Unperfekt

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Mit einem kräftigen Schwung öffne ich die Tür. Etwas zu kräftig, ich bin mit der Tür ein Stück nach hinten geflogen und klammere mich jetzt ziemlich komisch an ihr fest. „Okay, also in tollen Auftritten kann man dir nichts nachmachen. Nein aber jetzt ernsthaft, du siehst wunderschön aus!" Dabei lächelt mich Kyle mal wieder mit diesem ehrlichen Lächeln an und beugt sich zu mir runter um mich zu küssen. „Okay, was machen wir heute? Ich habe gedacht wir könnten..." Weiter komme ich nicht, da Kyle schon sagt: „Ne, ne, nichts sagen, auch wenn wir nicht zusammen sind: Ich bin der Mann und das ist ein Date. Also du musst nur mitkommen und schön aussehen." Ich will gerade etwas vom 21. Jahrhundert und Alice Schwarzer erzählen, doch er scheint es zu merken und unterbricht mich wieder, diesmal aber mit einem Kuss.
Nach etwa dreissig Minuten Autofahrt kommen wir an einem wunderschönen Strandabschnitt an. Ohne irgendwelche Leute. „Oh, picknicken wir jetzt am Strand?" frage ich neugierig nach.

Genau das Klischee-Date aber was solls. „Oh, wolltest du das? Mann, das hat mir meine Tante auch vorgeschlagen, aber ich dachte, das wäre zu normal... Ähm, also eigentlich wollte ich einfach weiter vorne in das kleine Restaurant gehen, es ist aber eher eine Bar mit essen, und habe gedacht wir könnten später einfach noch etwas an den Strand sitzen. Also eine Picknickdecke hätte ich dabei, wir können also schon noch Picknicksachen holen wenn du..." „Halt, halt, Kyle. Das ist perfekt. In meinem Kopf haben sich schon Sachen abgespielt, dass du jetzt wie in all den Büchern zu Hause gekocht und in Schokolade getunkte Erdbeeren mitgebracht hast und wir dann wie im High-School-Musical uns gegenseitig Trauben zuwerfen, die der andere mit dem Mund fangen muss. Was ich auch nicht schlimm gefunden hätte, aber es ist einfach nicht mein Ding. Aber Bar mit essen und nachher einfach Strand klingt perfekt. Ach, und falls Lucas je zu dir kommt und dich nach einer Date-Idee für Chris und ihn fragt, sag ihm genau das mit den Schokoerdbeeren. Das gefällt sicher beiden."

Dabei laufen wir langsam in die Richtung, in der ich das Restaurant vermute. Beim laufen nimmt Kyle die Hand in der ich nicht meine Schuhe trage und streicht mit seinem Daumen ganz leicht über meinen Handrücken. Super, meine Gefühle melden sich gerade wieder und verdrängen somit das Hungergefühl das langsam aufgekommen ist. Sobald ich aber das Restaurant sehe und vor allem rieche ist es allerdings wieder da. Es ist ein kleines Holzhüttchen mit Tischen und Laternen draussen und von drinnen kommt eine angenehme Musik. Kurzum: einfach perfekt. Als wir fertig mit essen sind, bezahlt er, und nein, ich habe nicht mit ihm diskutiert wer zahlt, sondern mich einfach bei ihm bedankt. Er ist schon den ganzen Abend etwas stiller. Aber es ist eine sehr angenehme Stille. Wir sind beide in unseren Gedanken und hören den Wellen und der leisen Musik im Hindergrund zu. Ich glaube, dass das ganze so einfach ist, macht es so schön für mich. Man merkt auch, dass weder er noch ich heute Abend unsere Masken tragen, wir sind einfach Kyle und Rose. Zwei ganz normale Teenager mit einer normalen Familie und generell einer ganz normalen Welt im Hindergrund, die einfach ganz heimlich die Zeit weiterlaufen lässt, ohne dass wir etwas mitbekommen.

Stunden später sitzen wir immer noch gemeinsam an dem Tisch und reden ab und zu über irgendwelche belanglosen Sachen, manchmal erzählen wir beide wieder etwas, was mehr Überwindung kostet, aber wir lasen beide einander unseren Freiraum und fragen auch nicht unnötig nach. Wir erzählen beide genau so viel, wie wir wollen. Auch im Wissen, dass das Sachen sind, die wir beide noch fast niemandem anvertraut haben. Als wir dann mit dem Auto vor meiner Tür stehen bleiben, frage ich ihn: „Willst du noch mit rein kommen? Wir können noch einen Film schauen, die Jungs sind sicher noch nicht hier." Er überlegt schnell und sagt dann: „Wir können auch zu mir, es ist schon später und ich hab ehrlich gesagt keine Lust, immer im Hinterkopf haben zu müssen das vielleicht in den nächsten Sekunden einer deiner Brüder im Zimmer steht, vor allem nicht, wenn wir einem Horrorfilm schauen und du dich bei mir im Arm versteckst." Mit meinen Worten: „Hallo, ich habe keine Angst vor Horrorfilmen!" fährt er los.

Okay, den letzten Satz könnt ihr vergessen Ich dachte immer, meine Brüder hätten schlimme Filme, aber Kyle... Mamma mia, ich zittere am ganzen Körper, obwohl seit sicher schon fünf Minuten der Bildschirm aus ist und ich die Hälfte des Films auf Kyles Brust gestarrt habe, die leider in einem T-Shirt versteckt war. „Das mit keine Angst vor Horrorfilmen hast du mir sehr gut bewiesen, Kleine." Als ich ihm darauf die Zunge raus strecke, erwidert er das grinsend und küsst mich plötzlich stürmisch. Langsam merke ich wie er, so wie auch ich, die Kontrolle verlieren. „Mhh, Kyle, ich weiss nicht, ob das eine gute Idee ist... Meine Brüder werden sich bestimmt schon fragen, wo ich bin, und ich muss morgen früh raus." Er schaut mich an wie ein kleiner Junge als er sagt: „Komm schon, ich schreibe deinen Brüdern, dass wir vor lauter lernen noch nichts gegessen haben und ich dich später nach Hause bringe. Rose, das letzte mal, als wir uns so richtig nah gekommen sind, waren wir beide sehr, seeeehhhhr betrunken. Ich will dich fühlen wenn ich nüchtern bin, oder sagen wir es so, nur von dir berauscht bin." Zuerst nicke ich nur, und bevor ich noch etwas sagen kann ist er schon aufgesprungen und ich sehe, dass ich eine neue Gruppennachricht vom „Blacks"-Gruppenchat auf meinem Handy habe. Sie ist logischerweise von Kyle und erklärt, wo ich bin.
„Schau Rose, ich mag dich mehr, als ich sehr wahrscheinlich sollte. Doch du weist genau wie ich, dass ich das schlecht sagen, geschweige denn zeigen kann. Lass es mich dir so zeigen..." Dabei drückt er mir seine Stirn an meine. „Was machst du nur mit mir, Rosalie Black, ich habe das Gefühl, du stellst alles auf den Kopf, was ich in meinem Leben so perfekt platziert habe." Ich merke, wie mir die Röte in die Wange steigt. Dieser Junge ist so gar nicht Prinz Charming, aber habe ich das je gewollt? Einen herausgeputzten Prinzen, der länger als ich vor dem Spiegel steht und mich auf einem weissen Pferd abholt? Nein, eindeutig nicht!

„Das hast du jetzt nur gesagt, weil du Sex willst. Gib's doch zu." Gebe ich überspielt von mir, doch innerlich sieht es etwas anders aus. Wenn man oft enttäuscht wird, verlernt man das Vertrauen in Taten und geschweige denn in Worte von Personen. Er sieht mir tief in die Augen und haucht mir einen federleichten Kuss auf die Stirn als er sagt. „Glaub mir, ich habe auch Angst. Angst vor der Macht, die ich dir gegeben habe. Mit dieser Macht kannst du mir genauso weh tun, wie ich dir. Doch ich vertraue dir. Vertraust du mir?" Mit all meiner Kraft ziehe ich ihn noch näher zu mir, küsse ihn und lasse mich fallen. Ganz tief, ohne jegliche Angst aufzuschlagen, denn da war jetzt jemand der mich auffangen würde. Mein unperfekte Prinz Charming: Kyle Hunter.





















Hei meine Lieben!❤️❤️
Danke euch 1000 mal für die tollen Kommentare und die vielen Votes! Und vorallem für die fast 200K😍😍❤️❤️💕🎉🎉
Ich hoffe euch gefällt das Kapitel und es geht euch gut!
LG Marlen

Rose, aber Rosalie für euch! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt