Kapitel 11 (part 1)

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                                                                  Abigail

»Wir sind doch hier alle Freunde und vernünftige und erwachsene Menschen. Ich bin mir sicher, wir werden uns einig.

Du händigst mir den Kelch aus und niemand wird verletzt. Ganz einfach.«

Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab und mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Nolan neben mir an. Als ich mich langsam umdrehte, hätte ich vor Schreck fast den Kelch fallen gelassen. Die Stimme, die ich vorher nicht so recht einordnen hatte können, gehörte zu einer Person, der ich bereits einmal begegnet war. Eine Person, der ich nur zu gerne nie wieder begegnet wäre. Dieser große breit gebaute Man, mit den dunklen Augen würde ich niemals vergessen. Es war keine erfreuliche Begegnung die ich nur zu gerne wieder vergessen würde. Bei der Erinnerung an seine anzüglichen Blicke und an seiner ekelhaften Zunge die meine Wange entlang fuhr wurde mir schlagartig wieder schlecht. Wie konnte er hier sein? Und nicht nur er. Hinter ihm konnte ich drei weitere Personen entdecken. Alle Männer um die dreißig Jahre die uns aufmerksam musterten und jeden noch so kleinen Schritt unsererseits wahrnahmen.

Aber es war nicht der Anblick des großen Mannes, der mich so aus der Fassung gebracht hatte, sondern die Tatsache, dass er Jesper in seiner Gewalt hatte. Er hatte ihm einen Arm auf den Rücken verdreht und hielt ihm einen Dolch an die Kehle drückte. Selbst Jesper, der um einiges größer war als ich, sah in seinen Armen klein und schmächtig aus. Jespers grauen Augen waren weit aufgerissen. Eine dünne Spur Blut lief seinen Hals herunter. Eine rote Line die über seine Haut entlang lief und in sein Hemd hineinlief.

Fest ballte ich die Finger um den Kelch in meinen Händen bis meine Knöchel weiß wurden und schmerzten. Ich war so angespannt, jede Faser meines Körpers war auf Alarmbereitschaft, meine Nerven zum Zerreißen gespannt, dass mein ganzer Körper leicht zitterte. Ich wollte gerade auf die beiden zugehen, als ich einen leichten Druck auf dem Oberarm spürte der mich zurückhielt. Als ich meinen Kopf nach rechts drehte, sah ich, wie Nolan mich mit finstere Miene zurückhielt. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und ein dunkler Schimmer loderte in seinen grünen Augen. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre der Mann, an dessen Name ich mich nicht mehr erinnern konnte, jetzt mit Sicherheit nicht mehr unter uns.

»Raigan«, zischte Nolan neben mir. Sein ganzer Körper war angespannt. Er zog augenblicklich sein Schwert und brachte sich zwischen Raigan und mir in Stellung. Versuchte, den Blick auf den Kelch zu verstellen. »Ich wusste ja, dass du ein mieses Schwein bist, aber auch noch ein Feigling... Nein warte, das wusste ich auch schon.«

Ich warf einen skeptischen Blick auf Nolans Hinterkopf. Was hatte er gerade gesagt. Kannte er diesen Raigan etwa? Er war ihm auch damals in der Lagerhalle begegnet, als Nolan mir das Leben gerettet hat, in dem er mich aus der Lage in die ich mich gebracht hatte, befreit hat. Doch so wie er mit Raigan sprach, deutete es auf eine tiefere Bekanntschaft hin. Er hatte schon damals mit ihm gekämpft. Raigan war an jenem Abend geflohen, aber ich hätte nicht damit gerechnet, ihn jemals wieder zu sehen.

»Nolan«, säuselte Raigan, und bestätigte meinen Verdacht, dass sie sich kannten, »es ist mir wie immer keine Freude dich zu sehen. Obwohl ich dir ja diesmal zur Dankbarkeit verpflichtet bin. Im Gegensatz zu unserer letzten Begegnung, in der du mir alles ruiniert hast, hast du mir heute einige Arbeit erspart. Rätsel sind nicht so mein Ding. Aber du hast es ja bereitwillig für mich gelöst.«

»Was ist denn dein Ding? Leute verraten die dir vertrauen?«

Ein tonloses Lachen kam von Raigan. Jesper versuchte sich aus dem Griff von Raigan zu befreien, was nur dazu führte, dass Raigan seinen Arm noch weiter verdrehte und den Dolch tiefer in Jespers Haut rammte. Mein Herz setzte einen Schlag aus bevor es wie verrückt anfing in meiner Brust zu schlagen. Jemand musste etwas tun.

Eagsúlia - Macht der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt