Epilogue

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23.11.2017
Hey Kleines,
Irgendwie habe ich mich an alles gewöhnt und ich verstehe mich ganz gut mit allen. Mir ist aufgefallen, dass die Menschen hier gar nicht so sind, wie in den Filmen dargestellt. Um ehrlich zu sein, sind wir alle irgendwie befreundet. Es ist seltsam mit Menschen eingesperrt zu sein, von denen man dachte sie wären Verbrecher, obwohl sie eigentlich nur verzweifelt waren. Vince zum Beispiel bekam 5 Jahre wegen Misshandlung, dabei hatte seine Frau gelogen, nur um das Sorgerecht der Kinder zu bekommen. Oder Gerad hat geklaut, weil seine kleine Schwester unbedingt so eine Puppe haben wollte. Er kommt allerdings aus armen Verhältnissen, deshalb hat er sie eben geklaut.

Anfangs war es ermüdend, aber inzwischen habe ich die Möglichkeit eine Ausbildung zu machen und zu arbeiten. Das macht alles ein wenig erträglicher.

Trotzdem zähle ich die Tage, bis ich dich endlich wiedersehen kann. Bald ist ja wieder Besuchertag. Vince hat mir versprochen mir seine Kinder vorzustellen. Er redet ständig von ihnen. Aber ich kann es ihm nicht übelnehmen, ich rede auch ständig von dir.

Richte deiner Mum und James liebe Grüße aus

Ich liebe dich
Jake

10.12.2017
Lieber Jake,
Es tut mir leid, dir das so sagen zu müssen, aber ich kann dich nicht besuchen. Mein Vater kam letztens zu unserer neuen Wohnung. Er hat uns trotz allem gefunden. Ich bin weggegangen. Im Moment bin ich in Straßburg, Frankreich.

Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so im Stich lasse, aber ich konnte nicht bleiben. Nicht in einer Stadt mit einem Monster und nicht in einem Land, das Unschuldige einsperrt. Ich musste da raus. Ich hoffe du verstehst das.

Ich habe jetzt angefangen in einem Bistro als Bedienung zu arbeiten und es macht mir wirklich Spaß. Ich wohne in einem Motel, das ich gerade noch so bezahlen kann, aber mir gefällt das. Ich mag es mein Geld selbst zu verdienen und zu arbeiten. Die Menschen hier sind wirklich nett und Französisch ist so eine schöne Sprache.

Ich werde wahrscheinlich nicht lange bleiben, sondern bald weiterziehen. Ich überlege nach Amerika zu gehen. Was meinst du, als geborener Amerikaner?

Du kannst die Briefe weiterhin an meine Mum schicken, sie weiß immer wo ich bin. Ach ja, sie hat endlich die Scheidung durchbekommen. Sie hat alles, was ich mit Konzerten verdient habe zurückbekommen. Ich habe dafür jetzt ein extra Konto, aber ich benutze das Geld nur für die Flüge, die ich alleine nicht bezahlen kann. Ich habe das Gefühl, dass das Geld dreckig ist. Weißt du, was ich meine? Ich habe ja auch noch das Geld von dem Buch, allerdings hab ich mich dazu entschieden es an Frauen- und Waisenhäuser zu spenden. Ich hätte es ohne dich nie geschrieben, also hab ich auch einen Teil für dich zurückgelegt. Ich hoffe dein Stolz erlaubt das.

Richte Vince liebe Grüße aus.

Ich vermisse dich und wünschte du wärst bei mir

In Liebe

Erin

PS: Was erzählst du Vince denn alles über mich?

Es freut mich, dass alles so gut läuft. Du brauchst mir kein Geld geben, Erin. Ich komme gut ohne aus. Du kennst mich.

Mir gefällt die Entdecker-Erin. In Frankreich musst du unbedingt Macrons essen, wenn du noch da bist. Als ich klein war, sind wir mal nach Paris geflogen. Ich fand es echt langweilig, aber meine Eltern haben es geliebt. Und solange ich Macrons und Croissants bekommen habe, war ich auch einigermaßen zufrieden.

Mach dir keine Sorgen. Ich bin nicht wütend oder enttäuscht. Es macht mich unglaublich glücklich zu sehen, dass du dein Leben selbst in die Hand nimmst. Ich bin stolz auf dich, Kleines.

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