Als ich klein war kannte ich nur homo oder hetero. Mein Vater war homophob und so lernte ich nicht viel über die Szene. Meine Mutter ist aufgeschlossener und so war ich selber auch nie homophob und sah es einigermaßen als normal an. Ich wusste von Anfang an, dass ich nicht lesbisch bin, da ich hin und wieder in Jungs verknallt war. Aber auch Mädchen fand ich schon immer interessant, doch ich habe es als Freundschaft abgetan. Außerdem habe ich eine leichte Neigung zu männlichen Wesen, weil ich mich bei Jungs mehr öffnen kann bzw schneller lockerer werde. Naja das zum Background.
Als ich 13/14 war wurde ich von meinen Mitschülern (meistens Mädels) geärgert und alle fragten mich, ob ich lesbisch wäre. Damals wäre ich gern androgyner gewesen. Dass meine Brüste größer waren als bei anderen half meinem Komfort nicht weiter, aber dazu vielleicht später mehr. Zudem war und bin ich ein großer Fan von Männerhemden. Das kommt wohl anscheinend lesbisch rüber. Meine Antwort zu dem Thema? "Nein, ich bin nicht lesbisch, aber wenn es ein nettes Mädchen gäbe, würde ich nicht nein sagen." Ich habe einfach die Wahrheit gesagt, ohne dass es mir komisch vorkam. Und ohne es zu wissen hatte ich mich geoutet. Wenn auch das später in der Schule nicht mehr groß auftrat.
Zeitsprung. Ich war 18, hatte meinen ersten Freund. Von der Bisexualität hatte ich da längst gehört, doch fühlte mich noch nicht bereit für das Label. Ich machte aber meine ersten Erfahrungen allgemein mit einer Beziehung etc. Später küsste ich zum Spaß und aus Neugier meine beste Freundin. Ich war nicht in sie verknallt, aber der Kuss blieb mir als schöne Erinnerung. Ebenso danach einige andere Partyküsse mit anderen Freundinnen.
Ich fragte mich, ob ich vielleicht bi sein könnte, auch wenn ich glücklich mit meinem damaligen Freund war. Ich fing an zu recherchieren, war unsicher. Es machte es nicht besser, als ich einmal zu nem schwulen Bekannten mal sagte, dass ich vielleicht bi sein könnte und er daraufhin antwortete: "Nein, dann bist du lesbisch."
Es folgte ein kleines Hin und Her mit meinen Labels. Mal war ich Questioning/queer, mal bi, mal bi-curious. Mit keinem war ich zufrieden. Denn durch andere Leute hörte ich für mich unhilfreiche Sachen wie:
"Warum ist dir das so wichtig?"
"Nur weil du gerne mit Frauen knutscht muss das nichts heißen."
"Das gibt es gar nicht."
Und ich selber dachte mir z.B., dass ich es vielleicht nicht bin, weil ich noch nie ernsthaft in ein Mädchen verliebt war. Was natürlich schwachsinnig ist, denn Heteros wissen ja auch, dass sie hetero sind, auch wenn sie noch nie ernsthaft verliebt waren bzw immer Single waren.
Irgendwann war unabhängig meiner Unsicherheit des Labels meine Beziehung zu Ende. Ich fing ein anderes Studium an (weil Biologie doch nicht das non plus ultra war) und war zum ersten mal so ziemlich in ein Mädel verknallt. Ich konnte leider nie viel mit ihr reden und kenne sie nur wenig, aber da wusste ich: ich bin in der Lage, mich in Mädchen zu verknallen. Leider wurde daraus nie was, weil ich sie sehr selten gesehen habe und bin nun mit einem sehr guten Freund zusammen.
So richtig identifiziert mit dem Label bisexuell habe ich allerdings erst ca ein halbes Jahr später, als ich zufällig den CSD in Hamburg mitbekommen habe und mich da super wohl gefühlt habe und das Gefühl bekam, dass ich bi bin und sein darf.
Ich outete mich bei meinem Freund und meinem engen Freundeskreis. Alle haben es gut aufgenommen, hatte die meisten zuvor ja bereits etwas in die Richtung erzählt. Alle anderen hatte ich zuvor eh immer so Signale gesendet, dass ich nicht hetero bin. Aber jetzt bin ich ganz offiziell, stolz und weniger wankelmütig bisexuell.
So ich höre jetzt damit auf es nach jedem Kapitel zu schreiben, aber ihr könnt mir, wie ihr wisst, auch eure Geschichten oder Gedanken gerne per Privatnachricht senden. c:
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How To Come To Terms With Yourself
Non-FictionDu wirst dir bewusst, dass du nicht hetero bist? Oder du weißt es schon? Oder vielleicht bist du einfach neugierig? ** Eine Art Ratgeber für alle, die Angst davor haben, sich einsam fühlen oder sich unsicher sind. ** Auch irgendwie eine Art Tagebuch...