part eight

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Flo PoV:
Ich hatte mich zu Hause verkrochen. Ich schlief noch weniger als sonst, aß kaum und arbeitete nur das Allernötigste. In der vergangenen Woche war ich nicht ein Mal in der Uni gewesen, geschweige denn im Büro. Ich schaffte es ja kaum aus dem Bett.
Am Donnerstag hatte Marie mir geschrieben, wo ich sei. Ich antwortete, dass ich krank wäre. Eine glatte Lüge. Obwohl, Liebeskummer kann auch eine Krankheit sein.
Am Freitag saß ich lustlos auf der Couch und versuchte, mich mit Games abzulenken. Es klappte nicht. Ich war einsam. Ina nicht da, Frodo nicht greifbar. Frodo. Immerzu musste ich an den Hobbit denken. An unsere gemeinsame Nacht, auch. Aber vor allem an unbeschwerte Zeiten. Longboardfahren. Videos drehen. Zocken. Quatschen. Ich vermisste ihn, meinen besten Freund. Ich vermisste sein verschmitztes Grinsen, die schlechten Witze. Das Funkeln in seinen Augen.

Das Funkeln? Plötzlich erinnerte ich mich an ein Detail aus jener Nacht. Seine blitzenden, funkelnden Augen. Ich hatte diesen Blick schon mal gesehen! Es war noch auf der Party gewesen, Frodo war fast umgefallen, ich hatte ihn aufgefangen. Er hatte albern "Huiii" gemacht - und mir direkt in die Augen gesehen. Diese funkelnden, blitzenden Augen von ihm, ich hatte sie fast vergessen. Bis er mich wieder so ansah, in seinem Bett. Hatte er das etwa alles geplant? Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Bestimmt nicht, er war ja total betrunken gewesen. Doch vor meinem inneren Auge sah ich nur ihn, seine Augen, das Funkeln.
"Fuck!", machte ich und schlug auf das Kissen neben mir ein. War ich verliebt? In meinen besten Freund, ausgerechnet? Scheiße. Ich war mir nicht zu 100% sicher, aber wie sollte ich es herausfinden? Mit ihm reden? Ich hatte Angst davor. Aber mit wem konnte ich dann reden? Jako oder Felix? Nein. Marie? Vielleicht.

Da fiel es mir ein. Es gab genau einen Menschen, der mir helfen konnte. Der zum Einen schonmal in einer ähnlichen Situation gewesen war wie ich im Moment und der von Betrug und Liebeskummer ein Lied singen konnte. Am morgigen Samstag, auf seinem Geburtstag, würde ich mit Steve reden, beschloss ich.

Zeitsprung: Samstagabend.

Ich stand unschlüssig vor dem Spiegel. Ich war ordentlich angezogen, das erste Mal seit Dienstag und war bereit, zur HWG zu fahren. Ich wusste, dort würde ich höchstwahrscheinlich Frodo begegnen. Und alle würden nach Ina fragen. Ich hatte ja mal sowas von keinen Bock auf die Party! Aber ich wusste, ich musste hinfahren, denn nur so hatte ich Gelegenheit, mit Steven zu sprechen. Seuzfend kehrte ich meinem Spiegelbild den Rücken zu und machte mich mit der U-Bahn auf den Weg.
An der HWG angekommen sah ich, wie die Haustür offen stand. Ich gin einfach hinein und nach oben. Auch die Wohnungstür war sperrangelweit auf. Steven stand dahinter und verteilte Bier an die Fewjars. Seufzend betrat ich die Wohnung. Mir war überhaupt nicht nach feiern zu Mute, ich hoffte nur, man würde es mir nicht allzu sehr ansehen. Ich versuchte mich an einem Lächeln. Scheinbar gelang es, denn Steve kam freudestrahlend auf mich zu und drückte mir ungefragt eine Flasche Bier in die Hand. "Hey, Flo! Wo hast'n du Ina gelassen?", fragte er. Bei dem Gedanken an sie lief es mir kalt den Rücken herunter. "Äh, die is, äh über's Wochenende bei ihren Eltern", antwortete ich und nahm vorsorglich einen großen Schluck von meinem Bier. Steven sah mich verwirrt an. Er merkte wohl, dass ich ihm etwas verschwieg. Er fragte, ob alles okay sei. 'Nein, nichts ist okay!! Meine Freundin ist abgehauen und mein bester Freund redet nicht mehr mit mir, seit wir miteinander geschlafen haben!!', wollte ich ihm entgegen brüllen. Stattdessen nickte ich und antwortete:  "Äh, nein, eigentlich nich'. Steve, können wir mal reden?" Ich war selbst verwirrt von mir.

Doch Steve zuckte nur die Schultern, sagte klar und ging mit mir in Ricks Zimmer. Ich setzte mich auf die Couch. Wie fing ich jetzt an? Ich wusste es nicht. Nervös drehte ich meine Cap in den Händen. Ich spürte, wie Steven sich neben mich setzte und mir beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. "Ich weiß nich', wie ich anfangen soll", gab ich kleinlaut zu. Wie erklärte man einem Kumpel, der betrogen worden war, dass man seine Freundin betrogen hatte? Steven ermunterte mich. Wahrscheinlich hatte er Recht. Ich musste endlich mit jemandem reden! Also begann ich. Langsam. Stockend. Ich ließ nichts aus. Erzählte von der Party, von dem Kuss, alles. Von meinem schlechten Gewissen und davon, dass wir miteinander geschlafen hatten, Frodo und ich. Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen.
"Ey, das is' moralisch total verwerflich!", sagte Steven auf einmal und grinste vorsichtig. Auch ich musste grinsen. Ich erinnerte mich noch genau an diesen Videodreh und wie sie sich alle kaputt gelacht hatten, als ich diese Formulierung benutzt hatte. Rick, Steve und Frodo. Es war zu einem geflügelten Wort bei uns geworden. "Wat soll ick nu machen?, fragte ich und sah Steven an. Er schien nachzudenken. Aber er schien mich schonmal nicht zu hassen. Dann seufzte er und begann zu sprechen: "Gute Frage. Ich würde dir raten mit Ina zu sprechen. Weißt du, als Lara mich damals betrogen hat, hätte ich mir gewünscht, dass sie es mir selbst gesagt hätte und ich es nicht über drei Ecken von gemeinsamen Freunden gehört hätte."
Ich wusste, wovon er sprach. Lara und er waren einige Monate zusammen gewesen und Steven hatte einige Freunde durch sie kennen gelernt. Irgendwann hatte er einige von ihnen in der Stadt getroffen und sie hatten ihm erzählt, dass sie Lara mit einem anderen Mann gesehen hatten. Als Steve die Sache aus der Welt hatte schaffen wollen, hatte sie zunächst alles abgestritten, bevor sie es zugegeben hatte. Steve hatte mir gegenüber mal gesagt, sie habe ihm damit das Herz gebrochen. Vor allem mit der Unehrlichkeit.

Mir war klar, dass Steven Recht hatte. Das sagte ich ihm auch. Und endlich erzählte ich ihm, dass da irgendwas war, was ich für Frodo fühlte. Irgendwas, das anders war als die normale Freundschaft, die uns verband. Steven nickte. Er verstand mich, das spürte ich. Er riet mir natürlich, auch mit Frodo zu sprechen. Zu diesem Schluss war ich mittlerweile auch selbst gekommen. Aber ich hatte Angst, natürlich. Ich würde direkt Morgen mit Ina sprechen, kein Versteckspiel mehr. Danach würde ich Frodo anrufen und auch mit ihm reden.
Plötzlich hörten wir Geräusche vom Flur her. "Was war das?", fragte Steven mich. Ich zuckte die Schultern. Langsam verstummten die Musik und die Gespräche. Fast synchron standen wir auf und gingen zur Tür. Da hörte ich sie, Lara. Ich sah, wie Stevens Blick versteinerte. Sie machte ihm das Leben seit ihrer Trennung echt schwer.
Ich hörte, wie Lara herumschrie. Wutschnaubend riss Steven die Tür auf und trat aus dem Zimmer. Ich folgte ihm, um ihn, wenn nötig, davon abzuhalten, ihr an die Kehle zu gehen. Das würde er später nur bereuen. "Was ist hier los?", fragte Steven, erstaunlich ruhig. Ich sah Lara, sie sah Steven an, dann mich. Rick stand dicht vor ihr. Ihm wandte sie nun das Gesicht zu und sagte, triumphierend: "Siehst du. Der würde lieber Florian nehmen - und der ist immerhin vergeben!" Entgeistert starrte ich sie an. Irgendwo hörte ich eine Tür knallen und fragte mich unwillkürlich, wer das gewesen war. Da sah ich aus dem Augenwinkel, wie Steve auf Lara losgehen wollte. Ich gab ihm einen Bodycheck, sodass er aus dem Weg taumelte und war im Nu bei den anderen beiden. In diesem Moment spürte ich nur Wut. Wut auf die Frau, die eine Beziehung zerstören wollte, nur weil sie Scheiße gebaut hatte. Ich baute mich vor ihr auf und brüllte sie an.
"Sag mal, biste jetze komplett bescheuert?! Warum sollte Steve wat mit mir anfangen?! Erstens geht es dich 'nen Scheiß an, mit wem ick wat habe oder auch nich. Und zweitens isses ganz bestimmt nicht Steven - der ist nämlich sehr glücklich mit Rick hier!"Ich spürte, wie Rick mir eine Hand auf die Schulter legte und sie beruhigend drückte. Heftig atmend grinste ich ihn an. Auf meiner anderen Seite tauchte Steven auf und sagte ihr, sie solle sich verpissen.
Ich war beeindruckt. Steve und Rick waren so glücklich miteinander, dass ihnen jemand wie Lara nichts mehr anhaben konnte.

Ich wusste, irgendwann würde ich auch so glücklich sein können. Aber vorher hatte ich noch eingie Dinge zu klären.

SpinOff: FroidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt