part six

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Flo PoV:
Ich lehnte mich schwer atmend an die Toilettentür. 'Scheiße! Scheiße! Scheiße!' dachte ich, immer wieder. Diese ganze Situation war zum Verrücktwerden. Immer, wenn Frodo und ich alleine waren, war die Situation absolut beschissen. Und selbst wenn jemand dabei war, war es oft genug merkwürdig. So wie gerade eben. Nichts war mehr wie früher. Erschöpft ließ ich mich auf den Toilettendeckel sinken und legte den Kopf in die Hände.
Seit Maries Geburtstag stritt ich immer öfter mit Ina, die nicht verstand, warum ich so schlecht drauf war. Sie dachte, es hätte etwas mit ihr zu tun. Und ich konnte ihr doch nicht erklären, was los war! Frodo und ich hatten immer noch nicht miteinander gesprochen. Ich war mir auch nicht sicher, ob er das wollte. Immer, wenn wir alleine waren und ich gerade anfangen wollte, mit ihm zu reden, erfand er eine Ausrede, um von mir weg zu kommen. Das machte mich innerlich wirklich fertig. Ich wollte doch endlich all die Dinge aussprechen, die mir seit zwei Wochen im Kopf herumschwirrten.
Dass ich es genossen hatte.
Dass er mein bester Freund war.
Dass ich keine verfluchte Ahnung hatte, was jetzt zu tun war.

Ich vermisste ihn, meinen besten Freund. Mit jeder Faser meines Herzens. Wenn ich allein war, dachte ich inzwischen häufiger an ihn als an Ina. Das war doch verrückt! So eine Sache konnte doch nicht unsere Freundschaft gefährden.
Wenn Robin sich verabschiedet hatte, würde ich ihn zwingen, mit mir zu reden. Egal, was er für eine bescheuerte Ausrede hatte. Seufzend stand ich auf und ging zum Waschbecken. Ich klatschte mir ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht. Dann trat ich mutig vor die Tür und ging zurück in mein Büro.
"Sorry, da bin ich wieder. Wo waren wir?", fragte ich enthusiastisch. Ich hoffte zumindest, dass es sich so anhörte. Robin sah mich zweifelnd an. Okay, meine Stimme hatte wohl doch noch nicht richtig geklungen. "Eigentlich fertig für heute. Wolltet ihr noch was drehen?", fragte Robin dann. Ich sah zu Frodo. 'Bitte, bitte sag ja. Dann können wir endlich reden!', flehte ich ihn in Gedanken an. Doch es kam, wie es kommen musste. Frodo murmelte, er müsse nach Hause und war schneller weg, als ich 'ciao' sagen konnte. Missmutig blickte ich ihm hinterher. Wieder hatte er sich geschickt aus der Affäre gezogen. "Tja, das war wohl ein nein", meinte ich im Versuch, witzig zu sein. Doch ich merkte, wie meine Beherrschung bröckelte. "Ich werd' dann auch mal los", sagte ich und folgte meinem besten Freund nach draußen. Ein kleiner Funke Hoffnung war noch in mir, dass er vielleicht vor der Tür stehen würde, doch vergebens. Langsam ging ich also nach Hause.

Unterwegs dachte ich nach. Warum wollte Frodo partout nicht mit mir sprechen? Warum stritt ich mich dauernd mit Ina? Was sollte das alles? Und wie, zum Teufel, würde ich meinen besten Freund wieder bekommen? Ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nur, dass es so nicht ewig weitergehen konnte.
Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich beinahe an meiner eigenen Haustür vorbei gelaufen wäre. Im letzten Moment hielt ich an und ging rein. Oben stellte ich fest, dass die Wohnungstür abgeschlossen war. 'Hm, Ina ist wohl noch unterwegs', dachte ich. Da fiel mir ein, dass sie eigentlich gar keinen Termin heute hatte. Im Flur lag, auf dem Tisch neben der Garderobe, ein zusammen gefalteter Zettel. Sofort lief es mir kalt den Rücken herunter. So ähnlich war mein Abgang bei Frodo damals auch gewesen! Damals, das war wie in einem anderen Leben. Es war irgendwie so weit weg und doch immer noch so präsent. Ich nahm den Zettel und las.
'Florian. Ich bin für die Woche bei meinen Eltern. Es tut mir leid. In letzter Zeit ist alles so komisch... Wie soll das weitergehen? Ich muss nachdenken. Ich bin Sonntag wieder da, bitte ruf mich nicht an. Ich liebe Dich, Ina' Tränen stiegen mir in die Augen. Na geil, ich hatte Ina vergrault! Ina, die Frau meiner Träume, meine große Liebe. Schluchzend ließ ich mich an der Wand zu Boden rutschen. Mit letzter Kraft widerstand ich dem Drang, sie anzurufen, ihr zu schreiben. Sie wollte Zeit für sich, das musste ich respektieren. In letzter Zeit war ich ihr wirklich kein guter Freund gewesen. Ich hatte sie nicht mehr wertgeschätzt, war mit den Gedanken immer nur bei Frodo, der Uni oder der Arbeit gewesen. Das hatte ich jetzt davon. Wie gerne hätte ich jetzt Frodo geschrieben, er wäre für mich da gewesen. Doch es gab so viel Unausgesprochenes zwischen uns, dass ich ihm nicht einfach schreiben konnte.

Eine kleine Ewigkeit saß ich so da, bevor ich mich ins Schlafzimmer schleppte, mich auszog und ins Bett fallen ließ. Ich sah auf mein Handy. Nichts. Kurz dachte ich noch einmal darüber nach, dass ich Frodo schreiben könnte. Er würde kommen, mich trösten, mich aufmuntern, mich in den Arm nehmen... 'Stopp!' Ich verbot mir alle weitergehenden Gedanken. Ich wusste, wohin das führte. Seine Lippen, seine Hände, er, überall. Ein Kribbeln machte sich in meiner Magengegend breit. Was sollte das denn jetzt? Gerade noch war ich traurig gewesen, dass Ina weg war, jetzt dachte ich auf diese Art an Frodo? War ich jetzt vollkommen durchgedreht?! Ich musste dringend schlafen, Morgen würde die Welt schon wieder ganz anders aussehen.

Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie gerädert. Ich hatte schlecht geschlafen, war von Albträumen geplagt worden. Selbst für meine Verhältnisse sahen die Augenringe schlimm aus. 'Na toll!', dachte ich. 'Ausgerechnet heute.' Ich wollte später filmen. Obwohl ich zugegebenermaßen absolut keine Lust hatte. Eigentlich wollte ich noch nichtmal ins Büro fahren. Aber das Meeting zu 1080Nerdscope ließ sich nicht verschieben, darauf bestanden Marie und Manu. Seufzend zog ich mich an und machte mich auf den Weg ins Büro.
Dort angekommen saßen die anderen schon am Besprechungstisch. "Entschuldigt die Verspätung", sagte ich kleinlaut und setzte mich. Ich wollte nur weg, alleine sein, mich verkriechen. Ina nicht da, Frodo sprach kaum ein Wort mit mir - noch einsamer hätte ich mich nicht fühlen können.
Zum Glück ging das Meeting schnell. "War's das?", fragte ich, kaum dass Marie fertig war mit Reden. Sie nickte verdutzt. "Flo, ist alles okay?", fragte sie. "Ja klar. Ich muss nur los, hab noch, äh, Termine", murmelte ich und sprang auf. Schnell verließ ich den Raum und das Gebäude. Ich wollte raus, an die Luft, mich bewegen. Ich hoffte, dass mich das ablenken würde. Ich dachte immerzu an Frodos blaue Augen. Sie hatten mich verdammt durchdringend angesehen heute. Wahrscheinlich konnte er mir wieder mal an der Nasenspitze ablesen, was los war. Ich wollte mich nur noch verkriechen. Zu Hause angekommen tat ich auch genau das: Ich legte mich ins Bett, zog mir die Decke über den Kopf und dachte an die blauen Augen. Die schönsten Augen, die ich je gesehen hatte.

SpinOff: FroidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt