Kapitel 9

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Montag. Erster Schultag.

Tamara hat mir alle Unterlagen besorgt, die ich brauchte und wurde sogar noch kurzfristig in der West High aufgenommen.

Sophie gab mir ein paar ihrer Klamotten, die ich anziehen konnte. Man merkte sofort, dass mich dieser 80er Style komplett veränderte. Zwar nicht unbedingt negativ, aber es war anders.

Heute war der Tag, an dem alles anders wurde, zumindest fühlte es sich so an. Ab heute würde ich offiziell hier leben. So, als wäre das meine zweite Chance für ein neues Leben.

So sehr es mich beängstigte, dass ich vielleicht nie wieder meinen Dad oder meine Freundinnen sehen könnte, fand ich es auch irgendwie aufregend.

"Claire du siehst heiß aus. Du wirst den Jungs die Herzen brechen mit dem Outfit." meinte Tamara und lachte.
"Das bin ich zwar so gar nicht, aber...mir gefällt's. Okay, lass mal Selfie machen."
"Was soll ich machen?" fragte Sophie irritiert und ich sah sie fragend an.
"Was? Hä?"
"Du hast gerade gesagt 'Lass mal Sophie machen'!"

Ich lachte.
"Nein! Selfie. Ein Foto. Von uns dreien. Erster Schultag für mich, das muss man doch festhalten."
"Achso." lachte Sophie. "Ja, du hast Recht. Aber schick mir dann auch einen Abzug, ja?"

Ich hob eine Augenbraue.
"Abzug? Ja, klar. Wenn ihr einen USB oder Wireless Drucker habt...?"
"Dann machen wir erst mit unseren alten Kameras und danach mit deinem Handy...Ding." meinte Tamara und das war eindeutig die schlauste Idee.

Sophie holte also ihre Kamera und ich hielt sie erst in Selfie Position, aber ich hatte das Gefühl, dass es völlig verwackelt war. Also gab es erst ein Foto mit mir und Sophie und dann eins von mir und Tamara.

Schließlich holte ich mein Handy und schoss von uns zu dritt mindestens 30 Selfies mit allen möglichen Grimassen und teilweise waren auch normale Bilder dabei.

Danach sahen wir uns die Bilder an und die, die nichts geworden sind, löschte ich.
"Das ist wirklich eine super Entwicklung, dass man sich die Fotos danach ansehen und beliebig löschen kann. Vielleicht ist deine Zeit doch nicht so schlecht." fand Tamara und ich grinste.
"Ja, das hat schon so seine Vorteile."

"Jetzt aber los, sonst kommst du an deinem ersten Schultag zu spät."
"Jaja, ich brauche nur zehn Minuten zur Schule." Ich verdrehte die Augen.
"Du musst ja nicht auf den letzten Drücker kommen, oder?"
"Na gut, ich bin ja schon weg. Ich weiß zwar noch nicht, wie lange ich heute Unterricht habe, aber es kann sein, dass ich danach sofort arbeiten gehe. Also vielleicht sehen wir uns erst spät am Abend."

"Okay. Dann also viel Spaß." wünschten mir die beiden und ich ging dann mal los in Richtung Schule.

Zuallererst ging ich zum Sekretariat, das leicht zu finden war, da es immer noch in dem selben Raum war.

"Guten Morgen. Ich bin hier, wegen..." fing ich an, wurde aber unterbrochen.
"Ach, du bist die Neue Schülerin, nicht wahr? Ja, dann brauchst du natürlich deinen Stundenplan."
Ich schwieg und wartete bis sie den Stundenplan aus einer Schublade herausgekramt hatte.

Sie überreichte ihn mir mit dem Schlüssel für meinen Spind und lächelte mich strahlend an.
"Soll ich dir noch zeigen, wo dein Spind und die Räume sind oder...?"
"Ich glaube, das schaffe ich schon, aber danke. War das sonst alles?" Sie nickte. Hey, das ging schneller als erwartet.
"Viel Spaß beim ersten Schultag."
"Danke, Wiedersehen."

Ich ging aus dem Sekretariat und sah auf den Stundenplan. Wenn sich die Räume nicht geändert hatten, musste ich mich eigentlich perfekt zurechtfinden. Und die Spind Nummer dürfte auch einfach zu finden sein, da meine alte - oder zukünftige - Nummer nur wenige entfernt war.

Mein erstes Fach war Geschichte und es kam eigentlich das dran, was wir das Jahr davor gemacht hatten, also war es wirklich einfach. Da ich alle Schulbücher von Sophie und Tamara sozusagen second-hand haben konnte, brauchte ich sie mir weder neu zu kaufen noch auszuleihen.

Nach Mathe und Fashiondesign war dann Pause und ich musste sagen, dass ich nicht so genervt bin wie sonst in der ersten Pause. Der Unterricht macht viel mehr Spaß als sonst. Sogar Mathe! Nicht, weil wir machen durften was wir wollten oder so, sondern weil alles besser erklärt wurde und in Geschichte hatte Ms Brown so spannend und interresant erzählt, dass ich beim Zuhören völlig versunken bin.
So interessant fand ich den zweiten Weltkrieg noch nie, vorallem hatte ich diese Details noch nie gehört.

Ich setzte mich auf eine Bank unter einem Baum und nahm einen Apfel aus meiner Tasche. Dieser Platz war wirklich mega schön. Zwar war es etwas schattig, aber es war schon ziemlich heiß, also war ich froh darüber. Aber man konnte von hier den ganzen Schulhof überblicken.

Das hatte ich noch gar nicht bemerkt in all den Jahren, in denen ich auf die Schule ging. Gab es diesen Baum in der Zukunft überhaupt noch? Ich war mir nicht sicher.

Normalerweise saßen hier vor dem Schulgebäude die ganzen Streber und Außenseiter, während alle anderen entweder Fußball spielten, an den Tischen saßen oder auf der Wiese rummachten.

Hier war es ganz anders. Der Fußball Platz war noch nicht errichtet, die Wiese wurde stattdessen als Spielfeld benutzt und die Tische standen auch wo anders. Anscheinend gab es hier keine Ausgegrenzten.

Es dauerte eine Weile, bis ich kapierte, das ich hier die Außenseiterin war. Ich saß alleine hier rum unter einem Baum, während alle anderen Spaß hatten.

Eigentlich hätte ich mich jetzt schlecht fühlen müssen, doch so war es erstaunlicherweise nicht. Es war ja nicht so, dass sie mich ausgrenzten, weil ich ein Freak war. Sie kannten mich einfach noch nicht. Wie hätte ich es auch anders erwartet? Ich war neu hier. Und es würde noch eine Zeit lang so bleiben. Außerdem fand ich dieses Plätzchen echt bequem und traumhaft schön. Es war jetzt schon mein absoluter Lieblingsplatz von dem ganzen Schulgebäude.

"Hey, du sitzt ja ganz alleine hier. Claire, richtig?" fragte mich das Mädchen, dass neben mir in Fashiondesign saß. Ich nickte.
"Ja. Und du bist...tut mit leid, ich habe deinen Namen vergessen."
"Jessica. Aber kein Problem. Du kannst dir an einem Tag ja nicht sofort alle Namen merken. Darf ich mich zu dir setzen?"

Ich nickte und lächelte.
"Ich habe gehört, du hast davor in New York gelebt. Ich war leider noch nie da."
"Eine sehr schöne Stadt. Aber auch recht gefährlich, ganz im Gegensatz zu hier." meinte ich, aber das war für sie auch nichts Neues.

"Du wirkst so ganz anders als die Leute hier, aber ich komme nicht darauf, was es ist."
"Ich bin eine Zeitreisende. Ich komme aus der Zukunft." sagte ich wahrheitsgemäße, aber sie lachte nur. Nun ja, ich konnte es ihr auch nicht verdenken.
"Du hast Humor, finde ich gut."

Es klingelte zum Pausenende und wir standen auf.
"Was hast du jetzt?" fragte sie mich und ich blickte auf meinen Stundenplan.
"Sport bei Mr Webber. Und danach Fotografie bei..."
"Mrs Garner. Stark, ich auch. Dann sind wir zusammen in zwei Kursen am Montag." Sie lächelte und ich konnte nicht anders, als mit zu lächeln.

"Ja, das ist cool."
"Also viel Spaß in Sport. Wir sehen uns dann in Fotografie."
"Ja, bis später."

Sport. Na toll. Ich war zwar nicht besonders unsportlich, aber das Gegenteil konnte ich auch nicht behaupten. Ich konnte nur hoffen, dass ich nicht die schlechteste bin und mir die Sportart für dieses Semester liegt. Bei Handball oder Basketball kann ich gleich aufgeben, das habe ich schon immer gehasst, aber sonst hätte ich sogar eine Chance, gute Noten zu bekommen.

Love between Time ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt