Halloween.
Ich hasse es, mich zu verkleiden.
Ich mag es nicht, mich zu verstellen, und noch weniger mag ich es, mir das Gesicht schminken zu lassen. Für einen Tag der kaum einen Bezug zu irgendetwas hat, außer vielleicht um einen Vorwand zu finden sich die Kante zu geben. Als ob dafür je jemand einen Grund gebraucht hätte. Doch wenn man sich die Begeisterung ansah, mit der einige Leute – darunter auch meine liebe Freundin – diesen Tag begingen, kam man schwer umhin sich nicht überreden zu lassen.
Trotzdem seufzte und schnaubte ich unentwegt, während sie mir das Gesicht mit weißer Pampe beschmierte. Angeblich damit meine Haut aussah als wäre sie alt und dem Verfall preis gegeben. Es roch nach alten Socken, aber ich machte mir nicht mehr die Mühe in irgend einer Form zu protestieren. Für die Liebe.
Der Nachtclub war groß. Laut. Es roch nach Schweiß, schlechtem Parfum und das Licht war im ersten Moment zu diffus um mehr als wabernde Schatten zu erkennen. Hinzu kam der typische Geruch von verdampfendem Trockeneis. Mir wurde schlecht. Mein Magen rebellierte. Den aufreizend gekleideten Vamp neben mir, geschminkt mit Blutflecken im Gesicht und dunkel umrandeten Augen, jedoch schien diese Mischung geradezu in Ekstase zu versetzen.
Wenn das bloß immer so einfach wäre, dachte ich bei mir und fügte mich schließlich dem Unvermeidlichem, indem ich mich zur Bar hinüber schleifen ließ. Ich hatte nicht einmal meine Brille dabei. Die farbigen Kontaktlinsen schabten deutlich fühlbar über meine Hornhaut und trieben mir in regelmäßigen Abständen die Tränen in die Augen, ganz zu schweigen davon, dass mir das durchlöcherte Shirt und der blutverschmierte Pullover schon jetzt vor lauter Schweiß am Rücken festklebte. Zu sagen mir wäre unwohl gewesen, wäre wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.
Aber ich machte gute Miene zum bösen Spiel und ließ mich auf einem Barhocker nieder. Ich hatte nicht vor mich an diesem Abend noch einmal von diesem zu lösen – sah man vom gelegentlichen Toilettenbesuch einmal ab. Sie brauchte mich nicht, waren doch genügend Bekannte hier mit denen sie tanzen konnte.
„Cognac Cola“, murrte ich, sie war schon von meiner Seite verschwunden. Achselzuckend setzte ich das kleine Glas an die Lippen, kaum das es der Frankenstein-Barkeeper vor mir abgestellt hatte. Die Kostüme waren allesamt ähnlich fantasielos wie mein eigenes. Mir wurde einfach nicht klar was besonderes an diesem Tag war. Geschweige denn wieso man sich dazu verkleiden sollte. Außer zum Spaß – die Stimme meiner Freundin. Geflissentlich ignorierte ich wie sie über die Tanzfläche fegte und widmete mich stattdessen dem nachgefüllten Glas. Der Cognac – irgend ein billiger Fusel – brannte in meiner Kehle, aber er linderte auch das Gefühl hier vollkommen falsch zu sein.
Herrgott, ich hätte in diesem Moment mit einer Tüte Chips auf der Couch liegen und mir irgendeinen Film ansehen können! Alles wäre unterhaltsamer gewesen, als in diesem Club die Nacht zu verbringen, der sich nunmehr langsam aber stetig überfüllte, und sich am nächsten Tag zu fragen, wieso man für Alkohol so viel Kohle zum Fenster hinaus warf.
Ich hatte sie schon längst aus den Augen verloren und machte mir auch nicht mehr die Mühe sie zu suchen – früher oder später würde sie außer Atem und mit verschmierter Schminke neben mir aufschlagen und in 10 Minuten mehr trinken, als ich in einer Stunde.
Jemand setzte sich neben mich.
„Abend.“, sagte ich lakonisch und prostete ihm – oder ihr – zu. Die Person trug eine grüne Froschmaske. Erinnerte mich entfernt an Kermit, den Frosch aus der Sesamstraße. Sah man mal von dem untypischen Grinsen der Maske und den zu dunklen Teint ab.
Er oder sie erwiderte nichts darauf, winkte jedoch den Barkeeper zu sich. Dieser schien ihn anscheinend zu kennen, stellte er ihm doch kommentarlos ein Schnapsglas voll roter Flüssigkeit vor.
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Horrorgeschichten
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