twenty-two

3.6K 208 13
                                    

„Warte mal kurz", meinte ich und eilte hastig nach drinnen. Als ich dort allerdings ankam, war Jake nirgends mehr zu sehen. Wo war er bloß?

Ich lief durch die Menge, während leise Klavierklänge den Raum erfüllten.

„Erin, meine Liebe. Herzlichen Glückwunsch", meinte plötzlich eine Frau, die mich sehr an einen Fisch erinnerte. Dass ihr Kleid auch noch Türkis war, machte das nicht unbedingt besser. Dann wurde ich auch noch abgeknutscht und versuchte mir seufzend den Lippenstift von der Wange zu reiben, als ich endlich Jake erblickte.

Er servierte gerade Champagner und zwinkerte mir dabei zu. Ich drängte mich weiter durch die Menschen, als ich einen harten Griff um meinen Arm spürte. Zwei kalte blaue Augen sahen in meine. Sie hatten nichts von dem Funkeln in Jakes Augen oder der Wärme und Zärtlichkeit, die manchmal in seinen Augen war. Sie waren eiskalt und ausdruckslos.

„Dein Auftritt, Erin", meinte mein Vater und sah mich fast schon warnend an. Ich nickte und nahm ihm meine Violine ab, die er in der Hand hielt.

Er klopfte mit einer Gabel gegen sein Champagnerglas und sofort kehrte Ruhe ein.

„Ich danke Ihnen allen für Ihr zahlreiches Erscheinen. Ich hoffe Sie amüsieren sich gut! Nun wird uns das Geburtstagskind höchstpersönlich etwas auf der Violine vorspielen", rief er und die Gäste begannen höflich zu applaudieren.

Ich stellte mich vor die Streicher und nickte ihnen kurz zu, bevor ich uns leise ein zählte.

*

Endlich ergriff ich seinen Arm und zog ihn schnell hinter mir die Treppe hoch, um ihn dann in mein Zimmer zu schubsen.

„Nicht so stürmisch, Kleines", lachte er und grinste mich spitzbübisch an. Ich schloss sorgfältig die Tür, bevor ich mich entzürnt umdrehte.

„Was zum Teufel hast du hier zu suchen? Wie hast du diese Kleider bekommen und wie bist du überhaupt durch die Security durch gekommen?", fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Freust du dich gar nicht mich zu sehen?" Als ich ihn weiterhin auffordernd ansah, seufzte er.

„Ein Kumpel von mir ist Zeitarbeiter. Er hat mir erzählt, dass es einen riesigen Auftrag gibt, bei dem noch Kellner gesucht werden. Als ich bemerkt habe, dass es an deinem Geburtstag ist, wollte ich erstmal ablehnen, aber als ich die Adresse gesehen habe, dachte ich mir, das wäre die perfekte Möglichkeit dich an deinem Geburtstag sehen zu können", erklärte Jake versöhnlich und lief langsam auf mich zu. Er sah in diesen Sachen und den polierten Schuhen so verdammt gut aus.

„Weißt du eigentlich wie gefährlich das ist? Wenn mein Vater was gemerkt hätte, dann... dann", erwiderte ich und schüttelte mich bei dem Gedanken, was dann passiert wäre.

„Hey", meinte er und schloss mich in seine starken Arme.

„Ich lass mich schon nicht erwischen, okay? Und außerdem muss ich dir noch mein Geschenk geben." Gespannt sah ich ihn an.

„Moment, ich hol es schnell", meinte er hastig und verschwand aus der Tür. Kopfschüttelnd ließ ich mich auf mein Bett fallen, achtete allerdings darauf, dass mein Kleid nicht zerknitterte. Nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür und Jake schlüpfte hindurch. In der Hand hielt er eine Mappe, die er mir mit seinem typischen Jake-Lächeln reichte.

„Da kannst du deine Zeichnungen aufbewahren. Mach sie auf." Ich blinzelte verwirrt und öffnete die Mappe. Mein Atem stockte und ich starrte mit großen, runden Augen auf das weiße Papier.

„Das... du... wie...", stammelte ich und strich ehrfürchtig über die perfekt gezogenen Linien. Er hatte mich gezeichnet bei unserer aller ersten Begegnung. Ich starrte nachdenklich aus dem Fenster, während der Regen gegen das Fenster trommelte. Während jeder Regentropfen stahlgrau war, war das Mädchen auf dem Bild bunt gezeichnet worden. Sie strahlte förmlich.

Play itWo Geschichten leben. Entdecke jetzt