Gentleman-like

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Um mich herum wird getuschelt, die meisten schauen mich mit grossen Augen an. Das war es also mit nicht an den grossen Nagel hängen. Die, welche mich vorher argwöhnisch gemustert haben, lächeln mir jetzt falsch ins Gesicht, ach wie ich das hasse!
„Was, also das wusste ich ja nicht. Ich meine Rose, du weißt, das war nur ein Witz, das machen Frauen unter sich so." Während Ashley das sagt, fängt Chris neben mir schon lauthals an zu lachen. „Ja klar: Barbies tun das, aber es gibt da einen kleinen Unterschied zwischen Barbies und Frauen!" Meine Brüder stimmen auch in Chris' Lachen ein und nicken ihr zu. Im Augenwinkel sehe ich, wie Jeremy Ashley von sich weg schüttelt und dann zu mir und Chris sagt: „Warum sitzt ihr eigentlich an diesem Tisch? Unser Tisch ist doch dort vorne." „Ich hatte die Hoffnung, dass wenn wir nicht so nah am Tisch von Ashley sitzen, wir sie auch nicht sehen. Wie man sieht umsonst gehofft." Dabei grinse ich leicht in mich hinein und setze mich wieder hin, um mich meinem Essen zu widmen. „Komm schon Rose, ich will dass du bei uns bist. Wir haben schon ewig nicht mehr zusammen gegessen," sagt Jeremy und zieht dabei seine bestes Schmollgesicht. „Ähm, ich weiss ja nicht, in welchem Alter Alzheimer anfängt, aber das letzte Mal war gestern, Bruderherz." Lachend steht Chris auf und winkt mir zu auch zu kommen. „Komm Rose, es bringt eh nichts. Wir haben nicht lange Pause und ich habe keine Lust, meine Mittagspause damit zu verbringen, mich mit ihnen um die Platzwahl zu streiten." „Das sehe ich auch so", sagt Lucas und schaut darauf mit einem nervösen Lächeln zu Chris. „Das gilt nicht, du bist parteiisch und im Banne einer Frau." Daraufhin sehen mich Chris und Lucas böse an, während die anderen nur lachen. „Also gut, wenn du lieber alleine am Tisch sitzen willst... Du kannst ja rüberkommen", sagt Valentin, während er mit seinem überhäuften Tablett Richtung Tisch der Blacks geht. Chris will sich gerade noch zu mir umdrehen aber da wird sie schon von Jeremy und Lucas mitgezerrt.




Super, immer ich! Das war schon früher immer so: Erst bin ich stur und beharre auf etwas was eigentlich gar nicht wichtig ist und dann bereue ich es, habe aber einen zu grossen Stolz um es dann doch zu machen. Der Dank dafür? Alleine an einem leeren Tisch in der Mensa. Super! Die vorbeilaufenden Schüler schauen mir amüsiert zu, wie ich mein Essen in mich hineinschaufle. Als ich zu meinen Brüdern sehe, sehe ich plötzlich wieder diese Augen, die mich von Anfang an packten. Bevor mir genau klar wird, wie lange ich ihn schon anstarre, ist Kyle schon aufgestanden, hat sich die Händen an der Hose abgeputzt und läuft zu mir rüber. Die ganze Mensa schaut ihn fragend an, ebenso wie meine Brüder, die es wohl nicht gewohnt sind, dass er seinen riesen Berg Essen mal eben kurz stehen lässt. Als er bei mir angekommen ist, grinst er mich schief an und sagt: „Jetzt zeig ich dir mal, wie man sich Gentleman-like benimmt." Bevor ich merke, was passiert, hat er mich schon in seine Arme gehoben, was ich mit einem kurzen Aufschrei kommentiere und nimmt das Tablett in die andere Hand. Mit mir und meinem Essen spaziert er jetzt total lässig und in aller Ruhe zum Tisch rüber während ich mich vor Scham in seiner Halsbeuge verstecke und lache. Ich höre Chris schon von weitem sagen: "Wenn ich gewusst hätte, dass man so abgeholt wird, wäre ich auch sitzen geblieben."
"Du kannst gerne nochmal rüber gehen, ich trage dich dann wieder zurück", gibt Lucas grinsend von sich. Gerade als Chris tatsächlich aufstehen will, packt er sie an den Hüften und zieht sie zurück aber diesmal auf seinem Schoss. Ich gebe ein ziemlich lautes "Olala!" von mir und füge, natürlich völlig übertrieben, noch hinzu: „Ich will erst ab 18 Tante werden Lucas, vergiss das nicht." Darauf muss Kyle so laut lachen, dass ich erschrecke und wir fast zusammen hinfallen. „Pass lieber auf, dass du dann noch lebst!" gibt Chris trotzig zurück. Von Lucas' Schoss, versteht sich, den sie immer noch nicht verlassen hat.

Der Rest des Schultages verläuft ereignislos. Am Ende merke ich, dass es einen kleinen Nachteil gibt, dass ich meinen Brüdern verziehen habe: Ich habe heute nur etwa ein Drittel des Unterrichtes mitbekommen, da es die zwei lieben, mich zu ärgern. Als ich einmal kurz davor war ihnen alle Knochen zu brechen, weil sie auf die wahnsinnig tolle Idee kamen mich mit Tintenpatronen zu bewerfen und eine geplatzt ist, haben sie nur gesagt, ich müsse das verstehen sie hätten einiges nachzuholen. Den Rest des Schultags lief ich dann mit einem blauen Arm rum, worauf mich Kyle gefragt hat, ob ich sicher sei, dass ich nicht Blue zum Nachnamen heisse!
Am Abend, als die Jungs mich nur schnell nach Hause bringen wollten, blieben sie dann auch noch zum essen und wir redeten auch mit meiner Oma sehr viel über die vergangenen Zeiten.
Ich nehme gerade den letzten Bissen von meinem Brownie, nicht mein erstes mein drittes, aber zu meiner Verteidigung: Lucas greift gerade zum achten. Ich fühle mich so wohl gerade, ich glaube ich könnte in diesem Moment vor Glück platzen! Ich denke der Moment ist gekommen. Mit den verwirrten Gesichtern meiner Brüder im Rücken springe ich auf und renne mit einem „Ich komme gleich wieder!" in mein Zimmer. Ich hatte seit zwei Jahren Geschenke für meine Brüder, die ich habe machen lassen. Ich wollte sie ihnen eigentlich an ihren Geburtstagen geben, aber dazu kam es leider nicht. Nur aus Hoffnung hatte ich sie behalten und mitgenommen. Das Wort Hoffnung passt, denn ich habe für jeden von ihnen ein Anker-Armband in seiner Lieblingsfarbe. Für mich selber habe ich auch eins machen lassen, einfach mit etwas dünneren Seilen. Ich schaue sie mir nochmal an: Für Lucas habe ich eines mit braunem Leder als Band, da er braun liebt und es so zu ihm passt. Für Valentin und Jeremy habe ich ein olivegrünes und ein bordeauxrotes, da sie beide diese Farben lieben, können sie dann ja auch tauschen. Für mich selbst habe ich das ganz klassische in marineblau machen lassen. Jedes hatte in der Innenseite die gleiche Gravur: „L,V,J,R". In Windeseile gehe ich wieder zurück an den Esstisch mit den drei Schachteln in der Hand, meines habe ich in meiner Hosentasche versteckt. Wie ich gleich von Valentin erfahre, hat sich Oma hingelegt und wir sollten noch alle schnell die Küche machen. Da unterbreche ich sie aber gerade schnell: „Jungs, ich muss mit euch reden!" Alle heben ihre Köpfe und sehen mich neugierig und mit einer leichten Nervosität an, als hätten sie Angst, dass ich wieder weggehen könnte. „Schaut, ich hab mir Gedanken gemacht, und ich hab euch so vermisst. Ich habe aber immer noch das Gefühl, dass ihr immer damit rechnet, dass ich im nächsten Moment aufstehen und davon rennen könnte..." Die Jungs schauen mich an und Lucas bricht die Stille: „Schau Kleines, wir wissen einfach genau, was wir falsch gemacht haben, und ich für meinen Teil schäme mich extrem... Ich hätte das nie tun sollen, und ich glaube es ist einfach die Angst, dass du uns nie mehr wieder ganz vertrauen wirst und dass wir so alles kaputt gemacht haben." „Nein, bitte hör auf. Wir haben alle Fehler gemacht. Darüber will ich mit euch eigentlich gar nicht sprechen, sondern darüber, dass ich gemerkt habe, dass meine Zweifel, es könnte nie mehr so werden wie es war, sinnlos waren. Es hat sich nichts geändert, obwohl die Streiche der Zwillinge sich gerne ändern könnten. Chris hat ihren ganzen Tinten-Killer verbraucht, aber seht ihr das? Ich bin immer noch blau! Nein, also zurück zum Thema: Ich bin so glücklich euch wieder bei mir zu haben und ich denke, der Moment passt perfekt." Die Jungs, die jetzt alle schon viel lockerer und mit einem leichten Lächeln dastehen, schauen mich fragend an, die Angst war wie weg. Schön hätten wir das! „Also ihr wisst ja, ihr habt jedes Jahr alle etwas ähnliches von mir bekommen. Ein Jahr alle einen Pulli etc. Das vom letzten Mal konnte ich euch nie geben, aber voilà: Hier sind eure zwei Jahre zu späten Geburtstagsgeschenke." Die Jungs schauen mich mit grossen Augen an und reissen mir die Schachteln die ich verteile förmlich aus der Hand.

„Oh wow, Kleines, das ist der absolute Hammer!" schreit Valentin und Jeremy, der mich schon fast erdrückt, sagt dazu: „Die werde ich erst ablegen, wenn ich sterbe, meine Kleine." Meine Verteidigung meiner Grösse ging in der Gruppenumarmung unter. So jetzt kann kommen, was wolle und alles bleibt gut! Oder?











Hei meine Lieben!❤️
OMG ICH TRÄUME 7K😍😍
Ich danke euch 1000 mal für die ganze Unterstützung und die lieben Kommentare!!
Da 7 meine Lieblingszahl ist freue ich mich noch mehr!❤️
Ich hoffe das Kapitel gefällt euch und das ihr mein Buch immer noch gerne liest!
LG Marlen

Rose, aber Rosalie für euch! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt