Kapitel 13 (part 3)

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                                                                     *

                                                                Nolan

Nichts. Absolut Nichts und wieder nichts! So viel hatte ich in den letzten drei Tagen erreicht – außer vielleicht die Missgunst all derjenigen die mir etwas bedeuten und ich einfach ohne ein weiteres Wort verlassen hatte auf mich zu ziehen. Sie waren alle bestimmt stinksauer auf mich. Oder vielleicht ist ihnen nicht einmal aufgefallen, dass ich die letzten Tage nicht da war. Ich meine, bei dem was passiert war, würde es mich nicht wundern wenn sie andere Sorgen haben. Ich setzte mich hin, stützte die Ellenbogen auf die Knie und fuhr mir mit den Händen durch die Haare. Nichtmals der Platz hier oben auf dem Dach, der es sonst immer schaffte mich klarer sehen zu lassen, verschaffte es heute mir Ruhe und Klarheit zu gewähren. Was sollte ich jetzt nur tun? Ich konnte ihnen nicht mehr unter die Augen treten. Erst musste ich diese verdammte letzte Insignie finden oder zumindest rausfinden, wo sich Raigan und seine Leute verstecken, andernfalls würde ich keine Ruhe finden. Bereits die letzten Tage über habe ich mich wie ein eingesperrtes Tier gefühlt, das nicht stillsitzen konnte. Und meine Methoden sind auch nicht gerade, sagen wir, ehrenhaft gewesen.

Das war alles meine Schuld.

Meine Schuld.

Hätte ich diesen Kelch der Einigung schneller gefunden und kurzen Prozess mit diesem verfluchten Raigan gemacht, dann wäre ich rechtzeitig hier gewesen um ihnen zu helfen.

Alle beschützen. Wieso nur, bin ich nicht hier gewesen.

Alles meine Schuld.

Vater...

Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals und es fühlte sich an, als ob jemand meine Eingeweide verknoten würde. Zum ersten Mal, seit dem Tag, an dem ich vom Tod meines Vaters erfahren hatte, ließ ich die Trauer zu. Es fühlte sich an, als ob ein ausgehungerter Wolf in meinem Inneren wütete und alles das sich in seinen Weg stellte zerfetzte. Der Schmerz war unerträglich. Tränen drückten gegen meine Augen und wollten sich einen Weg nach draußen und über meine Wangen bahnen. Ich legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen. Tief sog ich die früh morgendliche Luft in meine Lungen und ließ sie durch den Mund wieder entweichen. Versuchte mich wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Einatmen. Ausatmen.

Einatmen. Ausatmen.

Ich war so auf meine Atmung konzentriert, und darauf, mich nicht in ein kleines Häufchen Elend zu verwandeln, dass ich die Geräusche um mich herum gar nicht wahrnahm. Erst als ich sah, wie sich eine Hand über die Dachkante schob und versuchte, sich nach oben zu ziehen, wurde ich hellhörig. Ich richtete mich aufrecht hin und beobachtete, wie sich langsam ein Arm über die Kante hob und dann kastanienbraune verwuschelte Haare folgten. Abbie hob den Kopf und sah sich um, bis ihr Blick meinen traf und wir uns stumm ansahen. Für einige Augenblicke starrten wir uns einfach nur an. Ihre Azurblauen Augen schienen sich in meinen zu bohren und mich nicht mehr loslassen zu wollen.

»Nun hilf mir schon oder findest du es etwa lustig mich hier zappeln zu sehen.« Sie wedelte mir der Hand die bereits auf dem Dach lag als ob sie nervige Insekten verscheuchen wolle und bedeutet mir so, ihr auf das Dach zu helfen. Ich stand auf und reichte ihr meine Hand. Ein kleiner Blitz zuckte in meiner Hand, dort wo Haut auf Haut traf und kroch meinen Arm hinauf.

Ich zog sie mühelos hoch.

Sobald sie oben war, standen wir uns gegenüber. Keiner sagte ein Wort. Ich hätte nicht gewusst, was ich sagen soll. Sie offenbar auch nicht. Ich war ... überwältigt? ...geschockt? ... erleichtert? ... glücklich? ... sie zu sehen. Sie vor mir stehen zu sehen. Wach und soweit ich sagen konnte munter wie eh und je. Das letzte Mal, als ich Abbie gesehen habe, lag sie bewusstlos in einem der Zimmer unter unseren Füßen. Ihre Haut so hell, das man jede Ader sehen konnte. Bei ihrem kränklichen Anblick, hat sich mein Herz unangenehm zusammengezogen. Ich hatte ihr die Haare aus dem Gesicht gestrichen und ihre Hand einmal gedrückt und bin dann mit dem Versprechen alles wieder in Ordnung zu bringen gegangen. Allein der Gedanke daran, sie könnte nicht mehr aufwachen, hat einen unangenehmen Nebengeschmack bei mir verursacht. Nach allem was passiert war, nach all den Menschen, die ich bereits verloren habe, hätte mir ihr Verlust den Rest gegeben. Wenn Abbie nicht mehr aufgewacht wäre, wüsste ich nicht, was aus mir geworden wäre. Mir wäre alles egal gewesen.

Eagsúlia - Macht der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt