46.- Sommer im Winter

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Ein halbes Jahr später, 24. Dezember, London

"Hast du meinen Koffer?" fragte ich nervös, während ich mit Batman an der Leine kämpfte, der anscheinend an allem schnüffeln musste. Der Heathrow Airport war einfach mehr als überfüllt und Dean hatte es gerade so geschafft, sich bei der Gepäckausgabe nach vorne zu drängeln. "Ja!" rief er triumphierend und kam mit meinem bunten Blumenkoffer und seinem Gepäck angerollt. Erleichtert atmete ich aus. "Bin stolz auf dich." meinte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange, woraufhin er lächelte.

Wir hatten spontan beschlossen Aidan in London einen Besuch abzustatten. Er war nach der Rückkehr meiner Erinnerung schließlich zurück nach England gegangen, zwar ohne mich, aber ich wusste, dass er hier glücklich war. Und ich war es auch.
Noch viel mehr als glücklich. Dean und ich hatten wieder zueinander gefunden und es fühlte sich an, als hätte es diese drei schrecklichen Monate gar nicht gegeben.
Es waren zwar nicht alle Erinnerungen zurück gekehrt, ein paar Lücken gab es und würde es auch immer geben. Doch damit konnte ich mehr als leben.

Wir wohnten mittlerweile in einem kleinen Haus etwas außerhalb von Wellington.
Im Sommer waren wir draußen in unserem Garten und spielten mit Batman, Dean hatte gute Aufträge als Fotograf und ich hatte doch die Stelle bei Gerard angenommen.
Kurz gesagt: Es war alles perfekt.

Von Shay hatte ich seit dem Streit nichts mehr gehört und mit Christian verstand ich mich freundschaftlich sehr gut. Auch Dean und er kamen mit einander klar, weswegen wir vor einer Woche sogar zusammen bei uns gegrillt hatten. Vor einem Jahr wäre das schier unvorstellbar gewesen. Doch das Blatt hatte sich gewendet und ich fühlte mich endlich, als ich da angekommen wäre, wo ich hingehörte.

Die kalte Londoner Luft schnitt in mein Gesicht, als wir die heiße Halle des Flughafens verließen. Eine völlige Umstellung, da in Wellington gerade Hochsommer war.
"Ich hasse es hier." motzte Dean und winkte eins der Taxis herbei. Ich musste lachen. "Jetzt sei doch nicht so. Noch keine Stunde im Land und schon meckerst du rum. Freu dich doch auf Aidan." versuchte ich ihn aufzumuntern.
"Der ist eigentlich der Grund mich nicht zu freuen. Ich will nicht wissen, wie es bei dem aussieht."
"Man, jetzt aber." Empört schlug ich ihm gegen die dick eingepackte Schulter und stieg in das Taxi ein.

"Wo darfs denn hingehen?" fragte der dunkelhäutige Fahrer und richtete seine Kappe auf dem Afro.
"Ruppert Street 56." erklärte ich und ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Weil es einfach ein gutes Gefühl war, sogar solche Kleinigkeiten zu wissen. Weil man sich erinnerte.

"Alles klar." Der Fahrer nickte und fuhr los. Dean nahm meine Hand in seine und begann mit meinen Fingern zu spielen. Wir schauten uns glücklich an, bis ich begeistert zum Fenster hinaus sah. London war und blieb einfach meine Lieblingsstadt. "Oh, guck mal. Da hinten ist das London Eye!" Dean lachte kurz. "Es ist so schön." seufzte ich. So ging das die ganze Fahrt über, da ich mich für alles begeistern konnte. Bis das Taxi in der kleinen Wohnstraße hielt und wir ausstiegen. Mit unseren Koffern und den Tüten in der Hand ratterten wir den Kiesweg zu Aidans Bungalow hinunter. Ich wunderte mich jedes Mal wie er es geschafft hatte, so ein Haus mitten in der zu finden. Gut, wir befanden uns in einem Außenbezirk was auch die Ruhe in der Wohnstraße erklären dürfte. Das Haus war zwar nicht groß, doch es hatte einen eigenen Garten, um den Aidan sich liebevoll kümmerte.

"Und jetzt?" fragte ich aufgeregt. "Soll ich klingeln?"
"Quatsch. Mach das ja nicht!" hielt Dean mich zurück. "Wir machen das anders." Also zückte er sein Handy und tippte eine SMS nach der anderen. "Mit wem schreibst du denn da? Was soll das? Lass mich doch klingeln." drängte ich.
"Musst du nicht. Auf drei rufen wir Überraschung, okay?" fragte Dean. Ich runzelte die Stirn, doch er begann schon zu zählen. "Eins, zwei..."
Da ging die Tür auf und wir riefen zusammen "Überraschung!"
Gegenüber von uns stand Aidan, gekleidet in einer schwarzen Jogginghose und die lockigegen Haare total zerzaust. Er war wohl gerade erst aufgestanden.
"Was macht ihr denn hier?" fragte er erstaunt und fuhr sich durch die Haare.
"Wir wollten dich besuchen kommen. Wir konnten doch nicht zulassen, dass du Weihnachten alleine feierst und Schöne Bescherung in Endlosschleife guckst." antwortete ich und umarmte ihn herzlich. Er schien immer noch ganz perplex wegen unseres plötzlichen Auftauchens, doch ich genoss seine Nähe.
Aidan war mir sehr wichtig geworden. Einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Fels in der Brandung. So dachte ich immer über ihn, denn er war immer für mich da.

Lost & Found (DeanO'Gorman ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt