8.- Gefrorener Schmerz

220 24 55
                                    

"Aufwachen."
"Nein. Bitte. Ich muss morgen schon früh aufstehen."
"Xenia, komm."
"Nein." Ich zog die Decke über meinen Kopf und versuchte wieder einzuschlafen, doch Dean hatte wohl etwas dagegen. Mit einem Ruck hatte er die Decke weggezogen und lehnte sich über mich. Ich öffnete vorsichtig eine Auge. "Na geht doch." meinte er zufrieden und küsste mich sanft. "Warum muss ich denn jetzt unbedingt schon aufwachen? Wir haben Sonntag." gähnte ich und drückte ihn von mir runter, um aufzustehen. "Aber wir haben heute auch noch was vor."
"Also mit Vorhaben könnte man aber doch auch den ganzen Tag im Bett liegen meinen, oder?" fragte ich und lächelte ihn unschuldig an.
"Das könnte man zwar und ich wäre dem auch wirklich nicht abgeneigt." Dean schwang sich aus dem Bett und stellte sich hinter mich, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben, "Aber man könnte auch an den Strand gehen darunter verstehen."
Ich seufzte. "Ist ja schon gut. Wir machen das gleich mit der Flaschenpost. Aber danach darf ich mir noch was aussuchen."
"Dann machen wir alles, was du willst." antwortete er und setzte sich an den kleinen Tisch, auf dem bereits unser Frühstück serviert war. Genüsslich biss er in sein Croissant. "Das mit dem guten Koch in der Beschreibung stimmt wirklich." Lachend setzte ich mich zu ihm und widmetete mich nun auch dem Frühstück.

Es war bereits Mittag, als wir unten am Strand ankamen und nun war hier definitiv mehr los, als am vergangen Tag. Im Wasser tummelten sich jetzt nicht nur die Surfer, sondern auch viele Badegäste. "Hast du denn überhaupt was zum Schreiben und eine Flasche dabei?" fragte ich und setzte mich in den trockenen Sand. Neben mir spielten zwei Kinder mit ihren Schaufeln und gruben ein großes Loch. "Ja klar. Ich habe an alles gedacht." bestätigte Dean und zog tatsächlich eine kleine, grüne Flasche aus seiner Tasche und ein Blatt Papier mit Stift. Kichernd klatschte ich in die Hände. "Bravo. Hätte ich nicht gedacht."
"Ach, sei du mal lieber leise. Du vergisst eines Tages noch deinen Kopf." nörgelte Dean und setzte sich neben mich. "Ja. Ist ja gut. Ich sag schon nix mehr." Glücklich rutschte ich ein Stück zu ihm und legte mein Kinn auf seine Schulter, während er das Blatt auf seinem Schoß ausbreitete und den Stift ansetzte. "Und was schreib ich jetzt?" fragte er plötzlich und drehte seinen Kopf, um mich anzusehen. "Was weiß ich denn." lachte ich. "Einfach das, was wir gestern gemacht haben. Es war doch immerhin deine Idee mit der Flaschenpost. Also bitte Monsieur, schreiben Sie." sagte ich und legte mich zurück. "Hm." Auf Deans Stirn bildeten sich ein paar Falten und er kaute auf dem Ende des Stiftes herum. "Komm, gib her." meinte ich und nahm ihm das Schreibwerkzeug aus der Hand. "Du sollst hier keine Doktorarbeit schreiben. Ich mache den Anfang und dann machst du weiter." Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten begann ich, alles Erlebte niederzuschreiben. Nachdem ich ein paar Sätze geschrieben hatte, übergab ich Dean meinen kleinen Aufsatz. "Da. Tu den in die Flasche und dann können wir ja das machen, was ich will."
"Du bist ganz schön stur, weißt du das?" Ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen und er schaute mich interessiert an.
"Nur weil ich will, dass wir gleich einen weiteren Punkt deiner fabelhaften Liste abarbeiten?" fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.
"Der da wäre?" Dean verstaute die Flasche wieder in seiner Tasche und stand auf, um sich den Sand von der Hose zu klopfen. "Siehst du dann. Und jetzt schmeißen wie die Flasche einfach ins Meer?"
Dean schien zu überlegen.
"Keine Ahnung. Du hast das so schön geschrieben. Eigentlich ist es zu schade, sie hier reinzuwerfen, nur damit gleich so ein kleiner Stinker." Er deutete mit seinem Kopf auf die zwei im Sand spielenden Kinder, "Das findet und liest. Das war ja eigentlich nicht der Sinn davon."
"Was hälst du davon, wenn wir die Flasche einfach verstecken. Ist dann zwar keine Post mehr, aber die Chance ist geringer, dass sie von den kleinen Stinkern gefunden werden." antwortete ich lachend und griff nach seiner Hand. So schlenderten wir den Badestrand entlang, bis wir zu einem abgelegen Abschnitt kamen, an dem sich außer uns keiner befand.

Das Meer streifte meine Knöchel und Dean summte leise eine Melodie vor sich hin. Ich riss mich von ihm los und rannte ein paar Meter vor. "Fang mich!" rief ich und lief weiter. "Was?" Perplex blieb er stehen und schaute mir hinter her, doch da hatte auch er verstanden und begann zu sprinten. Das Wasser, welches eben noch so ruhig an den Strand gespült worden war, spritzte nun wild in alle Richtungen unter jedem meiner Schritte. Dean kam mir immer näher und ich kreischte erschrocken. "Ich krieg dich!" schrie er, und ehe ich mich versah hatten sich zwei starke Arme um mich gelegt und ich wurde durch die Luft gewirbelt. "Dean!" quietschte ich. "Ja, so heiße ich."
"Lass mich runter!"
"Warum denn? Du wolltest doch, dass ich dich fange."
"Bitteeeee."
Er verlangsamte sein Tempo in dem er sich auf der Stelle drehte und hielt schließlich an. Vorsichtig ließ er mich runter und ich brauchte ein paar Sekunden, um mich wieder zu konzentrieren und nicht rückwärts ins Wasser zu fallen. Vorwurfsvoll schlug ich ihm auf den Oberarm. "Ich hab gesagt du sollst mich fangen und nicht schleudern."
"Aw, ist dir also schwindelig?" fragte er und lächelte schief. "Ja." Beleidigt senkte ich meinen Blick, doch da hatte er eine Hand unter mein Kinn gelegt und küsste mich innig. Ich legte meine Arme um ihn, aber er schob mich ein wenig weg. "Wir müssen wieder zur Sache kommen."
"Nah, du mit deiner dummen Flasche da." seufzte ich.
"Eines Tages wirst du mir sehr dankbar sein, dass wir das gemacht haben." Und ich wusste zu dem Zeitpunkt ja noch nicht, wie sehr...

Lost & Found (DeanO'Gorman ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt