Kapitel 19 ~ Aufbruch

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Die Tage, die wir in Lothlorien verbrachten, vergingen, doch die Zeit schien still zu stehen an diesem Ort. Ähnlich wie zuvor bei Elrond in Bruchtal konnte ich nicht genug bekommen, von den wunderschönen Gärten und Bauten der Elben und wanderte umher, wann immer es mir möglich war. Oft streifte ich durch die Wälder, abseits von Caras Galadhon und genoss die Reinheit und Kraft, die an diesem magischen Ort zuhause waren.
Die weiße Herrin Galadriel und auch Celeborn hatten wir nicht mehr gesehen, doch ließen sie uns mitteilen, dass wir bleiben durften, so lange wie es uns beliebte. Und so blieben wir einige Wochen ...
Wochen in denen wir Kraft tankten und uns für die letzte Etappe nach Gondor rüsteten.
Haldir hatte in dieser Zeit kaum noch ein weiteres Wort mit mir gewechselt und beinahe glaubte ich, den Morgen mit ihm erträumt zu haben, doch wann immer ich in die Wälder ging und mein Weg mich weiter und weiter führte, spürte ich, dass mir jemand folgte und ich war mir sicher, dass es der Grenzwächter war, der ein Auge auf mich hatte und Acht gab.
Legolas hingegen übte sich in schlechter Laune und musterte mich häufig mit düsterem Blick, bis er bemerkte, dass ich ihn ansah und er seine Augen auf etwas anderes starren ließ. Am Ende der fünften Woche dann sprach er mich morgens beim Frühstück an: „Es wird Zeit weiter zureisen. Denethor und Gondor sind noch weit entfernt und der Weg wird lange dauern. Wir sollten uns bald auf machen und uns von Herrin Galadriel und Lorien verabschieden."
Ich nickte ihm zögerlich zu, doch mein Blick ging an ihm vorbei und ich erkannte den Wächter, der uns heimlich belauschte und mich nachdenklich anzusehen schien, bevor er im Schatten eines Mallorn verschwand.

Nach drei weiteren Tagen war es soweit und Legolas und ich baten um ein weiteres Treffen mit der Herrin des Waldes, um unseren Dank auszusprechen und 'Auf Wiedersehen' zu sagen. Der Elb, der uns die Treppe zur königlichen Ebene hinaufführte, war mir fremd und ich war beinahe enttäuscht, dass es nicht Haldir war, schließlich hatte ich ihn vor drei Tagen, als er uns belauscht hatte, das letzte Mal gesehen und ich wollte mich wenigstens von ihm verabschieden. Warum mir das so wichtig erschien, wusste ich nicht, doch es verwirrte mich, dass ich einen Kloß im Hals spürte, wenn ich an den Morgen mit ihm dachte und an all die Schönheit, welche er mir zeigte.

Frau Galadriel nahm uns lächelnd in Empfang und schien ehrlich betrübt darüber, dass wir schon abreisen wollten, doch auch sie wusste, dass die Zeit voran ging und wir getrieben waren, weiter zuziehen.
„Nicht ohne meine Hilfe sollt ihr den Weg nach Gondor gehen. Reist am Morgen in zwei Tagen ab und ich werde euch auf eurer Fahrt etwas mitgeben, was euch den Weg erleichtern sollte." , schlug sie vor. Legolas blickte erstaunt zu der weißen Elbin auf.
„Wir sind es kaum würdig, ein Geschenk der hohen Herrin anzunehmen, doch kann ich nicht sagen, dass es mich nicht erfreuen würde, etwas Unterstützung auf dieser Reise zu haben." , erwiderte Legolas und auch ich wollte gerne noch zwei Tage bleiben, um die Hilfe anzunehmen.
„Ihr seid mehr als bloß würdig, doch wird euch dies erst noch bewusst werden, wenn mehr Zeit vergangen und eure Reise zu der nächsten führen wird. Wie wichtig ihr für Mittelerde seid werdet ihr erst später erfahren, doch werdet ihr es erfahren und dann an meine Worte denken. So bleibt nun noch zwei Nächte. Genießt die letzten Stunden und tankt ein letztes Mal die Kraft. Es wird euch gut tun." , sprach Galadriel und auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich begriff wovon sie sprach, sah sie mich unentwegt an und fesselte mich mit ihrem Blick.
Legolas verneigte sich und der Elb, der nicht Haldir war, brachte uns zurück zu der Treppe und hinab.

„Also noch zwei Tage." , sagte Legolas als wir vor unseren Gasthäusern standen.
„Was meinst du ist es, was uns die weiße Herrin mit auf die Reise zu geben gedenkt?" , fragte ich ihn leise.
„Das weiß nur sie. Doch egal was es sein wird, es wird uns von großem Nutzen sein." , antwortete Legolas mir.
„Davon gehe ich aus." , sagte ich lächelnd und endlich lächelte auch Legolas wieder.
An diesem Abend nahm ich mir vor, den letzten vollen Tag im goldnen Wald voll auszukosten und noch einmal umher zuwandern.
Gepackt hatte ich bereits und so stand ich noch vor dem ersten Licht der aufgehenden Sonne auf, zog mich rasch an und lief auf Zehenspitzen, im Schatten der großen Bäume, zu der verstecken Treppe, zu der mich Haldir an jenem Morgen geführt hatte. Ich war schon oft an ihr vorbei gegangen und hatte bloß einen raschen Blick darauf geworfen, doch kein Mal ging ich hinauf, um noch einmal das Schimmern zu bewundern. Weshalb ich es ausgerechnet an diesem Morgen tat und was mich wirklich antrieb, konnte ich nicht in Worte fassen, doch mein Herz überschlug sich regelrecht vor Vorfreude auf den Anblick und bei der Erinnerung an das letzte Mal. Oben angekommen kletterte ich auf den dicken Ast, der mir zuvor schon als Ausguck gedient hatte. Keine Sekunde zu früh blickte ich gen Osten, als die ersten Strahlen der Sonne über dem Anduin aufgingen und den Fluss in silbernes Licht tauchten. Immer weiter erstreckte sich der Schein und entzündete weitere Lichter, die schimmernd leuchteten.
Es war genau so beeindruckend wie beim ersten Mal und bei dem Gedanken die Sonne vielleicht niemals wieder über dem goldnen Wald aufgehen sehen zu dürfen kamen mir die Tränen. Dann überkamen mich Gedanken, die mich in alte Zeiten und andere Orte zurückführten und ich erinnerte mich an viele Dinge, doch nichts von alledem war vergleichbar mit der puren Schönheit dieses Landes.
„Du bist zurückgekommen." , flüsterte plötzlich eine Stimme und riss mich aus all den Erinnerungen und Gedankenströmen, um mich ins Hier und Jetzt zurückzuholen. Erschrocken wandte ich mich um und wischte mir in letzter Sekunde eine Träne von der Wange.
„Haldir!" , brachte ich erstickt hervor und versuchte meine Gefühle zwischen purem Glück, Erschrockenheit und Verwirrtheit zu ordnen.
„Ich hatte gehofft du würdest noch einmal hinaufkommen." , sprach der Elb, ohne seinen Blick von mir abzuwenden und ohne auch bloß eine Regung seines Gesichts zuzulassen. Wieder schien er mit dem Licht um die Wette zu schimmern und mich mit seinem Blick anzuziehen.
„Ich wollte es noch ein einziges Mal sehen." , erwiderte ich unverständlich.
Er nickte. Dann setzte er sich neben mich auf den dicken Ast und senkte seinen Blick endlich.
„Ich hatte gedacht, ihr würdet heute bereits abreisen." , sagte er.
„Das wollten wir. Die weiße Frau hat uns jedoch geraten erst morgen früh fortzugehen, damit sie uns etwas Nützliches mit auf den Weg geben kann." , antwortete ich ihm. Das Schimmern des Morgens verglühte langsam und wich dem Goldschein Loriens, doch nahm ich es kaum wahr.
„Was kann das sein, was euch die Herrin geben will?" , fragte Haldir weiter und blickte mich nur kurz an.
„Ich weiß es nicht. Legolas kann es sich auch nicht denken. Wir müssen uns überraschen lassen." , sagte ich und versuchte mich an einem gequälten Lächeln. Haldir richtete seinen Blick in die Ferne, an mit vorbei, dann lächelte er kurz, als hätte er einen Entschluss gefasst und sah mich direkt an.
„Du bist oft durch unsere Wälder gewandert." , wechselte er das Thema.
„Ähm, ja, das bin ich. Woher weißt du das?" , fragte ich ihn, obwohl ich ganz sicher war, dass er mich verfolgt hatte.
„Nun, ich bin meiner Pflicht nachgekommen und habe die Grenzen des Waldes bewacht." , antwortete er gekonnt und das erste Mal lag Leichtigkeit in seiner Stimme.
„Es ist also deine Pflicht, die Gäste deiner Herrin im Wald zu verfolgen?" , fragte ich ihn lachend.
„Nicht immer." , gab er zu und musste auch lachen. Ich mochte es, wenn er lachte und ich wusste, dass ich in diesem Moment etwas Dummes tat, wenn ich nicht sofort die Treppen wieder hinab ging, doch ich konnte nicht gehen und diesen schönen, leichten Augenblick zerstören.
Einen Moment schwiegen wir, keiner von uns wusste etwas zu sagen und es war in Ordnung, wie es war, für diesen einen Moment. Dann erhob sich der Elb und verneigte sich vor mir, bevor er mir tief in
die Augen blickte.
„Mädchen des Westens, ich bin froh deine Bekanntschaft gemacht zu haben und ehrlich traurig, dich morgen bereits fortgehen zu lassen. Warum ich so fühle und was mich an dir so fasziniert, dass weiß ich selber nicht und wahrscheinlich ist es genau dies, was mich verwirrt und anzieht. Ich gehe nun und hoffe auf das Beste, denn Legolas ist mein Freund und will ich seinen Zorn nicht auf mich ziehen. Ich weiß, er empfindet viel für dich." , sagte er und sprach damit genau das aus, was auch ich fühlte. Mit offenem Mund blickte ich ihn an, schüttelte vorsichtig den Kopf.
„Ich ..." , begann ich, doch nichts sinnvolles wollte über meine tauben Lippen gelangen. Wieder schwirrte mein Kopf und die Gedanken schwammen umher, wie in einem Glas, welches viel zu klein war, für diese Fülle und Größe. Ich dachte an Legolas und an die Gefühle, die ich für den Waldelben hatte, doch Haldir machte es mir nicht einfach auch nur einen Gedanken klar zu sehen.
Dann nickte ich bloß und Haldir verschwand ohne ein weiteres Wort des Abschiedes. Ich war froh, dass nicht mehr passiert war und doch war ich traurig und enttäuscht darüber.

Anders als geplant verbrachte ich den ganzen restlichen Tag dort oben und ging erst zum Abendessen wieder hinab.
„Wo warst du?" , fragte Legolas mich mit einer Spur von Sorge und Ärger.
„Auf einem Baum." , antwortete ich knapp und setzte mich zum Essen.
„Ich habe dich gesucht." , sagte er, ohne sich ebenfalls hinzusetzten.
„Weshalb?" , fragte ich. Der Elb zögerte.
„Weil ... Du warst eben weg. Ich wusste nicht wo du warst, also habe ich dich gesucht." , sagte er beinahe zornig und ließ sich neben mir nieder.
„Das tut mir leid." , gab ich zu und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Es freute mich, dass er sich sorgte, doch machte es mir auch ein schlechtes Gewissen, dass ich mit Haldir, seinem Freund, zusammen gewesen war.

Die Nacht verging schnell und traumlos, sodass ich erholt und frisch am Morgen der Abreise erwachte.„Steh auf." , rief Legolas von draußen zu mir herein, doch ich war bereits fertig und trat mit einem breiten Lächeln auf den Lippen zu ihm hinaus. Ich wollte der Trauer, die sich um mein Herz zog, keinen Einlass gewähren.
„Guten Morgen." , sagte er verblüfft und musterte mich.
„Guten Morgen." , antwortete ich ihm und wir machten uns gemeinsam mit einigen Elben aus der Garde, wie zuvor abgesprochen, auf den Weg zum Treffpunkt am Fluss, an dem wir uns mir der Herrin des Waldes zu treffen hatten.
Schnell hatte ich einen Überblick über die sechs Wächter, die uns begleiteten und wurde mal wieder enttäuscht, denn Haldir hatte sich nicht darunter befunden. Ich musste mich langsam an den Gedanken gewöhnen, den Elb und auch den Wald, nicht mehr wieder zusehen, jedenfalls für die nächste, lange Zeit.
Wir gingen einen Pfad, der uns quer durch den Wald führte und erreichten unser Ziel bereits nach zwei Wegstunden. Schon von weitem erblickte ich die strahlende Schönheit Galadriel's und wieder einmal ließ sie mich staunen. Hier nun sollten wir das Reich Lorien also verlassen.
„Elanor und Legolas, es freut mich, euch nun auf eine weitere Etappe eurer gemeinsamen Reise schicken zu dürfen." , sprach sie und begrüßte uns mit leicht erhobener Hand.
„Wir danken ihnen, Frau Galadriel." , erwiderte ich und neigte meinen Kopf leicht.
„Nun, wie versprochen habe ich etwas, was ich euch mitgeben möchte." , sprach sie weiter und wandte sich langsam zur Seite. Ihre Hand deutete auf ein kleines, graues Elbenbot, welches sanft in den leichten Wellen des Flusslaufes schwankte, der in den Anduin mündete.
„Fahrt über den Anduin bis zum Rauros. Nehmt dieses Bot und eure Reise wird gelingen, bis ihr es nicht mehr benötigt und einen anderen Weg einschlagen werdet."
„Wir können euch gar nicht genügend Dank aussprechen." , antwortete Legolas, der als erster über sein Staunen hinweggekommen war.
„Es ist Dank genug, wenn eure Fahrt gelingt." , meinte Galadriel weiter, dann sah sie mich direkt an und ein kurzes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
„Doch ist dieses Bot nicht das Einzige, was ich euch mitzugeben vorhabe. Kein Geschenk ist es, eher eine Unterstützung, wie von dir, Legolas Grünblatt, gewünscht."
Galadriel hatte kaum zu Ende gesprochen und mein Blick hing noch immer an dem hübsch geformten, kleinen Elbenbot, da trat jemand zwischen den schimmernden Bäumen hervor und ins Licht.
„Ich schicke euch meinen besten Mann mit auf den Weg. Er wird euch ein guter Gefährte sein, bis ihr nach Minas Tirith kommt." , sprach Galadriel, doch ich hörte sie kaum, während ich in die leuchtenden Augen Haldir's blickte.

So, endlich mal wieder ein neues Kapitel ... :) Ich hoffe, wie immer, dass es euch gefällt ... Und ich möchte allen danken, die immer so fleißig lesen, voten und kommentieren... Das motiviert ungemein neben Abendschule und Beruf einiges an Mühe in diese Geschichte zu stecken ...
Übrigens ... dass der gute Haldir nun mitkommt, ist Craig Parker höchstselbst zu verdanken, der mich auf der Hobbitcon4 so geflasht hat, weil er einfach so verboten gut aussieht!!! o.O
Haha. xD
xxx Eleneya

Elanor - Mädchen des Westens [Mittelerde FF] Aktuell pausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt