Von Patroni und Zimmerdurchsuchungen

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Lily Evans:

Wie letztes Mal waren eine Menge Leute gekommen. Alle Jahrgangsstufen waren vertreten und ich war ein bisschen nervös, als ich an James Seite vor die Menge trat. James tippte sich einmal mit dem Zauberstab an den Hals, um seine Stimme magisch zu verstärken. "Hallo! Schön das ihr alle gekommen seid!", sagte er und augenblicklich wurde es leiser in der Großen Halle und er konnte weiterreden. "Heute üben wir den Patronus. Ich weiß, dass gehört zur höheren Magie, doch dieser Zauber ist sehr wertvoll!".
"Noch Fragen?", fragte ich, als er mit erklären fertig war. Ein Zweitklässler hob die Hand und ich nickte ihm zu. "Könnt ihr einen gestaltlichen Patronus heraufbeschwören?". Ich nickte wieder und augenblicklich schossen ein paar weitere Hände in die Höhe. "Könnt ihr ihn uns zeigen?", fragte ein kleines Mädchen. Ich sah zu James und bejahte dann. Fast gleichzeitig hoben wir unsere Zauberstäbe und sagten laut und deutlich "Expecto Patronum". Silberne Nebelschwaden drangen aus unseren Holzstäben und formten sich schnell zu zwei Tieren. Wie gebannt blickte ich auf meine leuchtende Hirschkuh. Sie tapste am Publikum entlang und plötzlich erschien ein Hirsch in meinem Blickfeld. Verwirrt sah ich die beiden Tiere an und dann zu James, der ebenso irritiert aussah. Ein paar aufgeregte Rufe ertönten aus dem Publikum, doch sie interessierten mich nicht. Mein Blick galt nur der Hirschkuh, die sich jetzt an James Patronus schmiegte. Männchen und Weibchen. Ein warmes Gefühl  durchströmte meine Adern und ich fühlte mich in dem hellen Nebel so geborgen wie nirgendwo anders. James schien es ebenfalls so zu gehen, denn auch sein Blick war starr in Richtung der beiden Patroni gerichtet. Am liebsten hätte ich den Zauber nie wieder aufgehoben, doch allmählich wurde es anstrengend, an so viel Glück wie möglich zu denken und meine Hirschkuh verblasst langsam. Schweren Herzens senkte ich den Zauberstab und wandte mich wieder den Schülern zu. Einige machten ratlose Gesichter, andere wiederum wirkten überrascht oder tauschten vielsagende Blicke. Meine Wangen wurden augenblicklich heiß und ich rückte unauffällig ein Stück näher zu James. "Chr chrm", räusperte ich mich verlegen. "Dann fangt mal an". Mit schnellen Schritten verließ ich das kleine Podest, das vorne aufgebaut war und begab mich in die Menge, um zu helfen. Mehr oder weniger schnell wandten sich die Schüler der Aufgabe zu und ich lief schnurstracks auf Alice und Frank zu, die bereits übten. Besorgt musterte meine beste Freundin mich und legte mir einen Arm um die Schultern. "Was war das?!", fragte ich tonlos, obwohl ich genau wusste, was das zu bedeuten hatte. Wenn Menschen so etwas wie Seelenverwandt waren, oder sich sehr viel bedeuteten, dann hatten sie zueinander passende Patroni. Wie ein Puzzlesstück in das andere passte oder in einem Memoryspiel immer zwei gleiche Karten vorhanden waren. Natürlich hatte ich schon länger gewusst, dass James mir etwas bedeutete, doch das hier fühlte sich an wie ein Eingeständnis. Ein Eingeständnis vor mir und der halben Schule. "Komm schon!" Alice stupste mich sanft gegen den Arm und lächelte mir aufmunternd zu. "Es ist nicht das Ende der Welt!". Ich nickte zustimmend. Definitiv war das nicht der Weltuntergang, dennoch war es ein Schock, so bestätigt zu bekommen, dass James und ich tatsächlich so gut zusammenpassten.

Über die Woche war es mir ganz gut gelungen, den Schock über die Patroni zu überwinden und inzwischen empfand ich es gar nicht mehr als so schlimm. Klar, ich musste mir jetzt wieder irgendwelche dummen Kommentare von den ganzen anderen Mädchen anhören, die auf James standen, aber völlig andere Tiere als Patronus hatten und auch ein paar meiner Mitschüler rissen Witze über uns beide. Doch ich ließ mir nichts anmerken. Niemand sollte wissen, dass ich tatsächlich in James verliebt war, nicht mal er selbst. Auch meinen Freundinnen hatte ich nichts davon gesagt. Marlene hatte es inzwischen geschafft, mit Sirius weiterzukommen und ich hatte das Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die beiden ein Paar würden.
Als Samstag war, hatte ich fast ein schlechtes Gewissen. Heute würden die Zimmerdurchsuchungen stattfinden und ich hatte meinen Freundinnen nichts davon erzählst. Ich hatte ihnen gestern lediglich den Tipp gegeben, das Zimmer aufzuräumen, damit wir keinen schlechten Eindruck bei den Lehrern hinterließen. Mit einigem Meckern waren sie meiner Anweisung schließlich nachgekommen und unser Zimmer war jetzt wieder schön ordentlich. So wie man es von einer Schulsprecherin erwartet. Hihihi.

Direkt nach dem Frühstück ging es los und alle Lehrer verließen frühzeitig die Große Halle, angeblich um eine Besprechung abzuhalten. Zurück blieben nur Filch und Mrs. Norris, seine hinterhältige Katze, die uns mit Argus Augen (buchstäblich, denn mit Vornamen hieß unser Hausmeister auch Argus) beobachteten. James und ich tauschten einen Blick aus und als ich in seine haselnussbraunen Augen sah, beschleunigte sich mein Puls augenblicklich.
Schon als wir aus der Großen Halle traten, konnten meine Freundinnen, die Rumtreiber und ich ein paar aufgeregte Stimmen hören. Sie stammten von einer Gruppe Mädchen mit grün-silbernen Krawatten, die sich über etwas aufzuregen schienen. „Das können die doch nicht einfach machen!", verkündete die eine mit empörtem Gesichtsausdruck, die Hände in die Hüften gestemmt. „Das ist Eingriff in unsere Privatsphäre! Wenn das meine Eltern erfahren", entgegnete eine andere und augenblicklich dämmerte mir, um was sich ihr Gespräch drehte. „Eure Privatleben ist doch von unten bis oben mit schwarzer Magie zugestopft!", knurrte Sirius ihnen im Vorbeigehen zu und erntete ein paar böse Blicke. „Du solltest keine Vorurteile haben, Tatze!", sagte Remus und lächelte seinem Kumpel beruhigend zu. „Nur weil dein Bruder so ist, müssen die anderen Slytherins nicht genau so sein". „Erwähne nie wieder meinen Bruder!", zischte Sirius bedrohlich. "Außerdem hast du Schniefelus, Parkinson, Flint, Bulstrode, Patton, Malfoy, Lestrange und ihre ganzen Kumpanen vergessen", fügte er hinzu, doch Remus erwiderte nichts darauf.
Gegen Mittag hatte es sich fast überall herumgesprochen, dass die Schlafsäle von Slytherin durchsucht worden waren. Die Lehrer waren inzwischen zu Hufflepuff übergegangen, dessen Gemeinschaftsraum im Stockwerk über dem der Slytherins lag. Ob bereits etwas gefunden wurde, wusste ich nicht. Einerseits hoffte ich es, damit die Täter aufflogen, bevor sie ihren Plan in die Tat umsetzten konnten und andererseits hoffte ich, dass solche Pläne gar nicht erst existierten. Als McGonnagal uns am Abend in ihr Büro beorderte, machte ich mich mit gemischten Gefühlen auf den Weg. James klopfte an und die Tür klappte ohne unser Zutun auf. Dumbledore senkte seinen Zauberstab wieder, als wir auf den beiden Stühlen vor dem Schreibtisch Platz nahmen und lächelte uns freundlich zu. "Schön, dass sie gekommen sind!". Er setzte sich ebenfalls und rückte seine Halbmondbrille zurecht. "Und?", fragte James. "Wie sind die Durchsuchungen ausgegangen?". Dumbledore seufzte und McGonnagal verzog grimmig das Gesicht. "Bedauerlicherweise haben wir tatsächlich etwas finden können", sagte Dumbledore betrübt. "Lorcan Miller aus Slytherin, vielleicht kennen Sie ihn, er geht in die fünfte Klasse. Jedenfalls...er hatte einige Sachen aus der Nokturngasse in seinem Kleiderschrank eingeschlossen, die nicht umsonst in Hogwarts verboten sind". Ja, ich kannte Lorcan. Er gehörte zu der Clique um Severus. Dunkle Haare, markante Gesichtszüge und ein arrogantes Lächeln. Wenn ich ihn und seine Kumpels nur sah, musste ich den Brechreiz unterdrücken. "Was passiert jetzt mit ihm?", wollte ich wissen. "Ihn der Schule zu verweisen wäre sicherlich angebracht, doch ich denke, dass das uns eher noch mehr schaden wird. Er wird in Hogwarts bleiben dürfen, doch genau wie die Angreifer werden die Lehrer ein besonderes Auge auf ihn haben und er wird gemeinnützige Arbeit verrichten. Nicht wahr Minerva?". McGonnagal nickte zustimmend und allmählich breitete sich die Erleichterung in mir aus. Immerhin waren es nicht mehr Schüler gewesen, die schwarzmagische Gegenstände in ihren Zimmern versteckten. Und immerhin gehörte Severus nicht dazu. Mit einem leichten Lächeln verabschiedete ich mich von den beiden Professoren und verließ nach James das Büro.
"Ihr konntet uns wohl nicht erzählen, dass die heute unsere Zimmer filzen", begrüßte Marlene uns grummelnd. "Ich hoffe nur McGonnagal und Sprout haben wenigstens meine Unterwäsche in Ruhe gelassen!". Sie hob ihren Kopf von Sirius Schulter und warf mir einen anklagenden Blick zu. "Tut mir leid!", sagte ich und setzte mich neben sie. "Aber wir durften niemandem etwas erzählen. Die Gefahr, dass jemand uns belauscht hätte, war zu groß". "Wurde denn wenigstens etwas gefunden? Fliegen die Slytherins alle samt von der Schule?", fragte Sirius hoffnungsvoll. "Ja und Nein", antwortete James sofort. "Lorcan Miller hatte schwarzmagische Gegenstände in seinem Kleiderschrank, aber er muss nur Sozialarbeit leisten. Filch helfen und so". Sirius, in dessen Gesicht sich Enttäuschung ausgebreitet hatte, lachte schadenfroh. "Filch helfen ist ja noch viel schlimmer als rausgeworfen werden!", meinte Marlene und ich konnte ihr nur zustimmen. Lachend überlegten wir noch, was für Aufgaben Miller erwarten würden und mit jeder neuen Idee, fand ich Dumbledores Vorschlag besser.

Jily Idiot, oder nicht? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt