Kapitel 04 ~ Wegbrot

402 37 2
                                    

„Dir ist bewusst, dass ich keinerlei Wert auf deine Begleitung lege?"

„Ist mir bewusst. Danke."

„Noch kannst du hier bleiben."

„Vergiss es, Elb."

Zerknirscht sah Legolas mich durch seine stechend blauen Augen an. Wir waren kurz davor endlich aufzubrechen, doch noch immer konnte er sich wohl nicht damit abfinden, dass ich mitkam.

„Ich werde mit dir kommen. Dir weder zur Last fallen, noch deine Fahrt behindern.Wie du ja weißt kann ich äußerst gut auf mich selbst aufpassen." , entgegnete ich ihm, während ich all meine Pfeile in den Köcher legte und meinen Bogen schulterte. Kurz huschte ihm ein wages Lächeln über die Lippen, welches jedoch sofort wieder verflog.

„Na schön. Mädchen des Westens, ich darf gespannt sein, was dieser Weg uns bringt." , sagte er und nickte mir zu.

Kurz darauf kam mein Onkel zu uns und geleitete uns bis zu dem kleinen Marktplatz in der Mitte des Dorfes, von wo aus wir aufbrechen wollten.

„Hast du alles dabei, Elanor?" , wisperte mein Onkel mit rauer Stimme und sah mich nun doch besorgt an. Die Freude und Zuversicht vom gestrigen Abend schien verflogen.

„Ich habe alles dabei, danke Onkel." , versuchte ich ihn zu beruhigen und zeitgleich den dicken Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken. Jetzt da es so weit war, hatte ich Angst dieses Dorf zu verlassen und meinen Onkel zurückzulassen.

„In Ordnung mein Kind. Dann macht euch auf den Weg." , sagte er und wandte sich nun an Legolas, der ihn ernst ansah. „Pass auf sie auf, Elbenprinz."

„Ich denke, auf ein Mädchen wie Elanor muss man nicht aufpassen, aber ich werde mein Bestes geben." , meinte Legolas und blickte auf mich herab. Dann nickte er wieder kurz, wandte sich ab und ging den Sandweg entlang, der uns aus dem Dorf zum Langquell führte.

„Bis bald." , flüsterte ich meinem Onkel noch zu und drückte seine Hand leicht, bevor ich ihm den Rücken kehrte und an der Seite des Elbenprinzen mein Dorf verließ.

Einige Anwohner sahen uns verdutzt an und murmelten hinter vorgehaltenen Händen, als wir den Weg passierten, denn keiner von ihnen hatte mitbekommen, dass ein Elb hergekommen war, doch das sollte mich nicht stören.

Immer weiter folgten wir dem Sandweg, der sich langsam verlor, den Fluss entlang, den Nebelbergen entgegen. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als Legolas sich endlich zu mir wandte und das Schweigen brach, welches zwischen uns stand.

„Wir folgen dem Fluss bis zu den Bergen dort hinten. Wir müssen soweit wie möglich von Mount Gundabad entfernt bleiben und ungesehen durch die Nebelberge gelangen. Gelingt uns dies, kommen wir in die Ettenöden, südlich des ehemaligen Hexenreiches Angmar. Es ist eine karge, unwirtliche Gegend, die von Trollen und Orks bewohnt wird. Wir schlagen uns von dort aus nach Süden durch, folgen dem Weißquell südwestlich bis zur letzten Brücke und schlagen von dort aus wieder einen Bogen nach Osten, an den Trollhöhen vorbei, bis Bruchtal. Wenn wir eilig genug gehen, ist es ein Marsch von etwa neun Tagen. Ich rechne mit dreizehn." , sagte der Elb und blickte mich beinahe freundlich an. Ich nickte kurz, um ihm zu signalisieren, dass ich verstand. Meine Gedanken hingen jedoch noch bei dem eben Gehörten. Das Hexenreich Angmar, die Ettenöden, die Trollhöhen, all dies waren Orte, die ich aus Geschichten kannte, die mir mein Vater häufig in Minas Tirith vor dem Einschlafen erzählt hatte. Schaurig ging es dort zu und oftmals kamen die Charaktere in den Geschichten nur knapp mit dem Leben davon.

„Warum gehen wir nicht auf dieser Seite des Nebelgebirges nach Süden und überqueren dort den Pass des Caradhras?" , fragte ich nach einer Weile, die ich nachdachte. Der Weg direkt nach Süden erschien mir sehr viel kürzer und auch sicherer, als durch die Lande der Orks und Trolle.

Elanor - Mädchen des Westens [Mittelerde FF] Aktuell pausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt