thirty

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Das Gästezimmer war ziemlich klein, doch das nötigste war vorhanden: ein Bett. Es war nicht sonderlich groß, doch es gab Platz genug für Jake und mich.

Wir lagen im Bett und ich merkte, wie ich immer schläfriger wurde, als ich Jakes Stimme vernahm.

„Schläfst du schon?", fragte er. Ich erlaubte mir einen kleinen Spaß und stellte mich weiterhin schlafend. Er fragte erneut und knuffte mich leicht in die Seite, solange bis ich ein Grinsen nicht mehr verkneifen konnte.

Ich öffnete die Augen und schaute ihn auffordernd an.

„Was denkst du von ihm?", fragte Jake mich, wie ein kleiner Junge, der fragte, wie man sein Idol fand. Und in dem Moment dachte ich, traf das genau auf Jake zu.

„Er ist nett und erinnert mich an dich", erwiderte ich. Leider kannte ich ihn noch nicht genug, um ein wirklich aussagekräftiges Urteil über ihn zu erstellen, aber manchmal zählte der erste Eindruck ja auch. „W- Wie... Was...", stammelte ich, doch Jake verstand mal wieder sofort.

„Sobald er 18 wurde, verließ er das Kinderheim selbstverständlich. Ich kann verstehen, dass er von da wegmusste. Mir ging es ja genauso. Bevor ich nach London kam, war ich schon einmal hier, hab mich aber nicht getraut ihn anzusprechen. Er hatte sich hier ein eigenes Leben aufgebaut und ich wollte nicht plötzlich auftauchen und ihn an sein altes erinnern. Verstehst du?" Ich nickte und legte meine Hand auf seine.

„Ich wollte immer Geschwister. Erzähl mir von euch", meinte ich und schloss wieder die Augen.

„Als ich 8 war und er 12 haben wir versucht eine Bank auszurauben", begann er und ich prustete los. „Was denn?" Ich schüttelte den Kopf und lauschte weiter.

„Also gingen wir mit den Nerf-Pistolen, die es bei uns Kinderheim gab am helllichten Tag in irgendeine Bank und bedrohten einen der Bankiers. Er nahm uns natürlich nicht ernst und wollte wissen, wo unsere Eltern waren. Shane und ich beharrten weiter auf das Geld, bis ein anderer Bankier sich einschaltete. Er hob angsterfüllt die Arme und befahl den Leuten in der Bank sich zu ducken. Sie erkannten seinen Plan und duckten sich. Wir fühlten uns unbesiegbar, als er uns durch einen Flur führte. Wir erwarteten natürlich, dass er uns zu einem dieser riesen Safes brachte, doch darauf wurde leider nichts. Er brachte uns in sein Büro und schenkte uns Lollies, bevor er uns wieder rausschickte."

Ich grinste ihn an und küsste ihn auf die Nase.

„Mein kleiner Bankräuber", flüsterte ich und schlief dann ein.

*

Jake nahm unsere Taschen vom Gepäckband und warf sich seine über die Schulter. So schön die Zeit mit seinem Bruder auch war, er wusste, dass wir nicht ewig hierbleiben konnten. Und ich bekam langsam Gewissensbisse. Allein meinetwegen konnte er nicht bei seinem Bruder bleiben. Allein meinetwegen musste er flüchten. Allein meinetwegen schwebte er in Gefahr.

Wir hatten schon um 4.30 Uhr aufstehen müssen und Shane war extra aufgestanden, um sich zu verabschieden. Seine Frau hatten wir auch kurz kennengelernt, da sie genau dann gekommen war, als wir uns fertiggemacht hatten.

Sie war eine genauso herzliche Person wie ihr Ehemann. Ich hatte gerade einmal eine halbe Stunde mit ihr verbracht und sie hatte mich schon halb adoptiert. Und ihre heiße Schokolade war echt himmlisch.

„Australien hm?", sagte ich. Jake grinste mich an.

„Möglich, dass ich bevor du aufgewacht bist, mit deiner Freundin telefoniert habe und sie benachrichtigt habe, dass wir kommen", erklärte er. Ich blieb mitten in dem überfüllten Flughafen stehen. Meine Kinnlade klappte herunter und ich starrte ihn mit großen Augen an.

Er lachte wegen meines Gesichtsausdrucks und packte dann meine Hand. Er zog mich weiter zum richtigen Ausgang.

„Du willst sie doch nicht warten lassen oder?", neckte Jake. Ich liebte es, wenn er das tat. Dann glitzerte Schalk in seinen Augen und auf seinen Lippen lag immer ein schelmisches Grinsen.

„Und wo schlafen wir?", hakte ich nach, während wir auf den Parkplatz liefen. Die Hitze erschlug mich förmlich und ich bemerkte, wie ich schon begann zu schwitzen.

„Bei Aiden. Er hat nämlich ein Gästezimmer und da passt es perfekt", erklärte jemand, der auf jeden Fall nicht Jake war. Dafür klang die Stimme viel zu weiblich. Ich strahlte und schaute nach vorn, wo sie lässig gegen ein alten Oldtimer lehnte.

„Talia!", rief ich und stürmte auf sie zu. Wir fielen uns in die Arme und ließen uns auch eine Zeitlang nicht los. Gut, wir kannten uns nicht lang und hatten auch kaum Zeit miteinander verbracht und doch verbanden uns einige Dinge. Außerdem hatten wir öfters telefoniert oder gechattet.

Jake und sie schüttelten sich bloß höflich die Hände. Wir stiegen in den Oldtimer und Talia brauste los. Ich musste sagen: Ihr Fahrstil war gewöhnungsbedürftig, allerdings waren wir wahrscheinlich 20 Minuten früher da, als bei jedem anderen.

Aiden lebte in einem kleinen Haus mit einem süßen Vorgarten. Der Rasen war gemäht und die buntesten Farben sprangen mir entgegen. Das Haus selbst hatte eine babyblaue Farbe und eine knallrote Tür. Talia schloss sie auf und ließ uns den Vortritt. Ich hob grinsend die Augenbrauen und deutete auf den Schlüssel. Sie verdrehte die Augen und zuckte dann möglichst desinteressiert mit den Schultern. Jake beobachtete das ganze argwöhnisch und gleichzeitig verwirrt.

„Der Garten ist echt schön", sagte ich bewundernd. Ich hatte mir immer einen Garten voller verschiedener Wildblumen gewünscht, allerdings war nie von Belang, was ich wollte. Der Garten sei die Visitenkarte einer Familie. Also gab es bei uns perfekt gemähten, sattgrünen Rasen und tausend angepflanzte Blumen, die in Reih und Glied wuchsen.

„Ja nicht wahr? Vor ein paar Monaten war das hier fast schon eine Bruchbude, aber dann haben Aiden und ich unsere ersten Gehälter bekommen und dachten wir könnten dem ganzen einen neuen Anstrich verpassen. Wir haben das Haus und die Haustür gestrichen, auch ein paar Zimmer und mal den Rasen gemäht. Und zack sieht es doch viel einladender aus", erzählte Talia, während sie uns die Treppe hochführte.

„Ihr seid sicher todmüde, oder? Ich zeig euch das Gästezimmer. Ihr könnt euch ein bisschen ausruhen. Aiden muss noch Jess von der Schule abholen und ich hab Dad versprochen heute nochmal bei ihnen vorbeizuschauen. Also fühlt euch wie zuhause."

Sobald sie uns alleine im Gästezimmer ließ, schmissen wir uns auf's Bett und schliefen augenblicklich ein.

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In dem Dorf in dem ich gerade bin, gibt es zufälligerweise ein Haus mit babyblauem Anstrich und einer roten Tür. Zufall? Ich denke nicht. (tbh ich fand das haus einfach mega schön)

Ein kleines Quiz für euch: In den nächsten Kapiteln geht es um ein Thema. Dieses Thema ist der Titel eines Films mit dem besten Freund eines Werwolfes und der Schauspielerin, die Erin im Trailer vertritt. Bin gespannt :)


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