Kapitel 21 ~ Fangorn

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Ohne mich auch bloß umzusehen rannte ich hinter Legolas her. Noch immer hielt er meine Hand und zog mich weiter und weiter Richtung Westen, fort von unserem eigentlichen Ziel und fort von Haldir, der sein Leben für uns gegeben hatte.
„Haldir." , schluchzte ich und unterdrückte abermals die Tränen, die sich ihren gefühlvollen Weg bahnten. Doch wir mussten weiter laufen, weiter, fort von den Nazgûl, ansonsten wäre sein Opfer umsonst gewesen, wäre er umsonst gestorben.
„Komm weiter." , trieb Legolas mich immer wieder an, während die Sonne ihren Lauf des Tages langsam beendete und vor uns, rot scheinend, über den fernen Nebelbergen, unterging. Meine Beine wurde schwer wie Blei und doch liefen wir stetig weiter, ohne Rast zu machen.
„Ich kann nicht mehr." , keuchte ich nach stundenlanger Hast, bleib stehen und endlich stand auch Legolas still. Schmerzen durchzuckten meinen Körper von oben bis unten und meine Muskel krampften sich zusammen, nach all den Anstrengungen, doch der körperliche Schmerz war nichts im Vergleich zu der Trauer, die ich wegen des Wächters empfand.
„Sie werden hinter uns her sein. Wir müssen uns verstecken." , meinte Legolas nach einem kurzen Moment des Schweigens, doch er sprach ohne Kraft in der Stimme.
Erschöpft sah ich mich um, nicht fähig einen klaren Gedanken zu greifen, ohne Haldir vor mir zu sehen, der sich zwischen mich und die schwarzen, geflügelten Reiter stellte. „Und wo bitte willst du dich verstecken? Sie dich um! Hier gibt es nichts weiter als kleine Hügel und weite Steppen. Wir sind in Rohan, Legolas! Hier kann man sich nicht verstecken." , keifte ich beinahe in meiner Verzweiflung.
„Nicht in Rohan will ich mich verstecken. Wir müssen den Wald von Fangorn erreichen." , antwortete Legolas mir energisch.
Nun verstand ich endlich, weshalb wir Richtung Westen liefen, fort von unserem Ziel, und nicht nach Süden gewandt.
„Fangorn." , flüsterte ich leise. Mein Körper prickelte vor Anspannung, bei dem bloßen Gedanken an dieses Land. „Das schaffen wir nicht rechtzeitig, wir sind zwei Tagesmärsche von dort entfernt, die Nazgûl werden uns vorher finden. Und selbst wenn wir es vor ihnen schaffen, du weißt nicht, welches Grauen in diesen Wäldern umgeht."
„Wir müssen es wenigstens versuchen. Und die Geschichten, die man sich über diesen Wald erzählt, werden zumeist unter Einfluss von berauschenden Getränken weitergesagt. Ich glaube nur das, was ich in diesen Wäldern auch wahrlich zu Gesicht bekommen werde. Mach dir keine Sorgen." , versuchte Legolas mich zu beruhigen.
Einen kurzen Augenblick lang sah ich ihn an und wog die bestehenden Möglichkeiten, zu überleben gegeneinander ab.
„Na schön. Lass uns versuchen den Wald zu erreichen." , stimmte ich niedergeschlagen zu.

Und ohne weiter viel zu rasten, oder gar zu schlafen, rannten wir, so schnell mich meine Beine noch trugen, immer weiter in den Westen. Das weiter Land der Pferdemenschen nahm kein Ende und ich fürchtete mich vor den wachen Augen der Ringgeister, die ich hinter uns vermutete. Doch weder zeigten sie sich, noch riefen sie im Dunkeln nach mir.
„Meinst du, Haldir hat vielleicht überlebt und die Geister besiegt?" , fragte ich am Ende des zweiten Tages, während wir kurz hielten, um etwas Wasser zu trinken. Schon länger keimte die winzig kleine Hoffnung in mir und wuchs mit jedem Schritt, den wir taten, ohne den Nazgûl zu begegnen. Stumm sah Legolas mich an. Auch ihn schmerzte der Verlust seines langjährigen Freundes sehr, dass wusste ich, und doch wollte er es sich nicht anmerken lassen, dass es ihn so sehr traf.
„Keines Mannes Hand vermag es, einen der Nazgûl zu töten, so heißt es jedenfalls." , sagte Legolas und blickte an mir vorbei, in die Ferne. „Und doch habe auch ich einen winzigen Hoffnungsschimmer, der in meinem Herzen wächst. Haldir ist ein starker, ehrenhafter Elb. Er wollte uns beschützen, vielleicht ist es ihm gelungen. Doch denke ich nicht, dass er noch länger auf dieser Erde wandeln wird."
Ich nickte stumm. Auch ich glaubte nicht ehrlich daran, dass Haldir den Angriff überlebt hatte.
„Lass uns noch ein Stück laufen, dort hinten ist ein großer Hügel. Wenn wir es dort drüber schaffen, bevor die Sonne uns ganz verlassen hat, kannst du dich auf der Westseite etwas ausruhen. Morgen erreichen wir dann den Wald."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 01, 2016 ⏰

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