part nineteen

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Achtung: Dieses Kapitel ist aus einem Gast-PoV geschrieben. Ich hab' lange überlegt, ob Flos oder Frodos PoV mehr Sinn macht, aber am liebsten hätte ich beides gehabt. Stattdessen gibt es dieses Kapitel jetzt aus Inas Sicht. Ich hoffe, es gelingt mir, ich würde mich daher an dieser Stelle wirklich über konstruktive Kritik freuen. Aber jetzt erstmal viel Spaß mit "Ina holt ihre Sachen ab"!

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Ina PoV:
Pünktlich, um fünf nach vier, klingelte ich bei Flo. Das Ganze war mir schon etwas unangenehm, vor allem, da er mich so verletzt hatte. Aber meine beste Freundin, Kathi, hatte Recht gehabt, ich musste meine restlichen Sachen da jetzt abholen, sonst würde ich nie über ihn hinwegkommen. Insgeheim hoffte ich ja auf ein Gespräch. Das Wort 'Versöhnung' verbot ich mir zwar konsequent, aber wer weiß...
Warum öffnete denn niemand? Wieder drückte ich den Klingelknopf, ließ den Finger dieses Mal länger darauf liegen. War er etwa nicht da?! Das traute ich ihm zwar eigentlich nicht zu, aber wer weiß? Ich hatte ihm auch nicht zugetraut, mich zu betrügen, schon gar nicht mit einem Mann. Ach scheiße, ich hätte Kathis Angebot, mich zu begleiten, doch nicht ausschlagen sollen. Mein Handy piepte. Eine SMS von Flo. 'Gib mir eine Minute!' Ich schüttelte den Kopf. Wen wollte er denn jetzt verstecken? Doch nicht etwa...? Ein Schauer durchfuhr mich bei dem Gedanken, dass er womöglich nicht alleine war, mich schon ersetzt hatte. Dass da oben jetzt eine Andere das Bett mit ihm teilte - oder gar ein Anderer? Ich schrieb Kathi.
'Wärst du doch mal mitgekommen!!'
'Wieso?'
'Ich glaub, ich wurde ersetzt. Er lässt mich seit 5 Minuten vor der Tür warten...'
'Arschloch!!!'

Seufzend steckte ich mein Handy weg, als endlich der Türsummer ertönte. Langsam ging ich die altbekannten Stufen hoch. Ich wollte nicht in die Wohnung, wirklich nicht. Sie war mit so vielen Erinnerungen verbunden. Ich hatte viele Jahre dort verbracht, mit Florian, den ich für meine große Liebe gehalten hatte. Doch tat einem die große Liebe derart weh? Zerriss sie einem das Herz, tat die eine Sache, über die man nicht bereit war, zu verhandeln? Nein, vermutlich nicht. Eine Treppe unterhalb der Wohnung hielt ich an, atmete ein letztes Mal tief durch und straffte die Schultern. Dann ging ich die letzten Stufen und ich fühlte mich wie ein Schwein, auf dem Weg zum Schlachter.

"Hi", flüsterte er. Gut sah er nicht gerade aus. Dunkle Augenringe, ein bisschen schlimmer als sonst. Die Haare verwuschelt, keine Cap. So, als wäre er gerade erst aufgestanden. Dafür sprach auch das zerknitterte T-Shirt und die ausgeleierte Jogginghose, sowie die Tatsache, dass er barfuß war.
"Hey", antwortete ich und versuchte, selbstsicherer zu klingen, als ich mich fühlte. "Sorry, wir, äh, also, ick hab' jeschlafen", erklärte er und rieb sich den Nacken. Wir??? Er dachte doch nicht wirklich, dass ich das nicht gehört hatte?!
"Kein Ding. Ich will nur eben meine Sachen holen, dann verschwinde ich wieder", erklärte ich und klang sicherer und selbstbewusster, als ich mich fühlte. Schnell schob ich mich an ihm vorbei in die Wohnung. "Wo ist mein alter Koffer?"
"Im Keller, glaub' ich. Warte, ich geh' ihn schnell holen." Ich nickte, langsam, dann ging ich in Richtung Schlafzimmer, um meine Seite des Schrankes auszuräumen. Die Tür fiel hinter Florian ins Schloss. Ich seufzte, dann öffnete ich die Schlafzimmertür. Auf dem Bett saß -

"Frodo!", rief ich erschrocken. "Äh, hi." Er versuchte, zu grinsen und scheiterte, kläglich. Auch er sah müde aus, hatte verwuschelte Haare und trug Klamotten von Flo. 'Schlafen', jaja, das konnten sie meiner Oma erzählen!
Ohne ihn weiter zu beachten, ging ich zum Schrank und zog meine Klamotten heraus. "Du, Ina?", fragte er nach einigen Augenblicken. Ich nickte, zum Zeichen, dass ich ihm zuhörte. Meiner Stimme traute ich nicht. Entweder würde ich anfangen zu weinen, wenn ich versuchte, zu sprechen, oder ich würde ihn anschreien. Beides waren definitiv keine Optionen.
"Ick wollte mich bei dir entschuldigen. Dit, wat da passiert is', dit hätte... na, et hätte nich' passier'n dürfen. Ick war betrunken und... ach scheiße, dit is ja auch keene Entschuldigung! Ick hab' Scheiße jebaut und eure Beziehung ruiniert. Und ick weiß, dit dir dit scheiß-ejal is, wat ick sage, weil ick ja nu der bin, der davon profitiert, aber..." Er schien nicht mehr weiter zu wissen. Fast hatte ich Mitleid mit ihm, doch dann fiel mir wieder ein, was er getan hatte.
Dennoch drehte ich mich langsam zu ihm um. "Frodo, lass gut sein. Du bist nicht Schuld, jedenfalls nicht nur. Florian hat Gefühle für dich entwickelt, das hat schlussendlich die Beziehung zerstört. Seine Liebe für mich war nicht mehr da. Du brauchst dich nicht schuldig fühlen." Ich seufzte, um mich für den nächsten Satz zu wappnen. Er war nicht gelogen, jedenfalls nicht komplett. Und vielleicht wäre er wirklich irgendwann ganz wahr. Ich hoffte es. "Ich wünsche euch alles Glück dieser Erde und hoffe, das mit euch hält."
Dann wandte ich mich schnell wieder dem Schrank zu, ehe er meine Tränen sehen konnte. Ich hatte ja damit gerechnet, dass Flo mich durch Frodo ersetzen würde, aber es so zu sehen, so real, das machte mich fertig. Vorsichtig blinzelte ich die Tränen weg und wischte mir vorsichtshalber über die Wangen.
Gerade, als ich alle meine Sachen auf dem Bett aufgestapelt hatte, kam Flo mit dem Koffer wieder. Als ich anfangen wollte, meine Sachen hinein zu packen, hob er abwehrend die Hand.
"Ick mach dit schon, guck du, wat du sonst noch mitnehmen willst", erklärte er und sah dabei so flehend aus, dass ich seiner Bitte nachkam. Langsam ging ich in's Wohnzimmer und suchte ein paar meiner wichtigsten Erinnerungsstücke zusammen, die ich nicht hier lassen wollte. Dabei fiel mir ein altes Foto von uns in die Hände. Es zeigte uns zu glücklicheren Zeiten. Warum hatte Flo es nicht weggeworfen? Hing er noch an mir? Machte es Frodo gar nichts aus?

"Florian?", rief ich, fragend. Ich wollte es wissen. Ein letztes Gespräch, wie unter Erwachsenen. So machte man das doch, oder?
Langsam kam er in's Wohnzimmer und schloss die Tür hinter sich. "Ja?", fragte er leise. "Warum hast du's nicht weggeworfen?", fragte ich und hielt das Bild hoch. Er zuckte die Schultern. "Ick hab noch jar nüscht weggeworfen. Um ehrlich zu sein, hab ick noch nüscht verändert, seit du weg bist."
Ich schluckte. Er hatte sich noch nicht von irgendwas getrennt, was uns hier veband. Was hieß das? Mir fiel nur eine logische Schlussfolgerung ein: Er hing tatsächlich noch an mir!! Ich witterte meine Chance, sie war klein, aber sie war da. "Oh, Flo", murmelte ich und ging einige Schritte auf ihn zu. "Ina, was wird das?", fragte er, verwirrt. Doch ich ließ mich nicht beirren, antwortete nicht. Langsam legte ich meine Arme um seinen Hals und zog ihn an mich.

Noch bevor ich ihn küssen konnte, schob er mich wieder von sich. "Woher der Sinneswandel, Ina? Du hast mich verlassen, schon vergessen?" Ich sah ihn  verwirrt an. "Ja, aber... aber...", versuchte ich, meine wirren Gedanken in Worte zu fassen. Er hing doch noch an mir, verdammt! Er vermisste mich offensichtlich! Außerdem hatte ich ihn doch nur verlassen, weil er mich betrogen hatte! Wir konnten das wieder hinkriegen, da war ich mir sicher!
"Ina, ick gloobe nich', dass dit 'ne jute Idee ist. Such jetz bitte deine Sachen zusammen und dann geh'. Ick hab' 'nen Mordskater und muss dringend noch 'n bisschen schlafen!", erklärte er und wirkte auf einmal eiskalt, als er mich endgültig wegschob. Langsam verließ er das Wohnzimmer.

Ich stand noch einen Augenblick da, Tränen sammelten sich in meinen Augen. Mir wurde die Endgültigkeit meiner Entscheidung bewusst. Bevor ich anfangen konnte, zu schluchzen, verließ ich das Wohnzimmer, schnappte mir meinen Koffer, den irgendjemand gnädigerweise an die Wohnungstür gestellt hatte und schlug selbige hinter mir zu.
Unten, in meinem Auto, begann ich zu weinen. Ich schluchzte und die heißen Tränen liefen mir das Gesicht herunter. Ich schrieb Kathi, damit sie mich abholte. Dann ließ ich den Tränen freien Lauf. Meine große Liebe, meine große, lange Beziehung, war endgültig gescheitert.

SpinOff: FroidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt