Kapitel 19

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Ich schrieb Stuart nun schnell eine Nachricht mit allem, was passiert war und von ihm kam ein Daumen nach oben zurück. Er antwortete eigentlich fast immer nur mit Smilies und daher wunderte es mich nicht, dass er so kurz angebunden antwortete. Ich hatte das Gespräch damit dann beendet und wand mich wieder Lisa und Emely zu.
"Weiß er Bescheid?", fragte Lisa.
"Ja. Was sagen eigentlich deine Eltern?"
"Die wollen demnächst mal vorbei kommen. Johannes hat sich übrigens auch angekündigt, aber ich bezweifle, dass er wirklich kommt."
Johannes war ihr 10 Jahre älterer Bruder, der vor vielen Jahren bereits nach Holland gezogen war, um dort Dressurpferde zu trainieren. Lisa hatte eigentlich kaum noch Kontakt zu ihm und sie pflegten auch nicht gerade das beste Verhältnis. Dies lag allerdings wohl hauptsächlich daran, dass er sich einfach nie in irgend einer Art und Weise meldete. Das letzte Mal war er zu unserer Hochzeit da gewesen und er kam allgemein eigentlich nur zu Pflichtveranstaltungen vorbei, oder wenn Lisas Eltern lang genug bettelten. Da die aber im Moment sowieso nicht da waren, wunderte es mich schon, dass er kommen wollte, aber er war der Typ Mensch, der, fünf Minuten bevor er ankommen sollte, noch absagte und von daher bezweifelte ich, dass er wirklich kommen würde.
"Weiß er überhaupt Bescheid?", fiel mir nun ein. Das wir zusammen waren hat er immerhin auch erst zehn Jahre nachdem wir zusammen gekommen waren mit bekommen und das auch nur, weil er die Einladung für unsere Hochzeit bekommen hatte.
"Ja. Ich hab doch vor ein paar Monaten die Mail an alle Verwandten geschickt. Es wissen alle Bescheid."
"Achso. Stimmt ja."
Nach den Empfehlungen von ihrer Mutter hatte Lisa eine Mail mit allen Informationen an alle versendet, die das irgendwie interessieren könnte.
"Fährst du morgen eigentlich wieder zum Turnierplatz?", fragte Lisa nun.
"Garantiert nicht! Ich lass dich doch hier jetzt nicht alleine! Julia fährt alleine zurück. Morgen startet Bonfire sowieso als einzigster. Da schaffen die das auch ohne mich."
"Okay."
"Weißt du, wie lange du noch bleiben musst?"
"Wenn alles gut ist drei Tage."
"Weiß Jenny wegen allem Bescheid?"
"Ja, aber könntest du mir einen Gefallen tun?"
"Was denn?"
"Ich hab vor ein paar Tagen schon einen Plan vorbereitet. Der müsste am Computer noch geöffnet sein. Kannst du den ausdrucken und an die Pinnwand hängen?"
"Ja klar."
"Danke!", sagte sie und gähnte müde. Sie musste völlig fertig sein.
"Dann leg du dich jetzt hin und schlaf erstmal. Ich komme morgen früh wieder.", sagte ich, beugte mich zu ihr runter und gab ihr einen Kuss.
"Bis morgen.", sagte sie und erwiderte.


Ich ließ sie nun alleine und fuhr wieder zurück zum Gestüt, wo Jenny und Julia bereits warteten und mich erwartungsvoll anschauten.
"Ich habe eine kleine Tochter.", verkündete ich glücklich und mit einem breitem Grinsen.
"Wie heißt sie?", fragte Jenny.
"Na Emely. Das hat ihre Patentante sich doch schon ausgesucht.", sagte ich und das Grinsen in Jennys Gesicht wurde noch breiter.
"Emily Erdbeer. So etwas kann auch nur von dir kommen!", lachte Julia.
"Nein! Emily Erdbeer wird mit i in der Mitte geschrieben. Emely mit einem e.", verbesserte Jenny.
"Na dann ist ja gut.", lachte Julia.
Den Rest des Abends unterhielten wir uns noch etwas und beschlossen kurzerhand die Nacht durch zu machen, denn nach so einem Erlebnis konnte keiner von uns schlafen und da es mittlerweile bereits ein Uhr morgens war und wir schon um sechs Uhr wieder raus mussten, lohnte es sich sowieso nicht noch ins Bett zu gehen. So unterhielten wir uns auch noch den Rest der Nacht, bis wir dann los mussten, um die Pferde zu füttern.

Nach der Fütterung tranken wir nur kurz einen Kaffee und ich fuhr dann mit Jenny zu Lisa. Julia war schon früh um vier wieder zum Turnierplatz gefahren, um noch pünktlich zum Start dort zu sein und mit helfen zu können. Das allerdings nur, um kurz nach der Fütterung wieder zurück zu kommen. Die Anderen hatten sie wohl einfach wieder zurück geschickt. Ich hatte am Morgen noch, wie ich es Lisa versprochen hatte, den Plan ausgedruckt und aufgehängt und so fuhren wir nun in Ruhe zu Lisa ins Krankenhaus.
Diese sah schon deutlich ausgeruhter und viel besser, als am Tag zuvor aus und schaukelte gerade die Kleine hin und her, um sie zum Einschlafen zu bringen. Das hatte sich nun allerdings erledigt, denn diese wurde nun erst einmal von Jenny und Julia in Beschlag genommen.
Das musste wohl so ein Frauen Ding sein, denn ich verstand weder, warum die Kleine so süß war, noch warum sie scheinbar so anziehend war, dass man sie die ganze Zeit über so betütteln musste.
Naja. Frauen hatten halt manchmal so ihre Macken und dazu gehörte es eindeutig, dass sie einfach alles und jedes süß fanden.

Eine Stunde später hatten sich die Mädchen dann auch endlich wieder eingekriegt und plauderten fröhlich mit Lisa.
Ich saß währenddessen mit meiner Tochter auf dem Arm etwas abgelegen. Bei einer Sache musste ich den Mädchen doch Recht geben. Sie war wirklich absolut süß und dazu noch ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur ihre Augen hatte sie von mir, denn die waren nicht, wie die von Lisa, strahlend blau, sondern Haselnuss braun, wie meine.
Die Kleine zog mich so in ihren Bann, dass ich gar nicht mit bekam, wie Jenny und Julia sich von Lisa abgewandt hatten und neben mir standen. Auch das dezente Antippen von Jenny bemerkte ich nicht und erst, als ich mal wieder Julias Faust im Gesicht hatte, wand ich mich ihnen zu. Das diese Frau aber auch immer gleich zuschlagen musste! Allerdings hatte ich mich daran längst gewöhnt und sah ein, dass ich das manchmal einfach brauchte und da Lisa niemals irgendjemanden schlagen würde, war es schon ganz gut, dass wir Julia hatten. Sie brachte mich so immerhin jedes Mal wieder auf den Grund der Tatsachen zurück.
"Was ist denn?", fragte ich nun.
"Du sitzt jetzt schon seit knapp zwei Stunden mit Emely in der Ecke und starrst sie an. Lisa lässt fragen, ob du sie nicht vielleicht in ihr Bettchen legen und dich mal an unseren Gesprächen beteiligen willst.", sagte Julia. Ich nickte nur und legte Emely in ihr Bettchen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass schon zwei Stunden vergangen waren und dass die Kleine mittlerweile tief und fest schlief.
"Schatz ist alles okay? Du wirkst so abwesend.", fragte Lisa mich und ich konnte einen besorgten Unterton herraus hören.
"Der ist nur in seine kleine, heile Kinderwelt abgetaucht. Das legt sich mit der Zeit.", erklärte Julia mit einem Lächeln und nun war sie es, die ausnahmsweise mal von mir einen Schlag abbekam. Naja. Schlag konnte man das nicht nennen. Eher einen freundschaftlichen Knuff in die Seite.
"Hey!", protestierte sie.
"Da hatte ich jetzt einfach mal Lust zu.", sagte ich mit einem Lächeln und nun brachen wir alle in Gelächter aus.

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