Kapitel 20

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Lisas Sicht:
Drei Tage musste ich noch mit Emely im Krankenhaus bleiben, bis Ben uns dann mitnehmen durfte. Er kam jeden Tag mindestens einmal vorbei und brachte fast immer irgendjemanden mit. Das letzte Rennen am Wochenende hatte Bonfire, wie erwartet, gewonnen und so waren nun auch wieder alle zuhause. Julia, die eigentlich noch bei dem Rennen helfen sollte, war zwar wieder zum Turnierplatz gefahren, wurde aber von Stuart wieder zurück geschickt und war so bei Bens erstem Besuch schon wieder da. Sie war, wie Jenny auch, am Wochenende eine sehe große Hilfe für uns gewesen und ich wusste nicht, was Ben ohne sie getan hätte. Er war ja so schon nervlich total am Ende, aber da wäre er dann wahrscheinlich wirklich mit einem Herzinfarkt umgekippt. Auch wenn mir ihre Methode mit dem Schlag ins Gesicht nicht so wirklich gefiel, war sie immerhin effizient und das zählte.
Wieder am Gestüt angekommen legte ich nur kurz Emely schlafen und drückte Ben das Babyphone in die Hand, um dann auf direktem Weg in den Stall zu gehen und zuerst einmal Devil zu begrüßen. Dieser freute sich scheinbar mich zu sehen, denn ich hatte kaum die Stallgasse betreten, als mir auch schon ein glückloches Wiehern entgegen kam.
"Ja hallo mein Großer! Ich hab dich auch vermisst!", sagte ich und wuschelte ihm durch den Schopf.
Eine halbe Stunde verbrachte ich bei ihm, bevor ich dann zu Keschen ging und sie ebenfalls kurz begrüßte. Sie bekam für den guten Ritt am Wochenende zusätzlich noch einen Apfel von mir. So auch die ganzen anderen Pferde, die gestartet waren und ganz zum Schluss auch Bonfire.
Da er, wie ich von Bens Erzählungen wusste, ihn auch am Abend vor seinem Rennen, als das Chaos ausbrach, im vollem Galopp zurück zum Turnierplatz getragen hatte, bekam er noch eine extra Möhre und einige Streicheleinheiten dazu.

Als ich wieder rein kam, herrschte da schon wieder Chaos, das Ben gerade beseitigte. Die Kleine hatte sich, Bens Pullover nach zu urteilen, ihr Essen nochmal durch den Kopf gehen lassen und war nun lauthals am schreien. Ben hatte sie auf dem Arm und versuchte irgendwie gleichzeitig den Boden, der auch einiges abbekommen hatte, zu wischen, Essen zu kochen und Emely zu beruhigen.
Letzteres gelang ihm gerade, aber dafür waren die Kartoffeln dabei über zu kochen.
Ich schritt schnell ein und stellte den Herd ab, um ihm denn Emely ab zu nehmen, damit er auch die restlichen Dinge auf seiner Liste abarbeiten konnte.
"Und? Ist bei den Pferden alles in Ordnung?", fragt er, während er den Boden wischte.
"Ja. Alles gut. Ich muss dann nur ab morgen wieder mit Devil trainieren.", berichtete ich.
"Und was ist in der Zeit mit Emely?"
"Julia und Jenny haben angeboten sich abwechselnd um sie zu kümmern und ich bin ja nur eine Stunde weg."
"Okay. Wenn das klappt."
"Ja. Das wird schon."
"Bist du sicher, dass dir das nicht alles zu viel wird, wenn du jetzt schon wieder Turniere reitest? Lass doch Mirella reiten."
"Ben, das ist eines der wichtigsten Turniere, die ich je reiten werde und außerdem kann ich die Mannschaft nicht im Stich lassen."
"Pass nur auf, dass dir das nicht alles zu viel wird."
"Wird es nicht. Das wird schon alles. Wart nur ab. In ein paar Tagen hat sich das hier alles eingespielt und dann läuft das alles, wie von selbst."

So einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte, war es dann allerdings doch nicht, denn es vergingen erst einmal zwei Wochen in denen Emely ununterbrochen schrie und nur ruhig, war wenn sie schlief. Das war allerdings meistens tagsüber und so hatten Ben und ich eine schlaflose Nacht nach der anderen.
Trotzdem mussten jeden Tag die Pferde bewegt werden und wir wechselten uns immer mit dem Reiten ab. Zuerst trainierte ich eine Stunde lang mit Devil, während Ben auf Emely aufpasste und danach tauschten wir, damit er eines der anderen Pferde reiten konnte. Danach tauschten wir wieder und meistens schlief Emely dann, sodass ich zwei Stunden lang mit Keschen oder Sarima trainieren konnte.
So ging es dann den ganzen Tag weiter, bis wir am Abend dann völlig fertig ins Bett fielen. Da die Kleine allerdings tagsüber geschlafen hatte, war sie nachts dann hellwach und nur am schreien.

Am Ende der ersten zwei Wochen waren wir dann beide völlig fertig und wollten eigentlich nur noch schlafen, aber es hieß schon wieder Aufbruch, denn wir fuhren mit Devil zu den Weltmeisterschaften nach England. Hier sollte das gesamte deutsche Team für die Zeit, die die Turniere liefen, bei Scott Brash auf der Anlage wohnen und auch die Pferde konnten dort natürlich unterkommen. So ersparten wir uns zumindest die überfüllten Stallzelte und dazu war die Anlage auch gar nicht mal so weit weg von dem Turnierplatz. So konnte man locker im Schritt dort hin reiten und wenn es stimmte, was Scott mir erzählt hatte, war man innerhalb von 20 Minuten da. Das hatte dazu noch den Vorteil, dass die Pferde schon einmal ihre Schritt Runde gegangen waren und das nicht auf den völlig überfüllten Abreite Plätzen machen mussten.
Und nebenbei bemerkt war die Anlage, nach den Fotos, die ich gesehen hatte, auch noch riesig und mit allem High Tech Kram ausgestattet, was das Reiterherz begehrte. Also wenn es wirklich alles so war, wie ich mir das vorstellte, dann würde das eine super tolle und ziemlich entspannte Woche werden.
Die Fahrt nach England war allerdings die absolute Hölle, denn Emely war die ersten zehn Stunden ununterbrochen am schreien und wir waren alle glücklich, als sie dann endlich einschlief und auch wirklich die letzten zwei Stunden bis zu der Anlage durch schlief. So langsam bereute ich es echt, dass wir nicht einfach geflogen waren, aber das wäre einfach viel zu viel Aufwand gewesen und uns hätte auch wieder jemand am Flughafen abholen müssen. Da war es uns als einfacher erschienen einfach mit dem Transporter zu fahren, aber im Nachhinein hätten wir uns wahrscheinlich einiges an Krach und Kopfschmerzen erspart, wenn wir doch geflogen wären.
Naja. Nachher ist man immer schlauer und zumindest wussten wir jetzt Bescheid.

Nach zwei relativ ruhigen Stunden kamen wir dann in London an. Wow! London! Eigentlich schade, dass wir keine Zeit haben würden die Stadt zu erkunden, aber wir waren ja auch nicht hier, um Urlaub zu machen, sondern um die Weltmeisterschaft zu reiten und möglichst zu gewinnen.

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