fifteen

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„Wann kommen deine Eltern noch mal?", fragte Jake, während wir zu mir nachhause liefen. Er hatte freiwillig angeboten mich hin zu bringen. Das schrie ja nach schlechtem Gewissen.

„Morgen Mittag", seufzte ich. Es würde zwar nicht lange dauern, bis sie wieder verreisen würden, aber sie konnten ruhig für immer wegbleiben. Augenblicklich schämte ich mich für diesen Gedanken. Sie waren meine Eltern und sie wollten doch eigentlich nur mein Bestes, oder? Sie taten es nur auf die falsche Weise. So gesehen konnte ich gar nicht wütend auf sie sein, weil sie es ja auch nicht besser wussten.

„Hör auf sowas zu denken." Überrascht wandte ich meinen Blick Jake zu, der mich fast schon besorgt ansah. Er blieb einfach auf dem Bürgersteig stehen und hielt mich ebenfalls zurück.

„Versuch gar nicht erst Verständnis für deine Eltern aufzubringen. Das was sie tun, kann man nicht rechtfertigen", meinte er, als hätte er meine Gedanken gelesen.

„Woher weißt du...?" Ein Lächeln huschte über seine harten Züge.

„Ich kenne dich inzwischen gut genug, um zu wissen, was dieser Blick bedeutet, Erin", sagte Jake und verschränkte unsere Finger miteinander. Ein prickelndes Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus und diesmal lächelte ich.

Gemeinsam liefen wir, Hand in Hand, weiter zu mir nachhause. Nachdenklich strich Jake immer wieder über meinen Handrücken, aber ich glaubte nicht, dass er das überhaupt realisierte.

„Anderes Thema. Heute steigt eine Party und mit der werden wir deinen letzten freien Tag feiern", bestimmte er, doch mir war das nicht ganz recht. Ich war noch nie auf einer richtigen Party mit den klassischen roten Bechern, reichlich Alkohol und laut aufgedrehter Musik gewesen. Ich kannte nur Champagner und Streichquartette.

„Ich bin nicht so die Party-Maus", erwiderte ich unsicher und biss mir auf die Unterlippe. Jake grinste und sah mich mit funkelnden Augen an.

„Das weiß ich doch, aber vielleicht schlummert in dir ja eine." Warum war er plötzlich so gut gelaunt? Er hatte sich heute verdammt nochmal geprügelt!

„Ich glaube eher nicht, die sehen meistens gut aus." Selbstironie war die beste Möglichkeit sich vor den Scherzen der Anderen zu schützen, also war ich ziemlich gut darin geworden.

„Mein ich doch", beharrte er und ich sah ihn nur mit meinem allerbesten Ist-das-dein-Ernst Blick an, den ich gerade erst neu entdeckt hatte.

„Idiot", kicherte ich kopfschüttelnd, doch er sah mich nur ernst an. Der hatte echt Stimmungsschwankungen...

„Das meine ich ernst, du siehst gut aus, ziemlich gut sogar." Er lächelte mich breit an und ich erwiderte sein Lächeln schwach. Ich konnte ihm nicht glauben, das sagte er bestimmt nur so. Denn was war eine einzige Person, die ein wunderschönes Herz hatte, gegen hunderte? Aber irgendwie wollte ich es glauben, weil mich Jake noch nie angelogen hatte, also sollte die Frage doch heißen, was waren hunderte gegen Jake? Meiner Meinung nach, gar nichts.

„Jetzt beeil dich, Marie wartet schon." Schließlich zog er mich weiter, doch ich zog nur irritiert die Augenbrauen zusammen.

„Was hat Marie damit zu tun?", fragte ich misstrauisch. Er beachtete mich gar nicht erst und beschleunigte seine Schritte, so dass ich kaum hinterherkam.

„Ich hab sie um Hilfe gebeten, immerhin sollst du heute auch wie eine Party-Maus aussehen."

*

„Du siehst toll aus, ma chérie", schwärmte Marie und zupfte einen Fusel von meinem Shirt. Ich trug einen süßen dunkelblauen Rock und eine weiße Bluse.

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