Etwas Menschlicher

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Mit verschlafenen Augen stehe ich langsam auf. Ach, sechs Uhr ist einfach zu früh um aufzustehen, doch meinem Wecker scheint das ziemlich gleichgültig zu sein. Müde schleppe ich mich ins Bad um wenigstens etwas menschlicher auszusehen. Nachdem ich geduscht habe und meine Haare nicht mehr wie ein Vogelnest aussehen, schnappe ich mir mein Handy und gehe runter an den Tisch. Neben dem Nutella-Brot liegt ein Zettel meiner Oma, auf dem sie mir schreibt, dass sie schon zu einer Freundin aufgebrochen ist um später mit ihr auf den Markt zu gehen. Welche Leute stehen freiwillig so früh auf, dass sie als erste auf dem Markt sind? Ich meine hallo, es ist jetzt dann sieben Uhr in der Früh!
Während ich versuche, so wenig wie möglich von der Nutella auf mein T-Shirt zu schmieren, schalte ich mein Handy wieder an. Ich hatte es gestern vor dem schlafen gehen ausgeschaltet, da es noch ein paar Mal vibriert hat.
Siehe da, es scheint als wollten wirklich ein paar Leute etwas von mir. Chris hat mir ungefähr 100 Mal geschrieben, ob ich wisse, was mit Kyle los ist, warum er schon nach Hause gegangen ist. In einer sms fragt sie mich sogar, ob ich denn auch bei ihm zu Hause sei, fragt aber gerade als nächstes, wer denn dieser Daniel sei. Ich schreibe auf ihre 100 Nachrichten ein einfaches: „Später in der Schule" zurück. Den Rest der Nachrichten schaue ich gar nicht an. Ich habe nämlich gemerkt, dass ich langsam los muss, wenn ich nicht zu spät kommen will. Es ist wieder einmal Zeit für mein Baby. Ich springe auf mein Longboard und fahre Richtung Schule. Es gibt nichts schöneres, als so zu fahren: mit offenen Haaren, die im Wind noch leicht trocknen und mit Musik. Musik, die nicht traurig oder verstörend ist sondern einfach happy. Musik, bei der man das Leben einfach geniesst. Jap, das brauche ich heute. Obwohl ich mir alle Mühe gebe, schaffe ich es nicht ganz, Kyle aus meinem Kopf auszublenden. Es scheint so, als würde mich alles an ihn erinnern. Sogar wenn ich nur nach unten auf mein Baby schaue: Er stand auch schon drauf.

Ach Rose, denk an was anderes, wie wär's mit der Deutschprüfung von Frau Miller? Die hast du in der ersten Stunde. Hast du das Buch überhaupt gelesen? Mein Unterbewusstsein hat es geschafft, mir ein schlechtes Gewissen zu machen und ich versuche, während der Fahrt auf Wikipedia die Zusammenfassung des Buchs zu suchen. Ich meine wer macht das nicht. Als würde es mich interessieren, warum die Montagues und die Capulets stritten. Was mich interessiert, ist die Lebensgeschichte, und die kennt ja jeder. Beide sterben am Schluss, Julia sogar zweimal. Doch Frau Miller wollte, dass wir uns in die Charakteren reinfühlen und sorry, aber wie soll ich mich in einen selbstverliebten Vollidioten wie Tybalt reinfühlen? Mhh, einfach an Kyle denken, schlägt mein Unterbewusstsein vor.

Während ich immer noch auf meinem Board balanciere, mit dem Handy in der Hand, komme ich dem Schulhof immer näher. Er ist schon fast leer, mit einem Blick auf meine Uhr merke ich auch wieso, es hat gerade geläutet. Also fahre ich ein bisschen schneller um ja nicht zu spät zu kommen, ich will ja den Drachen nicht wütend machen.
Völlig erschöpft vom rennen habe ich es gerade noch geschafft, auf meinem Platz zu sitzen. Chris ist auch erst am auspacken, also heute auch spät dran. Mit einem Blick nach hinten fällt mir auf, dass meine Brüder gar nicht da sind. Mit einem nicken nach hinten schaue ich Chris, die sich schon von mir weggesetzt hat, fragend an. Scheiss Prüfung. Chris formt mit dem Mund ein lautloses: „Suchen dich."

Ach scheisse, das habe ich ja total vergessen.Mit einem ziemlich lauten Ton schlage ich mir auf die Stirn. Frau Miller kommentiert dies gleich mit einem: „Tja, für die Einsicht, zu wenig gelernt zu haben, ist es jetzt leider zu spät, Rosalie." Ich lächle den Drachen ganz lieb an und sage: "Nein, tut mir leid, ich habe ihnen vergessen mitzuteilen, dass meine Brüder etwas zu spät kommen, da sie noch meine Grossmutter in den Spital bringen wollen. Sie sollten aber jeden Moment kommen."

Währenddessen schreibe ich heimlich unter meinem Tisch eine Nachricht an meine Brüder, in der ich ihnen mitteile, wo ich bin und warum sie angeblich zu spät kommen. Frau Miller nickt kurz und beginnt dann die Blätter zu verteilen. Eine Sekunde später wird die Tür aufgerissen und zwei mich ziemlich sauer anschauende Brüder stehen dort. „Jeremy, wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst anklopfen?" zischt Frau Miller ihn an. „Tut uns leid, wir wollten uns beeilen...", sagt Jeremy und Valentin fährt fort: „... damit wir möglichst wenig von ihrem Unterricht verpassen, das wäre ja sehr schade." Die meisten in der Klasse sind damit beschäftigt sich ein Grinsen zu verkneifen, während Frau Miller mit der Prüfung herum winkt und die Jungs somit auf ihren Platz scheucht. Als sie auf dem Weg nach hinten meinen Blick kreuzen, sehen mich beide immer noch ziemlich sauer an. Super, jetzt ist es schon soweit, dass ich wieder andere mit in meine schlechte Laune ziehe.

Chris und ich stehen genau gleichzeitig auf. Das haben wir häufig, da wir wirklich etwa gleich schnell mit unseren Prüfungen sind, und gehen somit vor meinen beiden Brüdern in die wohlverdiente Pause. Tja, Pause ist etwas anderes: Sobald ich die Tür hinter mir zuziehe schaut mich Chris schon erwartungsvoll an. „Draussen auf der Wiese? Wir haben jetzt ja gute 30 Minuten Pause." „Okay, aber ich will alles wissen." Nickend gehen wir Richtung Wiese. Ich werde nicht noch mal so, wie ich bis vor gut einem Monat war, ich werde mich selbst nicht mehr aufgeben. Nicht wegen eines dahergelaufenen Typs! Okay, war er nicht, aber ich werde nicht mehr alles in mich hinein fressen. Hätte ich schon das letzte Mal nicht machen sollen. Wenn ich mich einfach an die gewendet hätte, die für mich da gewesen wären, wäre ich nie so kalt geworden. Erst als Chris mir über die Wange wischt merke ich, dass mir einzelne Tränen runter laufen und wir schon an unserem Lieblings-Rückziehplatz angelangt sind.
„Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst, egal was gestern passiert ist oder was du gemacht hast. Du bist meine beste Freundin und ich bin deine. Du bist nicht alleine, okay. Du hast mich und Wanda, wenn sie wieder gesund ist." Ich schniefe einmal kurz und lächle sie an. Keine Ahnung, wie ich so jemanden überhaupt verdienen kann. Dankend nehme ich das Taschentuch und beginne zu erzählen. Dieses Mal alles, so genau wie es nur geht.

„Also ist dieser Daniel jetzt wirklich schwul?" will Wanda wissen. Sie hat uns vor etwa 20 Minuten angerufen um zu wissen, wie es uns geht und hört seither auch zu. „Ja ist er. Sind das die netten und heissen Jungs nicht immer?" gebe ich lachend zurück. „Was willst du jetzt machen, Rose. Und nein, du musst mich gar nicht fragen: Ich wusste schon immer, dass ich meinen Cousin nicht verstehe, aber dass ich ihn so extrem nicht verstehe... Uff, ich hatte ja keine Ahnung." Chris schaut mich fast schon entschuldigend an, als könnte sie etwas für ihren Cousin. „Mhh, ich habe keine Ahnung, am besten einfach warten und hoffen, dass diese Gefühle wieder weg gehen, oder?" „Dabei war ich mir so sicher, dass er genau das selbe fühlt wie du. Ich kenne meinen Cousin, seit ich auf der Welt bin und er hat sich noch nie so verhalten, wenn es um Frauen ging. Wenn du mich fragst, ist es irgend etwas, was in seinem Kopf herum spielt. Vielleicht ist er ja besessen? Nein aber ernsthaft, ich bin mir so sicher, dass er dich auch mag, also was heisst da mögen, ich reden von lieben." Chris schaut ziemlich entschlossen drein. Gerade als ich anfangen will Chris zu erklären, dass es mir nicht sehr viel bringt, wenn sie mir erzählt, dass ihr Cousin mich anscheinend liebt, gibt mein Handy einen Ton von sich. Da Wanda über das Handy von Chris dran ist, schaue ich neugierig auf die Nachricht.

Daniel: Hei, hei, Kleine. Wie geht es dir? Dein Kyle hat sich nicht mehr gemeldet bei mir. Schade, hätte wirklich gerne noch etwas mit ihm geschrieben :) Wie siehts aus, hast du heute Zeit?

Ohne Daniel zu antworten schaue ich nach oben und frage Chris: „Du triffst dich nach der Schule doch eh noch mit Lucas, wollen wir später einen Filmabend bei dir machen? Wanda, du kannst auch kommen, wenn es dir wieder besser geht. Dann mache ich nach der Schule noch etwas mit Daniel und er setzt mich dann bei dir ab." Fragend schaue ich Chris an. Nachdem Wanda uns mitteilt, dass ihre Eltern sie nicht raus lassen, wenn sie den ganzen Tag nicht in der Schule war, sagt Chris: „Ja klar, können wir machen, wird sicher toll. Ich habe eine Idee, Rose. Eine sehr gute Idee sogar." Dabei schaut sie mich ziemlich komisch an, so, als ob sie gerade einen Pakt mit dem Teufel abgeschlossen hätte. „Du machst ja was mit Daniel. Wenn meine Meinung stimmt, wird Kyle das ziemlich gegen den Wind gehen, haben wir ja an der sms gesehen gestern. Also fragst du Daniel einfach, ob er dich von der Schule abholt. Dann kann ich es dir auch beweisen." Während Wanda sagt, dass sie die Idee super findet, gebe ich misstrauisch von mir: „Und was bringt mir das, wenn du recht hast? Kyle wird es, auch falls es stimmen würde, abstreiten und ich mache mich nur lächerlich. Nach etwa zwei Minuten voller Überzeugungskraft von Chris und Wanda stimme ich dann zu und schreibe an Daniel:

Rose: Hei, hei, jaja es geht so. Klar, können wir machen. Holst du mich von der Schule ab?

Nach nicht mal zwei Sekunden kommt schon die Antwort von ihm. Lachend halte ich Chris mein Handy hin die ebenfalls zu lachen anfängt, genau wie Wanda, als ich sie ihr vorlese.

Daniel: Okay, Kyle eifersüchtig machen Part 2 startet jetzt.


















Hei meine Lieben❤️
Ich hoffe es geht euch allen gut und ihr habt nicht so ein Stress wie ich😁 Tut mit leid das es so lange gebraucht hat, aber ich wollte nicht schlechter schreiben weil ich weniger Zeit habe! Es kommt aber bald mehr😏
Danke für über 320K 😍😍😍 ich kann es immer nochnicht glauben❤️
LG Marlen

Rose, aber Rosalie für euch! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt