Kapitel 5

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DEAN

Ich höre nichts, außer meinen rasenden Herzschlag als ich die Tür hastig aufschließe und dem panischem Mesut, den Schlüssel in die Hand drücke. Das Geheule meiner Schüler blende ich vollkommen aus. Es tut mir leid, dass ich ihnen so etwas zu mute, doch ich habe keine andere Wahl.
"Seien Sie bitte vorsichtig.", flüstert er mit aufgerissenen Augen und lässt gleich danach hastig die Tür ins Schloss fallen. Er hat mir geholfen. Ich kann ihm vertrauen. Ohne die Möglichkeit mich noch einmal nach ihm umzudrehen, laufe ich los. Ohne Orientierung, ohne Sicherheit und mit erdrückender Angst begleitet, suche ich nach meinem Mädchen.

Der lange Schulflur ist Menschenleer. Ich schaue mich wachsam um. Es ist still. Eine gefährliche Stille. Als ich mich vergewissert habe, dass die Luft rein ist, verliere ich keine weitere Sekunde und laufe zur Mädchentoilette. Leise öffne ich die Tür, trete ein und sofort wird mir bewusst, dass hier keiner ist. Niemand. Trotzdem checke ich jede einzelne Toilettenkabine ab. Nichts. Panik breitet sich in mir aus. Verfluchte Scheiße, wo steckt sie nur? Verzweifelt greife ich mir ins Haar. "Fuck!", zische ich.
Ich verlasse die Toilette und wiederhole in meinen Gedanken immer wieder den selben Satz. "Sie lebt noch, sie lebt noch...Sie lebt noch..." Plötzliche höre ich jemanden weinen. Es ist kaum hörbar aber ich bin mir sicher, jemanden zu hören. Vielleicht ist es Maya.
Ich muss unbedingt nach sehen. Vorsichtig gehe ich zur Treppe und überprüfe die Lage. Hier ist niemand also laufe ich vorsichtig die Treppe herunter. Mit jeder Stufe wird das Winseln hörbarer. Jetzt stehe ich vor der großen Glastür und erblicke ein blondes Mädchen. Es ist nicht Maya. Diese Erkenntnis versetzt mir einen unerträgliche Stich ins Herz. Das Mädchen hockt neben einer Leiche und weint. Bitterlich, qualvoll schluchzt sie vor sich hin und hält die Hand des reglosen Körpers. Dieser Anblick lässt mich erstarren. Ich muss dorthin. Dem Mädchen helfen, sie von hier weg bringen. Deshalb zwinge ich mich dazu und renne so schnell, wie nur möglich zu ihr. Ihr Schluchzen klingt heiser, ihr Kopf ist gesenkt.

Dieser grauenvolle Anblick katapultiert mich ruckartig in die Vergangenheit. Ich sehe sie vor mir liegen, blutverschmiert, ihre Augen weit aufgerissen, kalt. Meine wunderschöne Caroline... Das Bild ist so real, ich presse meine Augen fest zusammen, doch es verschwindet nicht. Es ist unvermeidlich den schlimmsten Tag meines Lebens zu vergessen, der Tag, hat mir alles genommen. Einfach alles.

"Hey, komm wir müssen hier weg!" Ich packe das Mädchen an den Schultern, sie zuckt schreckhaft zusammen und starrt mich mit großen Augen an. Ich kenne Sie nicht aber ich schätze, dass sie ungefähr in die 8. oder 9 Klasse geht. Sie zittert am ganzen Leib.

"Sie, Sie...Sie ist tot. Ja, ich glaube Sie ist tot. So viel Blut.", stottert sie entgeistert und schlägt sich die blutverschmierte Hand vor den Mund, welche das fremde Blut auf ihrem Gesicht hinterlässt. Sofort drehe ich mich zur Leiche um. Es ist ein Mädchen, ein junges Mädchen. Ich presse meine Augen fest zusammen. Dieses Bild werde ich bis zu meinem Tod nicht vergessen. Ich streiche dem Mädchen sanft über die aufgerissenen Augen. "Ruhe in Frieden.", flüstere ich.

MAYA

"Maya, du weißt nicht, wie es ist von allen und jedem gehasst zu werden. Meine Familie, hasst mich, Freunde, hab ich keine, Lieben? Kann ich nicht. Ich bin anders und das ist ein verdammter Fluch!", raunt er und starrt zu Boden. Anschließend umspielt ein teuflisches Lächeln sein Gesicht. Er hockt noch immer vor mir und die Ungewissheit, ob er mich am Leben lassen wird, verschwindet nicht. Ganz im Gegenteil, es wird mit jeder Sekunde grauenvoller.

"Benny, jeder Mensch kann lieben und verdient es geliebt zu werden. Auch du." Obwohl es mir Schrecken bereitet, zwinge ich mich dazu ihm tief in die Augen zu sehen. Ich muss ihn einfach überzeugen. Die Tränen laufen mir über die Wangen, der Schmerz in der Brust wird immer fester.

"Bullshit!", brüllt er. "Du hast leicht reden. Die hübsche, kluge und beliebte Maya, die jeder mag und dessen größtes Problem am Morgen ist, nicht zu wissen, welches Outfit sie heute mal zur Schule tragen soll!" Er äfft mich amüsiert nach und verstellt dabei seine Stimme. So ein verfickter Psychopath! Sofort rücke ich weiter nach hinten, mein Herz hämmert gegen meine Brust. "Es ist nicht immer so, wie es scheint.", antworte ich vorsichtig.
Er nickt stumm. "Ich habe nicht mehr viele Kugeln.", murmelt er kaum hörbar. "Ich würde mal sagen, dass nennt man Glück im Unglück, Mayalein!" Er lacht höhnisch. Was das genau bedeutet, weiß ich nicht aber es scheint so, als würde er mich verschonen.

Er steht dynamisch auf. "Also, Pascal, Jan, Mesut und... David! Genau." Er zählt die Namen mit den Fingern auf und als ich David's Namen höre, spielt sich alles plötzlich nur noch in Zeitlupe ab. Ich reiße meine Augen weit auf und schluchze.

"NEIN!" Jolina's Kreischen löscht all meine Hoffnungen aus. Es ist laut, schrill und voller Verzweiflung. Sie reißt die Tür auf und sinkt zu Boden. "Bitte, Benny! Tu das nicht! Ich flehe dich an, tu das nicht!", heult sie qualvoll. Die Zeit steht still. Warum? Warum, hat sie das getan?

Wie erwartet, richtet Benny seine Waffe auf sie. "Du hast mich belogen! Mir was vorgemacht!", zischt er wuterfüllt und starrt mich zornig an. Ich kann ihm nicht antworten, geschweige denn, mich bewegen.
"Benny, hör zu wir sind jung, wir haben noch unser ganzes Leben vor uns, wir haben dich niemals schlecht behandelt, wir haben Familie Benny, denk an unsere Eltern. Bitte." Jolina beißt sich in die Unterlippe und weint. Wann hört dieser Alptraum nur auf? Dean? Wo steckst du bloß?

Love Lesson (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt