~ Into the Night - Madeline Juno ~
Ungeduldig knabberte ich auf meinen Nägeln rum. Da ich nicht wusste, was ich hätte anziehen sollen, hatte ich einfach ein komplett schwarzes Outfit angezogen.
Es war schon Mitternacht, doch von Jake blieb keine Spur. Ich hatte Zweifel, ob das wirklich eine gute Idee war. Denn was wenn meine Eltern mich erwischten? Sie würden mich umbringen, und zwar wortwörtlich...
Ich hörte ein leises Geräusch, was sich wie ein „Plong" anhörte. Verwirrt ging ich zum Fenster und sah hinaus. Jake stand vor meinem Fenster, komplett in schwarz gekleidet und Steine in seiner Hand.
„Rapunzel, Rapunzel lass dein Haar herunter.", schrie er flüsternd. Ich lachte leicht. „Wie soll ich runterkommen?", sagte ich in derselben Lautstärke. „Kletter' runter" Ich riss erschrocken die Augen auf. Anders würde ich nicht runterkommen ohne meine Eltern aufzuwecken.
Langsam stieg ich durch das Fenster und krallte mich an den Fenstersims. „Häng dich an den Sims und ich fang dich auf."
Du schaffst das, Erin.
Ich ließ mich am Sims hängen und hielt die Luft an. „Und jetzt lass dich fallen." Ich schüttelte den Kopf. „Ich schaff das nicht.", flüsterte ich.
„Doch Erin. Du schaffst das. Du schaffst alles, du musst nur an dich selbst glauben. So wie ich an dich glaube." Mir wurde warm ums Herz, als ich seine Worte hörte. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Dann stieß ich mich ab.
Ich landete sanft ein paar Meter unter mir, in Jake's Armen. „Siehst du, so schwer war es auch nicht.", murmelte er grinsend und setzte mich ab. Er umschloss meine Hand mit seiner und zog mich von dem Grundstück meiner Eltern.
„Was machen wir eigentlich?", fragte ich verwirrt und folgte ihm. „Das wirst du schon noch sehen.", grinste er und zog mich einfach weiter. Ich verdrehte die Augen, wehrte mich aber nicht.
Nach einiger Zeit kamen wir an einem Wald an. Ich zögerte etwas. Es war so dunkel da drin, dass man die eigene Hand nicht sehen würde. Plötzlich tauchte ein Lichtstrahl auf, der von Jake ausging. Ich wandte mich zu ihm und sah, dass er eine Taschenlampe in der Hand hatte.
Er hatte wirklich alles durch dacht...
Ich vertraute ihm blind, und ließ mich von ihm einfach in den Wald ziehen. Immer wenn irgendein Geräusch ertönte, zuckte ich zusammen. Jake legte einen Arm um meine Hüfte und zog mich an sich. Mein Atem verschnellerte sich augenblicklich. Trotzdem fühlte ich mich sicher und geborgen.
„Wir sind fast da.", hauchte Jake, sodass sein warmer Atem gegen mein Ohr prallte und sich alle meine Haare aufstellten. Er hielt mir die Augen zu und führte mich weiter.
Als er stehen blieb, nahm er die Hände von meinen Augen. Die Aussicht verschlug mir die Sprache. Ich starrte den wunderschönen Anblick mit offenem Mund an. Ich blinzelte, das konnte alles nur ein Traum sein.
„Es ist... unglaublich schön", hauchte ich überwältigt. Der dunkle Sternenhimmel war von hier aus wunderschön. Nur leicht sah man die Silhouetten der verschiedenen Häuser.
Wir legten uns auf den Boden und starrten schweigend in den Himmel. Ich hatte das Gefühl, als würde jeder einzelne Stern seine eigene Geschichte erzählen. Vielleicht war jeder Stern ja mal ein Mensch gewesen. Und dieser Mensch hatte ein Leben.
Die Dunkelheit umzingelte uns. Nein, sie beschützte uns. Sie beschützte uns vor den Grausamkeiten der Welt.
Jake holte etwas aus seinem Rucksack und hielt mir dann ein Sandwich hin. „Wie kommt es, dass ich dich noch nie essen gesehen habe?", fragte er. Ich zuckte nur mit den Schultern, obwohl ich die Antwort wusste.
Weil ich kaum esse...
Ich biss in das Sandwich. Mein Magen rebellierte, Essen war für ihn ungewohnt. Trotzdem aß ich bis zum letzten Krümel, da Jake's Blick mir zeigte, dass er etwas Anderes auch nicht anders zulassen würde.
„Was hat das hier eigentlich mit Leben zu tun?", fragte ich nach einiger Zeit. Jake drehte seinen Kopf grinsend in meine Richtung.
„Du hast was riskiert. Dieses Gefühl von Freiheit, hast du es gespürt?" Ich überlegte. Das Pochen meines Herzens, als ich aus dem Fenster gesprungen war. Das Grinsen, was man einfach nicht aus meinem Gesicht wischen konnte. Das Adrenalin, das durch meine Adern gepumpt wurde.
„Ja. Ja, ein Gefühl von Freiheit." Jake starrt mir in die Augen. Seine funkelten und wirkten wie ein dunkler Saphir.
Ich konnte mich nicht von dem Anblick losreißen. Es war als würde ich in seinen Ozeanblauen Augen ertrinken. Sie zogen mich in einen Bann, den ich nicht entkommen konnte. Ich war gefangen. Mein Schiff versank in diesen Augen.
Mein Herz setzte kurz aus, als er den Abstand zwischen uns ein wenig verringerte, um dann doppelt und dreifach mal schneller zu schlagen.
Ein Knacken ertönte und wir fuhren erschrocken auseinander. Ein Eichhörnchen rannte aus einem Busch zum nächsten. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Eichhörnchen hassen oder danken sollte.
Ich räusperte ich peinlich berührt und rutschte ein wenig auf Abstand. Die Hitze stieg mir in den Kopf, bei dem Gedanken was wir FAST getan hätten. Ich hoffte, dass Jake die Röte in meinem Gesicht nicht sehen kann.
„Erzähl mir etwas über dich. Ich meine nicht die Geige, sondern etwas was wirklich nur du liebst. Du hast mal erzählt du würdest zeichnen. Wieso? Seit wann? Was?"
Die peinliche Stimmung verschwand sofort. Malen und zeichnen war für mich wie ein Rückzugsort.
„Ich habe schon früh angefangen. Ich glaube hauptsächlich tue ich es, um etwas zu haben was ich bestimmen kann. Niemand sagt mir, was falsch und was richtig ist. Es gehört mir. Alles Unterschiedliche. Meine Hände arbeiten, bevor mein Kopf weiß was sie machen."
Jake lächelte leicht, als er mir zuhörte. Er sah in mir etwas Anderes. Das wusste ich. Ich war in seinen Augen nicht das verwöhnte Wunderkind, sondern jemanden anderen. Vielleicht war dieser jemand anderes, mein wahres Ich. Vielleicht konnte er mir nicht nur helfen zu leben, sondern auch mich selbst zu finden. Zurzeit war ich ja nur die Sklavin meiner Eltern.
„Warum guckst du mich so an?", fragte ich, als mir Jake's Blick auffiel. Es war so ein durchdringender Blick, als würde er versuchen in meine Seele zu schauen.
„Ich probiere herauszufinden, wer du bist. Wer bist du, Erin Anderson?" Verwirrt blinzelte ich. Was meinte er? War das alles doch nur ein Scherz, oder eine Wette mit Mason? Bei dem Gedanken, krampfte sich mein Herz gleich schmerzhaft zusammen. Ich ermahnte mich selbst ruhig zu bleiben und atmete tief durch.
„Ich weiß nicht.", antwortete ich wahrheitsgemäß. Er nickt langsam. Wir gucken einige Zeit einfach nur auf das ruhige London. Ohne zu überlegen, rutschen mir die nächsten Worte über die Lippen.
„Weißt du manchmal habe ich das Gefühl, ich ertrinke. Das Leben drückt mich einfach unter Wasser, aber lässt mich nicht frei."
„Das Leben ist ein Spiel. Du musst nur wissen wie man es spielt." „Das Leben ist kein Spiel.", widersprach ich. „Doch. Nur eins um Leben und Tod. Freude und Trauer. Und du selbst bist die einzige, die die Fäden in der Hand hat.", sagte er grinsend. „Oder wohl eher den Bogen." Verständnislos sah ich ihn an. „Stell dir vor, dass deine Geige das Leben wäre. Deine Eltern sind die Noten." „Und wer bist du?", fragte ich. „Ich bin der Bogen. Du die Hand. Du kannst nach den Noten spielen. Du kannst auch einfach den Bogen beiseitelegen, und aufhören. Aber du kannst auch einfach spielen."
„Wie?", hauchte ich. „Das weißt nur du. Genauso wie du Geige spielst. Spiel es."
A/N
Also ich wollte nur mal anmerken, dass ich die Sängerin, die ich oben in den Medien habe, unglaublich liebe. Ihr solltet euch auf jeden Fall mal, ihre anderen Lieder anhören, wenn ihr auf Melancholie steht. Schade, dass sie nicht so viel Unterstützung bekommt, wie sie es verdient hätte.
Hope you liked it ;)
crazyxbird

DU LIEST GERADE
Play it
General FictionErins Leben ist schon perfekt durchgeplant, als plötzlich Jake darin auftaucht und alles ziemlich durcheinander bringt. Zum ersten Mal lernt Erin, was es bedeutet zu leben, ohne Regeln zu befolgen und nur an die Zukunft zu denken. Zum ersten Mal le...