Kapitel 27

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Nachdem die Pferde versorgt waren schauten wir noch den anderen Reitern zu, die alle ebenfalls extrem gut ritten. Trotzdem schafften wir es wie durch ein Wunder auf dem ersten Platz zu bleiben.
Scotts Zeitplan konnten wir allerdings nicht so wirklich einhalten, da das Springen mittendrin für eine halbe Stunde unterbrochen werden musste. Einer der Reiter war mit seinem Pferd komplett durch die zweifache Kombination gerutscht und musste ärztlich betreut werden. Dazu kam dann noch vor den letzten Reitern eine Unterbrechung, da das Wetter schlagartig kippte und es unmöglich gewesen wäre auf dem Platz zu reiten, geschweige denn zu springen.

Um fünf Uhr abends kamen wir dann endlich wieder bei Scott an und da wir nun alle keine Lust mehr zu irgendwas hatten, waren die Planungen für den Nachmittag auch überfällig. Somit versorgten wir in Ruhe die Pferde und gingen dann rein, um dort noch ein paar Filme zu schauen. Davon bekam ich allerdings nicht viel mit, da ich damit beschäftigt war Emely irgendwie zu beruhigen. Daran scheiterte ich allerdings kläglich und übergab sie, wie abgesprochen, dann irgendwann einfach an Jenny, um mit Ben zu Bett zu gehen.

Bens Sicht:
Es war mitten in der Nacht, als ich plötzlich von Geräuschen neben mir wach wurde. Ich drehte mich in die Richtung und sah, wie Lisa nass geschwitzt neben mir lag und sich hin und her wälzte. Dabei rief sie immer wieder nach Darling. Das konnte nur bedeuten, dass sie wieder den schrecklichen Albtraum von dem Unfall hatte. Es waren nun zwar schon einige Jahre vergangen, aber sie schaffte es einfach nicht die geschehenen Dinge zu verarbeiten. Es war schrecklich sie so zu sehen.
"Süße wach auf. Alles ist gut.", sagte ich und rüttelte sie sanft wach. Sie schlug ihre Augen auf und brach in Tränen aus. Es zerriss mir das Herz sie so zu sehen. Ich wollte nicht, dass sie weinte! Ich wollte, dass sie glücklich war und ich wollte endlich wieder ihr wunderbares Lachen hören. Das hatte ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr.
Ich umarmte sie und flüsterte beruhigend: "Alles ist gut. Es war nur ein Traum."
Sie drückte sich eng an mich und vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter.
"Shhh. Alles ist gut.", flüsterte ich und strich ihr sanft über den Rücken.

Es dauerte eine Weile, aber dann hatte sich Lisa wieder etwas beruhigt und wimmerte nur noch leise. Langsam löste sie sich nun von mir und stand auf, um sich etwas warmes über zu ziehen.
"Was hast du vor?", fragte ich.
"Ich will raus zu Devil.", schluchzte sie leise.
"Soll ich mit kommen?", fragte ich. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie mich jetzt brauchte und das bestätigte sie nun mit einem Nicken. So stand ich ebenfalls auf und zog mir schnell etwas über, um mit ihr zusammen raus zu gehen. Sanft legte ich einen Arm um sie und so gingen wir langsam in den Stall bis zu Devil. Der Hengst schien zu spüren, dass irgendwas mit ihr nicht stimmte, denn als sie die Box betrat, rieb er sanft seinen Kopf an ihrer Schulter. Lisa schlang ihre Arme um seinen Hals und begann wieder zu weinen. Ich wollte gerade zu ihr gehen, als die Box plötzlich hell erleuchtet wurde und eine hübsche, gescheckte Stute aus dem Nichts auftauchte. Aber... Wie konnte das sein? Diese Stute war... War Darling, aber... Die war doch tot! Das konnte doch nicht sein!
Sie schritt auf Lisa zu und sagte mit einer geheimnisvollen Stimme: "Lisa ich bin bei dir. Vergiss, was damals geschehen ist und lebe stattdessen im hier und jetzt. Es war ein Unfall und dich trifft ganz und gar keine Schuld. Schuld war nur der Polizist, der auf die bescheuerte Idee kam auf einem Turnierplatz ohne Vorwarnung zu schießen und einen Verbrecher zu fangen. Du kannst nichts dafür! Vergiss das nicht! Hier und jetzt reitest du mit Devil und das sogar für das deutsche Team. Das wolltest du doch immer schon! Genieß die Woche und denk nicht mehr über das, was damals passiert ist nach. Was geschehen ist, ist geschehen und alles , was passiert hat einen Grund."
"Wie geht's dir?", fragte Lisa.
"Jetzt geht es mir wieder gut und ich bin sehr stolz auf dich. Du und Devil, ihr habt schon viel erreicht und zusammen könnt ihr viel erreichen. Dazu müsst ihr aber zusammen arbeiten! Ihr seid ein Team! Vergiss das nicht!"
"Ich vermisse dich so sehr!"
"Lisa, ich bin bei dir. Ich bin die ganze Zeit bei dir und ich werde immer bei dir bleiben. In deinem Herzen lebe ich weiter und immer, wenn du Devil umarmst, umarmst du auch mich. Ich bin bei dir!", sagte die Stute, ging einen Schritt vor und verschmolz mit Devils Körper.
Jetzt sah ich schon Gespenster! Das konnte doch nicht war sein! Oder vielleicht doch?
"Hab ich das gerade wirklich gesehen?", fragte ich an Lisa gerichtet. Diese nickte nur. Also doch. Es stand gerade wirklich eine tote Stute vor uns und hat mit Lisa gesprochen. Das wird uns nie im Leben jemand glauben! Aber jetzt machte auch Lisas Erklärung, weshalb sie Devil damals gekauft hatte, Sinn. Die Stute war ihr tatsächlich als Geist erschienen! Und ich hatte gedacht sie hätte nur geträumt! Sie hatte es wirklich gesehen und jetzt war die Stute erneut zu ihr gekommen. Was genau sie mit ihren Worten gemeint hatte, verstand ich zwar nur teilweise, aber ich sah, dass es Lisa geholfen hatte und das war gut.
Lisa streichelte Devil nun noch einmal und kam dann auf mich zu, um mir um den Hals zu fallen.
"Süße ist alles in Ordnung?", fragte ich. Sie nickte nur und sagte: "Wir können jetzt wieder rein gehen."
"Okay.", sagte ich und so gingen wir langsam wieder rein, wo wir wieder zu Bett gingen, um noch etwas zu schlafen.

Lisas Sicht:
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich einfach nur glücklich. Jetzt wusste ich, dass es meiner Stute gut ging und dass sie bei mir war. Es hatte mir sehr geholfen mit ihr zu sprechen und ich war ihr einfach nur dankbar dafür, dass sie mir wieder erschienen ist. Und noch viel glücklicher war ich darüber, dass sie mir nicht die Schuld gab an dem, was passiert war. Ich hatte mich da so hineingesteigert und mir immer wieder eingeredet, dass ich allein die Schuld trug, aber sie hatte mir nun die Augen geöffnet und mir in Erinnerung gerufen, dass ich keines Wegs schuld war. Ich konnte wirklich nichts dafür und allein das zu wissen tat schon gut. Dazu hatte sie mir dann noch ein paar entscheidende Tipps gegeben und mir gezeigt, wie wichtig es doch war, dass ich mit Devil zusammen arbeitete.
So ging ich diesen Tag schon viel entspannter an und da ich dazu noch endlich wieder mal genug Schlaf hatte, war ich auch viel wacher und brauchte nicht wie sonst erstmal drei Tassen Kaffee, um überhaupt zu etwas zu gebrauchen zu sein. An diesem Tag entschloss ich mich auch dazu meinem Hengst alleine fertig zu machen. Die Stollen ließ ich bewusst erst einmal draußen. Die konnten wir auf dem Turnierplatz immernoch rein drehen. Dadurch war auch der Weg zu dem großen Platz viel entspannter und wir kamen beide ganz locker und entspannt an.

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