Kapitel 4

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Die nächste Woche verlief genauso, wie die letzte auch. Der einzige Unterschied war, dass ich nun noch verstärkter mit Keschen trainierte, damit sie für die 160 Kilometer am Wochenende auch fit war. Dazu joggte ich jeden Tag etwa zehn Kilometer, um selbst auch fit zu bleiben. Ben war zwar immer noch nicht so überzeugt davon, dass das wirklich gut für mich war, aber immerhin hatte er damit aufgehört, zu versuchen es mir aus zu reden. Wahrscheinlich hatte er endlich verstanden, dass er mich sowieso nicht von meinem Vorhaben abbringen kann und ich viel zu stur bin, um klein bei zu geben.
So fuhren wir dann am Freitag wieder los, aber diesmal zu einem Distanzrennen. Viel besser ging es mir immer noch nicht und alles, was ich abends aß, kam morgens wieder raus, aber dieser Ritt war mir viel zu wichtig als dass ich ihn absagen würde.
Am Abend kamen wir dann an dem riesigen Platz an. Ich schaute mich kurz um und sah dann, dass es der selbe Platz war an dem ich vor drei Jahren bereits mir Bonfire gestartet war. Wie ich wenig später feststellte, war es sogar die gleiche Route und so kannte ich mich schon etwas aus, was schon mal gar nicht schlecht sein konnte.
Nachdem wir die Route dann noch einmal besprochen hatten, versorgten wir Keschen noch für die Nacht, um dann selbst zu Bett zu gehen. Viel schlafen konnten wir allerdings nicht, da wir schon sehr früh wieder los mussten, um Keschen fertig zu machen. Diese wartete bereits schon und schaute mir erwartungsvoll entgegen. Wir sattelten sie nun und bepackten sie dann mit allem, was wir brauchten, oder brauchen könnten. Danach ritt ich sie ab und bekam von Ben noch ein paar letzte Tipps.
"Mach langsam! Hier zu gewinnen ist nicht wichtig! Es ist viel wichtiger, dass Keschen und vor allen Dingen du unbeschadet durch kommt!"
Ich nickte nur.
"Bitte pass auf und riskier nichts! Ich will dich gesund wieder hier haben!"
"Schatz, bleib locker! Das letzte Mal, als ich hier gestartet, bin hast du dir doch auch nicht solche Sorgen gemacht!"
"Da warst du ja auch nicht schwanger und hast in der Woche davor was ordentliches gegessen!"
"Das hab ich diese Woche auch!"
"Ja, aber wenn du am nächsten Morgen alles wieder auskotzt bringt das nicht viel!"
"Reg dich ab! Ich muss jetzt jedenfalls zum Start."
"Pass auf dich auf!"
"Ben! Mir geht's gut!"
"Trotzdem! "
"Ja."


Ich ritt nun zum Start und wenig später galoppierte ich auch schon locker los.
Die ersten 110 Kilometer schafften wir ohne Probleme und hatten somit die schwierigsten Etappen hinter uns. Zumindest technisch gesehen, denn praktisch gesehen waren die folgenden Kilometer viel komplizierter, da nun Keschen und auch ich so langsam ziemlich fertig waren. Die Stute lief zwar weiterhin locker ihr Tempo, aber ich parierte sie trotzdem durch und ritt die nächste Etappe nur im Trab. So konnten wir uns wenigstens etwas entspannen, denn ich war mittlerweile ziemlich fertig und mein Kreislauf spielte so langsam nicht mehr so ganz mit.

Bei der letzte Pause stieg ich ab und Ben kam mir direkt entgegen.
"Süße ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt.
"Ja. Wieso?", fragte ich. Das stimmte zwar nicht so ganz, aber Ben würde sich sonst nur Sorgen machen und das war nicht nötig.
"Du bist total blass und siehst aus als würdest du mir hier jeden Moment umkippen.", sagte Ben noch immer ziemlich besorgt.
"Nein. Mir geht's gut.", sagte ich schnell.
"Wirklich? Du siehst echt nicht gut aus."
"Ja. Alles gut."
Ben schob mich nun zu einem Campingstuhl, wo ich mich hinsetzte und er mir eine Flasche Wasser reichte. Ich ruhte mich nun eine Weile aus, bis es dann auch schon weiter ging und ich Keschen erneut warm ritt, um dann die letzten 20 Kilometer zu reiten. Diese Kilometer waren eindeutig die schlimmsten, da ich mittlerweile völlig fertig war, aber ich es für meine Stute noch schaffen wollte, da diese eindeutig den Willen hatte durch diese letzten Kilometer noch zu schaffen. So ließ ich meine Stute auf den letzten Kilometer einfach laufen und konzentrierte mich eher darauf einigermaßen ordentlich oben sitzen zu bleiben und bei dem Tempo, dass die Stute nun auf der letzten Geraden vor legte, nicht runter zu fliegen. Erst, als ich dann die Ziellinie überwand nahm ich dann mal die Zügel auf und parierte die Stute durch. Ich rutschte nun langsam von dem Rücken der Stute und direkt in Bens Arme.
"Wenn sie es schafft seid ihr Dritte.", sagte er. Ich nickte nur, da ich nun endgültig am Ende war und mein Kreislauf so langsam nicht mehr mit machte. Daher war mir total schwindelig und ich war froh, dass Ben mich im Arm hatte.
"Lass uns beim Transporter warten.", sagte dieser allerdings und ließ mich nun los, um einen Arm um mich zu legen und los zu gehen. Ich ging ein paar Schritte, bis mir dann die Beine weg knickten. Ben hielt mich zum Glück fest und hob mich nun hoch, um mich bis zum Transporter zu tragen. Ich krallte mich an ihm fest und er setzte mich nun mit mir auf den Schoß auf die Bank, die dort stand. Ich krallte mich noch immer an ihm fest und kuschelte mich nun an ihn.
"Süße was ist los?", fragte er nun besorgt. Ich antwortete nicht.
"Schatz? Was ist los?", fragte er erneut, aber ich antwortete wieder nicht.
"Lisa?", fragte er voller Sorge, aber ich war einfach zu schwach, um ihm zu antworten und so nickte ich nur kurz.
"Was ist los?", fragte er weiter. Ich schaute ihn nur groß an.
"Du bist ja völlig fertig.", bemerkte er nun und strich mir sanft über das Haar. Dann setzte er mich vorsichtig neben sich und stand auf, um wenig später mit einer Flasche Wasser und einem Apfel wieder. Ich nahm dankbar beides entgegen und nachdem ich die Flasche Wasser ausgetrunken und den Apfel aufgegessen hatte ging es mir nun wenigstens etwas besser und mein Kreislauf wurde auch langsam stabiler. Da kam Jenny mit Keschen am Zügel und einem fetten Grinsen im Gesicht wieder und sagte stolz: "Sie hat es geschafft! Und ihr seid sogar noch Zweiter geworden, weil der Erste disqualifiziert wurde!"
Ich stand nun langsam auf und fiel der Stute um den Hals. Diese bleib einfach ruhig stehen und verstand scheinbar noch nicht so recht, was jetzt passiert war und was sie verbrochen hatte, dass so viele Leute ihr ins Ohr jubelten. Trotzdem ließ sie alles über sich ergehen und lief dann zum Schluss noch mit zur Siegerehrung. Dort schien dann auch sie zu verstehen, was los war, denn ihre Augen strahlten und ihren Kopf hatte sie stolz erhoben.
Wir ließen nun noch die Siegerehrung mit samt Ehrenrunde über uns ergehen und packten dann wieder alles ein, um zurück zum Gestüt zu fahren.
Die Fahrt verschlief ich allerdings vollständig und wachte erst wieder auf, als ich merkte, wie mich jemand vorsichtig hoch hob und rein trug. Ich schlug die Augen auf und schaute direkt in Bens Gesicht. Dieser trug mich noch bis in mein Bett, wo er mich sanft hin legte.
"Schlaf einfach weiter. Wir versorgen Keschen schon.", sagte er und gab mir noch einen Kuss, bevor er dann wieder raus ging. Ich befolgte seinen Rat und war wenig später auch schon wieder tief und fest am schlafen.

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