rannten zum Hinterausgang und schafften es auch nach draußen, doch dort fing ich mir einen Schlag ins Gesicht ein, was mich benommen zu Boden fliegen ließ.

„Elina!", schrie Annie und blieb stehen, doch ich wollte ihr sagen, dass sie weiter laufen musste. Ich konnte es jedoch nicht und es war sowieso schon zu spät. Die Männer hatten uns eingeholt.

Annie schrie meinen Namen und durch die Tränen hindurch konnte ich sehen, dass man sie gepackt hatte. Nein, ich durfte das nicht zu lassen. Ich musste es weiter versuchen, für Finnick. Und wenn ich mein Leben dafür verlor, ich konnte ihn nicht so im Stich lassen.

Ich rappelte mich hoch, doch ein Fußtritt sorgte dafür, dass ich gleich wieder zu Boden ging. Ein Schmerz jagte durch meinen Körper, doch ich versuchte es trotzdem erneut nach oben zu kommen.

„Bringt die Cresta weg. Erschießt sie endlich.", ertönte die Stimme von vorhin. Scheinbar der Befehlshaber der Gruppe. Selber wollte er sich die Hände wohl nicht schmutzig machen, doch ein anderer Friedenswächter war da schon nach vorne getreten. Er packte mich am Arm und schleifte mich ins Gebüsch, wo er mich zu Boden drückte und mir den Mund zuhielt. Der Lauf seiner Waffe wurde auf mich gerichtet und ich schloss die Augen, während immer noch Tränen über meine Wangen rannten. Danach drückte er ab.

„ELINA!", hörte ich Annie kreischen, doch ihre Schreie wurden mit jeder Sekunde leiser. Man brachte sie von mir weg. Doch warum merkte ich das alles noch? Warum war ich noch nicht tot?

„Bleib unten und beweg dich nicht.", flüsterte der Friedenswächter in mein Ohr, als er sich zu mir hinunter gebeugt hatte. Danach erhob er seine Stimme wieder.

„Kein Puls mehr. Wohin damit?"

Sam.

„Bring sie ins Haus und brenn es nieder. Kleiner Gasunfall. Danach säubere hier ein wenig die Umgebung. Wir treffen uns in einer Stunde im Haupthaus.", hörte ich wieder den Befehlshaber. Sam nickte, danach packte er grob meinen Arm und schleifte mich ins Haus.

„Geh hoch, zieh dir bequeme Kleidung und feste Schuhe an. Pack ein paar Sachen in einen Rucksack. Du hast zwei Minuten. Ich leg in der Küche schon mal das Feuer."

„Aber Sarah...", begann ich und erneut flossen die Tränen, als ich zu meiner besten Freundin blickte, die noch immer am Boden lag und sich nicht bewegte.

„Sie ist tot. Und wir sind es auch gleich. Elina, bitte.", flehte er regelrecht. Ich wusste nicht wie ich es schaffte, doch kurz darauf war ich in meinem Zimmer.

Ich tat was er mir gesagt hatte und lief dann wieder nach unten, wo bereits Rauch aus der Küche drang. Ich kniete mich jedoch neben Sarah und strich ihr immer wieder über die Wange.

„Bitte sei nicht tot.", flüsterte ich leise, doch ich bekam keine Antwort. Ich fühlte ihren Puls, doch den spürte ich nicht. Hier kam jede Hoffnung und jede Bitte zu spät. Sie war tot.

„Wir müssen gehen.", sagte Sam sanft und legte mir seine Hand auf die Schulter.

„Wir können sie nicht einfach so hier liegen lassen. Das können wir nicht.", schluchzte ich. „Ihre Eltern müssen sie beerdigen können. Sie darf nicht so enden wie meine Eltern. Verbrannt. Unkenntlich."

„Wir legen sie neben das Haus. Dort wird man sie finden.", versprach er und ich nickte. Danach machte ich ihm Platz, sodass er Sarah hochheben und nach draußen legen konnte. Sam trug seine Friedenswächteruniform nicht mehr. Nur noch sein Gewehr sowie seine Pistole. Seine kugelsichere Weste gab er mir.

Ich zog sie an und folgte ihm dann nach draußen. Er legte Sarah nieder, ich küsste ihre Stirn und strich ein letztes Mal über ihre Wange. Danach ließ ich zu, dass er meine Hand nahm und mich hinter sich her zog. Ich hatte keine Ahnung wohin, denn Tränen versperrten mir erneut die Sicht.

Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt