19. Kapitel

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Wider Erwarten stellte das erste Problem nicht die Treppe zum Schlafsaal dar, sondern die zum Gemeinschaftsraum. Remus und ich, jeweils einen der dezent Angetrunkenen an der Hand, standen auf einer der großen Treppen und warteten geduldig darauf, dass sie auf die richtige Seite schwenkte. Leider dauerte das und bei jeder kleinen Bewegung fing James an zu kichern und Sirius' Gesicht nahm eine ungesund grünliche Farbe an.
Endlich setzte sich die Treppe in Bewegung. Nur leider etwas ruckartig. So kam es, das Sirius das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte, mich mitriss und wir gegen Remus und James knallten. James kicherte. Daraufhin trat ich ihm gegen das Schienbein, richtete mich auf, zog meinen missratenen Zwilling hoch und lief energisch zum Portrait der fetten Dame.

Dies war das zweite Problem. Die gute Frau stand in ihrem Bild und sah uns halb amüsiert, halb erbost an. "Passwort?"fragte sie skeptisch. "Glückseligkeit", antwortete Remus knapp und ich wollte schon durch das sich auftuende Loch in der Wand klettern, doch es passierte nichts. Stattdessen kicherte James. "Junge, wenn du nicht gleich aufhörst zu lachen, verhexe ich dich!", drohte ich ihm wütend. Dann wandte ich mich zur fetten Dame. "Wo ist denn das Problem?", fragte ich zuckersüß. "Ich denke, dass es schon weit nach der Bettruhe ist, meine Lieben. Ich werde das wohl melden müssen", zwitscherte die fette Dame. "Sie wollen was?!", fragte ich aufgebracht. Doch sie lächelte nur. "Nun hörn se ma schu, Lady! Wir wuschten bis heute iiiimmer das Pass... pass... Passwort und haben nieee Ärger gemacht. Wir habn sie soja geflickt! Also machen se ma die Tür auf", lallte Sirius und stützte sich auf meiner Schulter ab. "Genau!", unterstützte ihn James. "F-flicken?!", kreischte die fette Dame. "Jaja, jemand muss wohl einen Riss in ihr Bild gemacht haben, als sie außer Haus waren. Und wir haben das repariert, also machen Sie bitte die Tür auf!", erklärte ich knapp. Immer noch misstrauisch schaute sie uns an, gab jedoch den Weg frei.

Kurz darauf saßen wir alle im Gemeinschaftsraum vor dem erloschenen Kamin und hingen unseren Gedanken nach. "Ich muss Lily noch was sagen!", fuhr James plötzlich hoch. "Was denn?", fragte Remus verschlafen und streckte sich. "Das ist ein Geheimnis", kicherte James. Ich musste ihn definitiv davon abhalten, noch einmal Alkohol zu trinken. Das war ja schrecklich. "Ruuuuupert!", rief Sirius und irgendwoher kam ein: "Ruhe!" zurück. Dann kam die kleine Eule angeflogen und blickte uns mit ihren großen Augen an. "Jetzt kann su ihr schreiben", meinte Sirius und fuhr sich müde durch die Haare. "Gute Idee!", antwortete James, nahm ein Buch vom Tisch, riss eine Seite heraus und begann, mit einer liegen gelassenen Feder etwas zu schreiben. Als er fertig war, brauchte er fünf Minuten um zu begreifen, dass Rupert ihm nicht antworten konnte und band schließlich den Brief an sein Bein. "Zu Lily-Flower!", flüsterte er. Kichernd! Ich boxte ihn. "Ey!" "Lily mag das nicht", erklärte ich, lehnte meinen Kopf an Sirius' Schulter und schlief kurz darauf ein.

Ein Lachen weckte mich. Verwirrt wollte ich mich aufsetzen, doch irgendwas blockierte mir den Weg. Ich schlug die Augen auf und sah mich stirnrunzelnd um. Ich war anscheinend noch im Gemeinschaftsraum. Auf mir lag Sirius' Oberkörper und Remus' Arm. James schlief auf Remus' Beinen. Das Lachen wurde lauter. Ich drehte mich suchend, soweit es ging, um und sah Alice, Dorcas und Marlene. "Na", grinste Dorcas. "Gut geschlafen?", ergänzte Marlene lachend. Ich schnaubte. "Ratet mal, wer gestern nicht mehr ganz so nüchtern war", meinte ich nur und deutete mit meiner freien Hand auf James und Sirius. "Wir haben es schon gehört. Die fette Dame hat mir schon einen Vortrag über den Alkoholkonsum von Minderjährigen gehalten", kicherte Alice. "Und außerdem hat Lily heute Morgen einen Brief gefunden. Er war sehr krakelig geschrieben, aber man konnte es entziffern. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll", sagte Marlene und schaute James amüsiert an, welcher weiterhin schlief. "Lily fand es nicht so lustig", fügte Dorcas hinzu. "Was steht denn drin?", fragte ich neugierig. Meine drei Freundinnen sahen sich verstohlen an. "Also, da stand drin, und ich wiederhole jetzt den ungefähren Test: Lily-Flower, du hast die Power! Deine Haare sind so rot wie Feuer, dein Temperament ist ein Ungeheuer. Du kannst gut zaubern, ich aber auch. Ich bin fantastisch, das weißt du doch auch."
Ich brach in schallendes Gelächter aus. Verschreckt wachten die Jungs um mich herum auf. "Was los?", fragte Sirius verschlafen. Remus rieb sich die Augen und schaute mich fragend an. James suchte seine Brille. "Dein Brief an Lily ist angekommen", erklärte ich James breit grinsend. Dieser sah mich verwirrt an. "Was für ein Brief?" Dann hielt er sich den Kopf und verzog das Gesicht. Auch Sirius wagte es nicht, seinen Kopf zu bewegen. "Das Ende vom Lied ist doch immer ein Kater", meinte Remus und stand auf.

Als wir alle nach dem Frühstück in Verwandlung saßen, war das Einzige, das lustiger war als McGonagalls Blicke zu James und Sirius, die kläglichen Versuche von ihnen, ihre Zahnstocher in eine Stecknadel zu verwandeln. In der vorherigen Stunde waren sie schon relativ weit gekommen, doch nun hatten sie durch ihre Unkonzentriertheit alles nur noch schlimmer gemacht. Sirius' Zahnstocher war in der Mitte gebrochen und hatte an den Enden spitze Ecken. James' Zahnstocher hingegen war verbrannt, wofür McGonagall die Beiden prompt nachsitzen ließ. Glücklicherweise hatte ich es geschafft, meinen Zahnstocher in eine Stecknadel zu verwandeln und hatte eine gute Note bekommen.
In den darauf folgenden Fächern wurde es nicht besser. In Zauberkunst schliefen sie beinahe ein und in Zaubertränke flog ihr Kessel in die Luft, weshalb sie danach den ganzen Raum auswischen mussten. Peter und Remus halfen ihnen dabei, während ich mich hoch zu Marlene und Lily setzte. Letztere brüteten über einem dicken Wälzer. "Was ist das?", fragte ich neugierig. "1000 Alltagssprüche. Ich möchte meiner Schwester was mitbringen", erwiderte sie ohne aufzusehen. "Ah, ja. Marlene, kommst du mit mir runter essen?", fragte ich und versuchte einen Hundeblick. "Klar, ich hab echt Hunger. Seit dem Frühstück habe ich nichts mehr gegessen", beschwerte sie sich laut.

Während ich genüsslich in ein Stück Wassermelone biss, kamen Peter und Remus in die große Halle. "Wo habt ihr denn die zwei Chaoten gelassen?", fragte Frank, der gegenüber von mir saß. "Wir haben sie in den Schlafsaal gebracht. Dort können sie immerhin nichts anstellen", meinte Remus und ich lächelte ihm zu. Plötzlich ertönte ein leises Klingen und alle schauten auf. Professor McGonagall hatte sich erhoben und sah in die Runde. "Nun, liebe Schülerinnen und Schüler. Wie Ihr wisst, ist das Schuljahr fast rum. In zwei Monaten werden die Prüfungen geschrieben, also möchte ich Sie alle daran erinnern, zu lernen! Denn das bringt Ihnen nicht nur gute Noten, sondern auch Hauspunkte. Professor Dumbledore wird nun etwas ankündigen", erzählte sie und setzte sich wieder. Dafür stand Dumbledore auf und schaute uns alle an. Sein Blick war jedoch nicht warm und herzlich, so wie sonst, sondern kühl und angestrengt. "Meine Lieben, wie manche von euch sicher mitbekommen haben, braut sich draußen etwas zusammen. Damit meine ich nicht ein Gewitter oder ähnliches, nein. Ich meine eine Art... des Bösen. Menschen verschwinden, die Menschen werden gehässig zueinander. Ich möchte euch nicht beunruhigen, aber ich möchte, dass, egal was dort draußen geschieht, ihr im Hogwarts sicher seid! Hogwarts wird immer ein sicherer Ort für euch sein. Und jetzt, esst weiter." Gemurmel machte sich breit. Ich schaute zu meinen Freunden. "Ich will gar nicht wissen, was da auf uns zu kommt", flüsterte Marlene. Ich nickte stumm und dachte darüber nach, was genau der Schulleiter gemeint haben könnte.

She's a Black || • HP Rumtreiber FF • BEENDET •Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt