Hogsmead

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Lily Evans:

Zu meiner Verwunderung hatte James mich vor dem Hogsmead-Wochenende nicht gefragt, ob ich mit ihm ausgehen wollte. Eigentlich war ich froh darüber, denn im Moment wusste ich nicht, ob ich wirklich aus vollem Herzen ablehnen konnte. Tatsächlich hatte ich mich schon bei dem Gedanken ertappt, was wohl wäre, wenn ich einmal Ja sagen würde. Dummerweise, hatten alle meine Freundinnen ein Date und so konnte ich nicht mit ihnen gehen. Alice und Frank waren kurz nach dem ersten Treffen des Duellierclubs ein Paar geworden und es war klar, dass sie dieses erste Wochenende außerhalb der Schule miteinander verbringen wollten. Mary war von David Grantham aus Ravenclaw gefragt wurden und Marlene hatte sich doch tatsächlich mit Sirius verabredet. Dieses Mal war ich die einzige, die von niemandem gefragt worden war. Weil ich keine Lust hatte, alleine zu gehen und so eine besonders gute Zielscheibe für Hänseleien abzugeben, beschloss ich, hierzubleiben und zu lesen. Auch den Aufsatz für Verwandlung musste ich noch zu Ende schreiben. Ich hatte mich gerade mit meinem Schicksal abgefunden, da betraten die Rumtreiber den Gemeinschaftsraum. Sirius setzte sich neben Marlene und Alice stand auf, um zu Frank zu gehen, der kurz nach ihnen durch das Portrait geklettert war. Mary war schon in unserem Schlafsaal und las. Sie hatte Kopfschmerzen und wollte sich ausruhen, damit es ihr morgen besser ging, wenn sie ihr Date hatte. Ich seufzte und machte mich wieder an meine Hausaufgaben. So würde es wohl demnächst öfter aussehen, wenn meine Freundinnen mit ihren Freunden beschäftigt waren. Als sich jemand neben mich setzte sah ich auf und blickte direkt in das Gesicht von meinem Schulsprecherpartner James Potter. „Na Evans", sagte er und warf einen Blick auf meine Hausaufgaben. „Den Aufsatz über Animagi habe ich schon fertig. Du kannst gerne abschreiben", sagte er, nachdem er die Überschrift gelesen hatte. Erstaunt sah ich ihn an. „Wer bist du und was hast du mit James Potter gemacht?", fragte ich und stieß ihm meinen Finger in die Brust. „James Potter würde nie Hausaufgaben vor Lily Evans fertig haben!". Er hob abwehrend die Hände und setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf. „Ich wollte ein freies Wochenende haben", verteidigte er sich. „Außerdem finde ich das Thema interessant". Ich lachte und zog meine Hand wieder zurück. „Danke für das Angebot. Eigentlich würde ich schon aus Prinzip nein sagen, aber ich glaube heute nehme ich deine Hilfe gerne an". Er grinste mich an und stand dann auf um seinen Aufsatz zu holen. Ich las mir den kurzen Abschnitt, den ich bisher zu Papier gebracht hatte noch einmal durch und zerknüllte das Pergament dann. Auch wenn ich mir bewusst gewesen war, dass es dieses Jahr eine Menge Hausaufgaben geben würde, hatte ich die Mengen doch unterschätzt. Die letzte Woche hatte nur aus Schule, Hausaufgaben, Essen und Schlafen bestanden. Ich sehnte mich nach Freizeit und da kam mir der Hogsmead Ausflug eigentlich ganz Recht. Also war es durchaus in Ordnung, die Hilfe von James anzunehmen (Auch wenn ich morgen im Schloss bleiben würde). Er kehrte schnell wieder zurück und legte ein sauber beschriebenes Pergament vor mir auf den Tisch. „Danke", sagte ich und las mir den ersten Satz durch. Ich schrieb nie genau ab, sondern immer nur den Inhalt. Die Sätze formulierte ich um, damit kein Lehrer auf den Gedanken kam, ich hätte die Arbeit gar nicht selbst gemacht. „Gehst du morgen nach Hogsmead?", unterbrach James meine Gedanken. Ich sah wieder auf und schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte keine Lust alleine zu gehen. Und du?". „Ich wollte auch nicht gehen", antwortete er und zuckte mit den Schultern. „Wurmschwanz muss noch einen Berg Hausaufgaben abarbeiten, Sirius ist wie du weißt mit Marlene verabredet und Remus möchte lieber hier bleiben. Ihm geht es nicht so gut. Vollmond und so". Zum Ende des Satzes hatte er die Stimme gesenkt, damit niemand ihn hörte. Ich wusste schon länger, dass Remus ein Werwolf war, doch es hatte mich nie gestört. Er hatte es mir in der dritten Klasse erzählt und erwartet, dass ich nicht mehr mit ihm befreundet sein wollte. Ich hatte ihm erklärt, dass nichts mich davon abbringen würde, zu meinen Freunden zu stehen und er war sehr erleichtert gewesen.

„Wollen wir dann vielleicht zusammen nach Hogsmead gehen. Als Freunde, die nicht alleine gehen wollen?", fragte James. Ohne zu zögern nickte ich. „Gute Idee! Als Freunde..." Ohne es groß zu bemerken, war mein Hass auf James Potter in Freundschaft umgeschlagen. Noch vor einem Jahr hätte ich ihn gefragt, ob er ernsthaft glaube, ich würde keine Freunde haben. Doch heute... Heute dachte ich, dass es sogar Spaß machen würde, mit Potter nach Hogsmead zu gehen. Natürlich nur rein Freundschaftlich!

Jily Idiot, oder nicht? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt