part five

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Frodo PoV:
Ich war Flo aus dem Weg gegangen. Natürlich hatten wir uns im Büro gesehen, beim Drehen für DoktorFroid. Aber darüber hinaus hatte ich es bewusst vermieden, zu lange mit Flo allein zu bleiben. Warum konnte ich mir selbst nicht genau erklären. Am ehesten war es wohl Angst. Angst, was er mir zu sagen hätte, wenn er die Gelegenheit bekäme. Angst, was er von mir denken könnte. Ich war nicht schwul!

Den anderen war Gott sei Dank nichts aufgefallen. Vor den anderen benahmen wir uns möglichst wie immer. Wenn wir dann doch mal für fünf Minuten alleine waren, breitete sich eine unangenehme Stille zwischen uns aus, der ich schnellstmöglich zu entfliehen versuchte. Innerlich lachte ich mich selbst für meine blöden Ausreden aus. Aber ich konnte einfach nicht mit ihm sprechen. Was hätte ich ihm auch sagen sollen?

'Vielleicht, dass es dir gefallen hat!', murmelte eine kleine Stimme in meinem Kopf. Ich schüttelte sie ab. Nein, das konnte ich ihm auf keinen Fall sagen. Er war doch glücklich an Ina vergeben!
'Warum hat er dann so bereitwillig mitgemacht?' Die kleine Stimme nervte, ganz eindeutig. Er hatte mitgemacht, weil er betrunken war. So.
'Du warst wesentlich betrunkener! Er war beinahe nüchtern!' "Ruhe jetzt!!", schrie ich die Stimme an. Zum Glück war ich allein zu Hause. Seit Maries Geburtstagsfeier mit diesem verhängnisvollen Ende waren gut zwei Wochen vergangen. Es war November geworden, trüb, grau, genau wie meine Stimmung.

Wann war ich so melodramatisch geworden? Wahrscheinlich nachdem ich mit meinem besten Freund geschlafen hatte. Flo. Die Gedanken an ihn taten weh. Die Gedanken an diese Nacht auch. Es war so schön gewesen. Er, unter mir, stöhnend. STOPP! Ich durfte nicht mehr daran denken. Wir würden heute schließlich zusammen arbeiten, da musste ich einen kühlen Kopf bewahren und mich so normal geben, wie immer.
Seufzend stand ich auf. Es war Montag, niemand mag Montage. Ich sah auf die Uhr und erschrak. Wenn ich pünktlich im Büro sein wollte, musste ich mich jetzt echt ranhalten! Durch die Eile beim Duschen und Anziehen konnte ich wenigstens nicht nachdenken. Nur als ich am Schreibtisch anhielt, um ein paar Zettel einzustecken, stockte ich kurz. Mein Blick fiel zur Couch. Hier hatte alles angefangen, seine braunen Augen, die mich so gefesselt hatten. Der Kuss. Ich schüttelte wieder den Kopf. 'Konzentration!' rief ich mein Gehirn zur Ordnung und verließ mein Schlafzimmer.

Mit der U-Bahn fuhr ich zum Büro. Als ich oben ankam, hörte ich Flo schon von weitem. Er gratulierte unserem Geburtstagskind: Steven. Schnell ging ich in die Richtung, aus der ich die Stimmen hörte. Steven, Rick, Flo und Marie standen in der Küche.
"Hey, Steve, alter Mann! Allet Jute zum Geburtstag!", rief ich überschwänglich und umarmte ihn. "Neue Mütze?" Er nickte fröhlich. "Hab ich von Rick bekommen!", erklärte er stolz. Rick neben ihm guckte - eigentlich wie immer. Er hatte eben dieses BRF. "Nicht schlecht", staunte ich, mehr weil es von mir erwartet wurde. Dann begrüßte ich auch die anderen Anwesenden.

"Moin, Flo", sagte ich und umarmte meinen besten Freund kurz. Er nuschelte "Moin" zurück. Innerlich seufzte ich und in meinem Magen bildete sich ein Knoten. Ich hätte ihn gern länger festgehalten, doch es ging einfach nicht. Nicht hier, nicht jetzt, nicht vor all den Leuten. Definitiv nicht in diesem Leben.

"Yo, Frodo!", riss Steve mich aus meinen Gedanken. Ich sah ihn an. "Am Samstag steigt die Party - bei Rick!", erklärte er mir. Ich nickte langsam. "Warte mal - wo?" Rick verdrehte die Augen. "Bei uns oben. Weil der Herr keinen Bock hat, seine eigene Bude aufzuräumen!", sagte er. Steven nickte eifrig. "Ich hab' aber versprochen, euch Sonntag zu helfen!", wehrte er sich grinsend. "Jaja", murrte Rick und verließ dann, dicht gefolgt von Steven die Küche. Auch Marie wuselte wieder an ihren Arbeitsplatz.

Plötzlich waren mal wieder nur Flo und ich da. Die Spannung zwischen uns war, zumindest von meiner Warte aus, fast körperlich greifbar. "Äh, sollen wir -", wollte ich fragen, doch Flo unterbrach mich. "Gute Idee!" Und schon hatte er die Küche verlassen und war in sein Büro gegangen. Seufzend ging ich ihm hinterher. Wir mussten an dieser Situation wirklich dringend etwas ändern. Aber was? Und wie? Ich hatte keine Ahnung.

Als ich Flos Büro betrat, diskutierte er schon eifrig mit Robin die Inhalte für die nächste Folge 1080Nerdscope. Ich setzte mich dazu, hörte aber nur mit halbem Ohr hin. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich konnte doch nicht einfach mit Flo reden und Gefahr laufen, seine Beziehung zu zerstören.
Denn dass meine Worte dies tun würden, dessen war ich mir sicher. Entweder würde Ina irgendwas mitkriegen und mit ihm Schluss machen (was ich nicht verantworten könnte) oder unsere Freundschaft wäre danach im Eimer. Beides keine veritablen Optionen. Also saß ich da und starrte ihn an. Seine braunen, wuscheligen Haare, versteckt unter der obligatorischen Cap. Seine Augen, haselnussfarben. Seine Hände, wild gestikulierend. An seinen Händen blieb ich hängen und erinnerte mich daran, was sie mit mir gemacht hatten. 
"Frodse, hörst du uns überhaupt zu?!", fragte Flo plötzlich und wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. "Äh, was? Sorry, ich war grad' in Gedanken", murmelte ich und wurde rot. Verdammte Scheiße, warum wurde ich denn ausgerechnet jetzt rot?! "Dann hör' jetzt gefälligst zu", erklärte Robin und fing von vorne an. Doch plötzlich sprang Flo auf. Ich hörte ihn irgendwas von Klo murmeln und dann lief er aus dem Büro. Mit hochgezogenen Brauen sah ich ihm hinterher. Ich wusste genau, wovor er weglief. Oder viel mehr, vor wem.

Ich seufzte leise. Er hatte gemerkt, was in mir vorging, dessen war ich mir sicher. Er hatte gemerkt, wie ich ihn angestarrt hatte, hatte gesehen, woran ich gedacht hatte. Ich hätte mich ohrfeigen können. Ich wollte seine Beziehung nicht zerstören, aber ich konnte auch nicht so tun, als hätte mir die Nacht mit ihm keinen Spaß gemacht. Und ich konnte es nicht länger vor mir verleugnen: Ich wollte mehr davon. Immer mehr.

Ich konzentrierte mich wieder darauf, was Robin mir erzählte. Es ging um irgendwelche Themen für Samstag. Ich hörte nur mit einem Ohr hin, beim morgigen Meeting mit Marie und Manu würde ich das sowieso alles noch einmal hören. In Gedanken war ich schon wieder bei Flo, diesmal bei seinen Augen. Haselnussbraun. Zum Drin-versinken.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Flo wieder. "Sorry, da bin ich wieder. Wo waren wir?" Robin sah ihn an. "Eigentlich fertig für heute. Wolltet ihr noch was drehen?" Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Flo mir einen Blick zuwarf. Ich schüttelte den Kopf. "Ich muss nach Hause", murmelte ich, stand auf und ging. Ich verabschiedete mich bei niemandem mehr, sondern ging einfach raus, in die kalte Luft. Es war relativ spät geworden. Ich ging zu Fuß nach Hause, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ich wusste immer noch nicht, wie ich mit diesen neuen, merkwürdigen Gefühlen umgehen sollte. Was das hieß. War ich verliebt? Ich mochte Flo, logisch, er war schließlich mein bester Freund. Aber war das Liebe? Das Körperliche hatte Spaß gemacht, ja. Aber war das Liebe?
Ich hatte keine Antwort auf diese Frage. In meinem Gehirn ratterte es. Wer könnte mir bei diesem Problem helfen? Kaum war ich zu Hause angekommen, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Warum hatte ich da nicht gleich dran gedacht? Er konnte vielleicht sogar nachempfinden, wie ich mich fühlte. Und er würde mich wohl kaum für eine Dummheit verurteilen. Das sah ihm nicht ähnlich. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, zog ich mein Handy raus und schrieb ihm eine Nachricht.

SpinOff: FroidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt