Kapitel 17

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Markus' Sicht:

Langsam kam ich wieder zu mir.

Mein Kopf brummte wie verrückt und ich lag auf etwas nicht sehr bequemen. Meine Arme und Beine, selbst meine Augenlider waren so schwer. Ich konnte mich einfach nicht bewegen. Regungslos blieb ich liegen und merkte, wie meine Kräfte langsam wieder zurückkamen. Auch das Brummen und Hämmern in meinem Hinterkopf wurde leiser.

Nach kurzer Zeit schaffte ich es für einen Bruchteil einer Sekunde die Augen zu öffnen, doch es erfordert so viel Kraft, sodass ich meine Lider gleich wieder schloss. Außerdem war es viel zu hell. Ich überlegte, ob ich einfach weiterhin mit geschlossenen Augen liegen bleiben sollte, doch dann beschloss ich, es nochmal zu versuchen. Ganz langsam und voller Anstrengung gelang es mir: Meine Augen waren offen und trotz des hellen Lichtes schaffte ich es sie offen zu halten. Jedoch konnte ich rein gar nichts erkennen. Alles um mich herum war so hell, wahrscheinlich weis. Aus dem Augenwinkel konnte ich verschwommen Bewegungen erkennen. Was war das bloß?

Ich wurde neugierig: Ich wollte jetzt endlich wissen wo ich war, was ich hier tat und wie ich hier her gekommen war!

Ich rieb mir die Augen. Das half und endlich konnte ich einigermaßen klar sehen. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und ein Schmerz durchfuhr meinen Hinterkopf, bevor ich überhaupt sehen konnte wer neben mir war oder was neben mir passierte. Schmerzverzerrt kniff ich meine Augen zusammen und zog scharf die Luft ein. Ich versuchte mich nicht auf den Schmerz zu konzentrieren, sondern meine schneller gewordene Atmung wieder zu beruhigen - und es half tatsächlich.

Kurz darauf hörte ich Schritte auf mich zukommen. Und eine warme Hand legte sich auf meine Stirn und eine Stimme sagte: „Normaltemperatur, sehr gut! Markus wie geht's dir?"

Es dauerte etwas bis ich verstand, dass die Frage an mich gerichtet war. Ich hieß also Markus! Stimmt, den Namen hatte ich schon öfters gehört. Plötzlich sah ich vor meinem inneren Auge eine Szene: Ich stand im Dunkeln vor einem Haus. Vor mir eine hübsche Frau, die aussah als hätte sie geweint. Ich hielt sie fest und fragte, warum sie geweint hatte. Die Frau schaute mich nur traurig an und sagte dann meinen Namen. Sie setzte hinzu, dass sie gerne bei mir sein würde, es aber nicht konnte. Danach fing sie wieder an zu weinen, doch ich nahm sie nicht erneut in den Arm, sondern sagte zu ihr: ‚Katharina, ich glaube es ist besser, wenn wir uns erstmal so gut wie möglich aus dem Weg gehen und versuchen wieder ein relativ normales Leben zu führen.' Die Frau vor mir hieß also Katharina; das musste ich mir merken! Ich fragte Katharina noch, wie es ihr ginge, doch sie wollte nur noch Tobias bei sich haben. Dann wurde alles wieder schwarz.

Ich überlegte, was es sich damit auf sich haben konnte: Tobias war vielleicht ihr Freund und sie hatte sich auf mich eingelassen...? Ich grübelte solange darüber nach, bis ich schließlich aus meinen Gedanken gerissen wurde: Jemand rüttelte sanft an meiner Schulter und sagte: „Markus? Komm mach deine Augen auf und sag mir wie es dir geht, ich weiß, dass du wach bist!"

Woher wusste diese Frau, die zu mir sprach, dass ich wach war? War es vielleicht diese geheimnisvolle Katharina, die redete? Ich öffnete meine Augen und sah mir die Frau an, die neben mir stand. Nein, das war nicht Katharina! Sie hatte zwar auch blonde Haare, aber sie strahlte nicht dieses Magische aus, das ich in meiner Vision wahrgenommen hatte. „Wer bist du?", fragte ich, anstatt auf ihre Bitte zu antworten.

Irritiert blickte sie mich an und drehte ihren Kopf dann in Richtung Fenster. Dort stand ein Mann, den ich noch gar nicht bemerkt hatte. Er guckte geschockt die Frau an. Jetzt erst bemerkte ich den weißen Kittel, den die Frau trug: Sie war also meine Ärztin! Aber warum wusste sie wie ich hieß?

Die Frau schaute wieder zu mir und sagte dann: „Ich bin Verena."

Erwartungsvoll blickte sie mir in die Augen, doch als sie merkte, dass ich immer noch nicht wusste, was sie mir damit sagen wollte, fügte sie enttäuscht, aber professionell „Dr. Verena Auerbach, Sie sind im Krankenhaus Schladming" hinzu. Als sie das sagte, kam der Mann, der am Fenster gewesen war, zu ihr und blickte sie aufmunternd an. Dann wand er sich zu mir: „Markus, was machst du gerne?" Ich fand die Frage seltsam, aber überlegte und sagte kurz darauf etwas deprimiert: „Nun ja..., ich weiß es nicht!" „Magst du Hubschrauber?", fragte der Mann weiter. „JA!", kam blitzschnell meine Antwort. Der Mann lächelte, anscheinend war er mit dieser Antwort zufrieden: „Ich bin Hubschrauberpilot!" Ich fing an zu staunen. „Bist du schon mal mit einem Hubschrauber geflogen?", stellte er die nächste Frage. Ich überlegte. Der Mann schien es zu bemerken und setzte hinzu: „Vielleicht in einem gelben Hubschrauber?"

Mein Kopf begann zu rattern und ich schloss meine Augen. Sofort tauchten wieder Bilder auf, erst einzelne, dann immer mehr, bis sie schließlich zu einem Film wurden: Ich stand auf einem gepflasterten Platz, neben einer großen Halle aus der ein gelber Hubschrauber gezogen wurde. Erst war außer mir und dem Mann, der den Helikopter gezogen hatte, niemand zu sehen, doch dann rannte ein zweiter Mann in einem roten Overall auf den Heli zu. Bei genauerem hin sehen erkannte ich ihn: Es war der Mann aus dem Krankenhaus! Ich war also schon mal bei ihm mitgeflogen? Als er sich in den Helikopter setzte, fuhr ein Auto auf den Platz. Ein weiterer Mann und eine Frau stiegen aus: War es Katharina? Sie hatte sehr viel Ähnlichkeit mit ihr und auch die unglaubliche Ausstrahlung hatte die Frau.

Die zwei kamen zu mir und zusammen rannten wir zum Heli. Erst als wir alle im Heli saßen, fiel mir auf, dass alle eine rote Jacke trugen nur ich nicht. Meine war gelb!

Ich schlug wieder meine Augen auf: „Ja, ich bin mit dir in einem gelben Hubschrauber geflogen!" „Richtig und zwar schon ziemlich oft! Weißt du wie ich heiße?", fragte der Mann. „Nein." Der Mann guckte ein wenig betroffen und wollte sich umdrehen und aus dem Zimmer gehen, aber ich hielt ihn zurück: „Warum hatten eigentlich alle rote Jacken an und ich eine gelbe?" Der Mann schaute verwundert: „Daran kannst du dich erinnern?" „Ja, das habe ich eben gesehen!" „Gesehen?", meldete sich die Ärztin zu Wort. „Ich hatte so eine Art Vision!" Sie schaute mich erwartungsvoll an, wahrscheinlich hoffte sie auf genauere Informationen, doch ich blieb still. Also meldete sich der Mann wieder: „Nun ja, wir sein ein Team. Wir sind Bergretter..." „Ich bin auch ein Bergretter?", fragte ich verblüfft und schnitt ihm das Wort ab. „Ja, du auch. Du bist sogar unser Chef! Deshalb hast du auch eine andere Jackenfarbe." Jetzt war ich sprachlos!

Als ich diese Information verarbeitet hatte, fragte ich: „Und wie heißen alle im Team?" „Also ich bin Michi und fliege den Helikopter, Katharina ist unsere Rettungssanitäterin und Ben ist meistens in der Zentrale, fliegt aber manchmal auch mit zu Einsätzen. Und dann gibt es noch Tobias, der wie du als erstes zu den Verletzten geht und die gefährlichen Sachen macht, wie zum Beispiel am Tau hängen." Als er fertig war, stammelte ich etwas unsicher: „Ich habe noch eine Frage." „Ja frag ruhig. Ich will, dass du bald wieder alles weist und wenn du ganz viel fragst, können wir das hinbekommen", sagte Michi aufmunternd. „Sind Katharina und Tobias zusammen?"

Michi begann herzhaft zu lachen, während ich ihn nur verständnislos anschaute. „Hast du das etwa auch gesehen?" „Ja, indirekt schon, warum?" „Nun ja, da kann ich dich beruhigen, die beiden sind nur Geschwister und stehen sich deshalb sehr nahe." „Ohh..", gab ich peinlich berührt von mir.

Nach einer langen, peinlichen Stille wandte ich mich an die Ärztin: „Warum kann ich mich an all das nicht mehr erinnern...?" „Ja das wüsste ich auch gerne", sage die Ärztin mehr zu sich selbst. Danach war es wieder still.

Plötzlich eilte Michi zur Tür. Kurz bevor er aus dem Zimmer verschwunden war, sagte er: „Ich hole Tobias, der kann dir alles haargenau erzählen, der kennt dich nämlich mittlerweile am besten." Die Ärztin wollte etwas erwidern, doch ließ es bleiben, da der Pilot schon längst verschwunden war.


Die Bergretter - Lieber Nähe als Distanz?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt