Kapitel 15

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Tobias' Sicht:

Nachdem wir auf dem Krankenhaus gelandet waren, kamen sofort mehrere Krankenschwestern und fuhren Markus ins Innere des Gebäudes. Auch Verena hatte sich auf den Weg gemacht, aber während sie sich in Bewegung gesetzt hatte, rief sie uns noch zu: „Ihr könnt drinnen warten, es wird nicht lange dauern!"

Wir waren ihrem Vorschlag gefolgt und hatten es uns im Flur gemütlich gemacht – so gut es ging zumindest. Wir starrten gedankenverloren vor uns hin, bis Michi sich räusperte und zu sprechen begann: „Sag mal Tobias, warum habt ihr eigentlich Verena geholt? Ich dachte Katharina hat bei euch übernachtet, sie hätte sich doch erstmal um Markus kümmern können." Ich dachte kurz nach, dann viel mir ein, dass Katharina wie vom Erdboden verschwunden war. „Ja, ich wollte sie holen, doch sie war weder in dem Zimmer, noch irgendwo anders im Haus. Durch die Aufregung wegen Markus hatte ich sie schon fast wieder vergessen. Ich ruf sie lieber mal an!"

Ich holte mein Handy aus der Tasche und wählte. Nachdem es schließlich 10mal getutet hatte, meldete sich Katharinas Mailbox. Ich drückte es weg und versuchte es erneut. „Eigentlich geht sie immer an ihr Handy, außer sie hatte keinen Empfang, aber dann hätte es auch nicht getutet!", sagte ich mehr zu mir selbst als zu Michi, der mir nur kurz wissend zu nickt. Als sich nun wieder die Mailbox meldet, sage ich: „Hallo Katharina, hier ist dein Brüderchen, ich wollte mal fragen, wo du bist. Bei uns auf dem Hof nämlich nicht! Außerdem gibt es Neuigkeiten, aber davon will ich dir nicht am Telefon erzählen. Ruf mich bitte zurück, wenn du das hörst." Seufzend lasse ich mich wieder neben Michi fallen. „Wo ist sie bloß?" Michi schaut mich daraufhin an und klopft mir mit der Hand auf die Schulter. Er wusste genau wie viel Angst ich um sie hatte. Katharina war meine kleine Schwester, die ich viel zu spät kennen gelernt habe. Aber besser später als gar nicht, dachte ich.

Nach einer Weile kam Verena: „So ihr zwei, lange genug gewartet!" „Was hat Markus? Wie geht es ihm? Schafft er es? Musste er notoperiert werden? Kann er jemals wieder Bergsteigen?", fragte ich sofort ohne Luft zu holen. Verena lachte kurz auf und sprach dann ganz in Ruhe zu mir: „Mensch Tobias, Markus ist nicht gestorben, beruhige dich erstmal. Es ist ja nichts allzu schlimmes passiert. Aber kommt erstmal mit rein bevor ich euch erkläre was er hat." Wir trotteten hinter Verena durchs Krankenhaus und zwischenzeitlich warf mir Michi mal einen Blick zu, der bedeuten sollte, dass ich mir mal nicht so viele Sorgen machen sollte, doch das war leichter gesagt als getan. Ich hatte im Moment nämlich ziemlich viel Angst um Markus, aber auch, dass Katharina etwas zugestoßen sein könnte...

Wir waren nun endlich bei Markus' Zimmer, oder besser gesagt dem Behandlungszimmer in dem Markus immer noch lag, angekommen. Verena öffnete die Tür und ging, gefolgt von Michi, hinein. Ich spähte vorsichtig um die Ecke, ich wusste nicht wie schlimm es um Markus stand und hatte Angst vor seinem Anblick. Als erstes tauchten seine Beine und sein Oberkörper in meinem Sichtfeld aus. Markus' Körper lag in einer seltsamen Stellung, aber sonst war alles normal. Dann sah ich seinen Kopf: Einen kurzen Augenblick blieb mein Herz stehen, als ich den Verband am Haaransatz entdeckte. Dann wurde mir warm und kalt. Warum ging mir das heute eigentlich alles so nah? Ich grübelte. Plötzlich verwandelten sich die Sorgen und Ängste in Schuldgefühle. Das war es also, ich gab mir die Schuld für Markus' jetzige Situation.

Nach einer Weile saßen Verena, Michi und ich mit drei Stühlen neben Markus' Bett. „Also ich habe Markus erstmal einen Verband wegen der Platzwunde gemacht", brach Verena nach Minuten des Schweigens die Stille: „Es ist nicht so schlimm wie es aussieht, mir macht aber etwas anderes Sorgen! Er ist vorhin nicht wach geworden, zumindest nicht richtig. Er war nicht mehr er selbst. Ich hoffe, dass er sich normal verhält, wenn er gleich aufwacht..." Das hatte gereicht, um mich endgültig aus meiner Ruhe zu bringen. Ich sprang auf, sagte noch schnell: „...bin gleich wieder da, brauche nur kurz frische Luft...", und ging aus dem Zimmer an die frische Luft. Ich braucht jetzt etwas Zeit für mich. Ich wusste nicht, was wir tun sollten, falls Markus nicht mehr fähig dazu sein wird, Leiter der Bergrettung zu sein. Meine Gedanken kreisten immer weiter um dieses Thema und irgendwann hielt ich es nicht mehr aus! Ich nahm mein Handy und tippte erneut Katharinas Nummer. Es war nun eine halbe Stunde vergangen, seit ich sie angerufen hatte. Es tutete wieder, doch Katharina ging nicht ran. War ihr etwa auch etwas zugestoßen? Ich traute mich erst gar nicht darüber nachzudenken und beschloss stattdessen Emilie anzurufen. Sie ging Gott sei Dank an das Telefon und machte sich, bei meiner besorgten Stimme, sofort auf den Weg.


Die Bergretter - Lieber Nähe als Distanz?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt