Kapitel 21

1.1K 19 4
                                    

Tobias' Sicht:

Ich schlief sehr unruhig, mehrmals wachte ich in der Nacht auf und bis ich wieder einschlief, dauerte es eine Weile. Deswegen war ich am Morgen auch sehr müde, durch die Aufregung konnte ich mich aber wach halten. Da ich die ganze Zeit unruhig auf- und ablief, sagte Emilie mir nach einiger Zeit, dass ich doch schon mal zu Heliport fahren könnte, denn da gab es immer Arbeit und ich müsste nicht so untätig herumlaufen. Obwohl sie dabei den Hintergedanken hatte mich loszuwerden, weil ich ihr ziemlich auf die Nerven ging, konnte ich ihr das nicht verübeln.

Um 10 vor 7 Uhr kam ich an und wurde mit einem „Na, auch schon da?" von Rudi begrüßt. Wenig später wusste ich auch warum: Michi war auch schon da! „Konntest du es zu Hause auch nicht aushalten?", scherzte er und lief Richtung Schreibtisch. „Sagen wir eher, Emilie hat mich weggeschickt, weil ich ihr mit meiner Unruhe auf die Nerven gegangen bin", erwiderte ich leicht lachend. „Jaja, Frauen!", stimmte Michi mir zu und kam mit einer Karte zurück. „Ben ist zwar noch nicht da, aber ich denke, wir können ja schon mal überlegen, wo Katharina sein könnte." Ich nickte und sagte: „Da sie ja zu Fuß unterwegs ist, kann sie nicht so weit weg sein. Allerdings fehlt von ihr seit gestern um 10 Uhr jede Spur. Also ist der Suchradius relativ groß. Ich denke aber, dass sie vernünftig war und nicht allzu weit gelaufen ist, falls sie wirklich irgendwo da draußen sein sollte. Ich weiß, aber echt nicht, wo sie sonst sein sollte. Ach bevor ich es vergesse: Katharina hat ihre Bergschuhe an." Nachdem ich fertig erzählt hatte, brummte Michi nur vor sich hin und überlegte sich, wo er als erstes entlang fliegen sollte.

Als er mir sagte, wie er vorgehen würde, kam auch Ben. Wir erklärten es ihm und saßen kurz darauf schon im Heli. Da es noch recht früh war, war der Himmel nur leicht erhellt, ansonsten war das Wetter aber hervorragen und zu unserem Glück schneite es nicht. Rudi gab mit seinen Armen Bescheid, dass wir starten konnten und schon hob Michi ab und wir begannen unsere Suche.

Verenas Sicht:

Als ich im Klinikum Schladming angekommen war, zog ich mich schnell um und schaute dann auf den OP-Plan. Da ich erst in einer Stunde eine relativ leichte Mandeloperation hatte, beschloss ich vorher nochmal bei Markus vorbei zu schauen. Ich hoffte, dass er sich noch an Vieles erinnern konnte, was Tobias ihm gestern erzählt hatte. Insgeheim hoffte ich aber auch, dass er wieder eine Vision, so wie er sie nannte, hatte, denn dadurch kamen bei ihm viele Erinnerungen zurück.
Ich klopfte an und als ich ins Zimmer ging schaute mich Markus schon freundlich an. „Na Markus, wie geht's dir heute?", fragte ich ihm zum Anfang, damit ich ihn nicht überforderte. Denn das könnte dazu führen, dass er Rückfälle bekommt.

„Morgen Verena. Mir geht's super, allerdings bin ich schon ziemlich lange wach und habe echt großen Hunger." Verdutzt stand ich mitten im Zimmer. Das hatte ich jetzt nicht erwartet. Markus fragte vorsichtig nach: „Alles in Ordnung? Musst du mir irgendetwas Schlimmes sagen? Habe ich doch schwerwiegende Schäden?" Ich schwieg weiterhin, ich war komplett verwirrt, denn so eine Reaktion hatte noch kein Amnesiepatient gehabt. Markus setzte unsicher hinzu: „Eigentlich dachte ich, dass alles wieder gut ist und ich heute vielleicht schon entlassen werden kann. Ich weiß auch noch alles, was Tobias mir erzählt hat!"
Endlich fand ich meine Sprache wieder: „Hör zu Markus, ich war eben etwas geschockt, denn so reagieren Amnesiepatienten normalerweise nicht. Entweder bist du wirklich wieder kerngesund und deine Erinnerung ist über Nacht wieder gekommen oder es verbirgt sich tatsächlich etwas Schwerwiegendes dahinter, aber das hoffe ich nicht. Ich glaube es um ehrlich zu sein auch nicht, denn du hast gestern so viele Fortschritte gemacht. Ich lasse dir vorsichtshalber aber noch einen Arzt schicken, der dich nochmal untersucht." Ich schaute kurz auf die Uhr. „Ich muss dann auch wieder gehen. Bleib so lange noch liegen und ruhe dich aus." „Kannst du mich nicht untersuchen?" „Nein, tut mir leid, ich habe gleich eine OP. Aber ich kann dir dann sagen, was die Untersuchungen ergeben haben." Markus nickte dankend und gerade als ich die Tür von draußen schließen wollte, rief Markus mir noch nach: „Verena, warte!" Ich steckte den Kopf zur Tür herein: „Ja?" „Kannst du auch Bescheid sagen, dass ich am Verhungern bin?", gab Markus zerknirscht von sich. Ich vertrete die Augen, das war so typisch Markus. „Ich schaue mal, was sich da machen lässt. Ach und noch was. Ich glaube, den anderen Arzt kann ich weg lassen, du bist ja wieder ganz der Alte.", scherzte ich und musste lachen. „Aber die Sicherheit geht nun mal vor..." Dann war ich verschwunden.

Die Bergretter - Lieber Nähe als Distanz?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt