Kapitel 11

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Im Krankenhaus (Am Tag des Amoklaufs)

Maya

Ich weiß, dass ich im Krankenhaus bin. Wahrscheinlich haben die mich mit Beruhigungsmittel vollgepumpt und ich bin in einen tiefen Schlaf gefallen. Die körperlichen Schmerzen sind verschwunden, die seelischen jedoch, bleiben. Ob sie jemals wieder vergehen werden?

Wo ist, Dean? Geht es ihm gut?
Was passiert jetzt mit dem toten, David?
Was passiert jetzt mit dem toten, Benny?
Wo ist, Jolina?
Weiß sie es schon?
Wo sind meine Eltern?
Wie viele Tote gibt es?
Diese unzähligen Fragen lassen mir keine Ruhe. Mit aller Kraft versuche ich aufzuwachen aber es gelingt mir nicht. Mir fehlt die Kraft...

Einen Tag später...

Mein Mund ist sandtrocken. Ich versuche zu Schlucken aber es tut zu sehr weh. Es fällt mir so schwer meine Augen aufzumachen, bevor ich sie endgültig öffnen kann. Das verschwommene Bild wird immer klarer. Ich erkenne meine Mutter, sie sitzt auf dem Stuhl neben mir, ihren Kopf hat sie auf meinem Schoß liegen, meine rechte Hand hält sie fest umklammert. Sie muss eingeschlafen sein.
Vorsichtig hebe ich meinen Kopf. Auf einmal sticht ein entsetzlicher Schmerz durch meinen Nacken. Der Krankenhausgeruch steigt mir in die Nase, es riecht nach Desinfektionsmittel und dem anderem Kram. Es ist ein unangenehmer Geruch und eine noch merkwürdigere Atmosphäre. Mein Blick wandert zu meiner Hand, die an einer Infusion angeschlossen ist. Ich fahre mit meiner andere Hand behutsam über den Einstich. Es tut nicht wirklich weh, es fühlt sich nur komisch an.

"Maya?" Meine Mutter hebt ihren Kopf. Ihre Augen sind rot und sie ist ungeschminkt, was bei meiner Mutter eine Seltenheit ist, denn sie ist immer perfekt gestylet.
Ich will ihr antworten aber ich schaffe es nicht. Mein Mund steht offen und gibt keinen Ton von sich. Ich fasse mir an den Hals und presse meine Augen fest zusammen.

"Oh Gott! Warte!" Sie sucht aufgebracht nach dem Wasser, findet es und gießt mir hastig etwas in den kleinen rosanen Becher. "Hier, Liebes!" Sie reicht mir den Becher und ich trinke alles sofort aus.
"Willst du noch mehr?", fragt sie besorgt und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
Ich schüttle den Kopf. "Mama, ist mein Englischlehrer am Leben?" Mit rauer Stimme stelle ich ihr die Frage auf die ich beim besten Willen nicht verzichten kann. Ich muss es wissen.
Erstmal sieht sie mich verwirrt an. "Ja, du meinst Herr Winchester?" Ich nicke.
Sie streichelt mir die Haare. "Ja, er lebt. So weit ich weiß, ist er auch hier im Krankenhaus."
Ich atme erleichtert aus und lege mich wieder hin. Ich fühle mich so schwach. Gott sei Dank, er lebt. "Er hat dich gerettet und dafür werde ich ihm Ewig dankbar sein." Sie weint und wischt sich die Tränen weg. Eines der schlimmsten Dinge ist es, seine Mutter weinen zu sehen.
"David, er ist tot." Nun fange auch ich an zu weinen. Mit jeder Sekunde die vergeht, wird mir das erst alles so richtig bewusst. Meine Mutter schweigt und legt sich zu mir aufs Krankenhausbett. Langsam lege ich meinen Kopf auf ihre Brust und gebe mich meinen Tränen hin. "Alles wird gut.", beruhigt sie mich und weint mit mir. Das tröstende auf der ganzen Welt ist die Schulter seiner eigenen Mutter.

Am nächsten Tag...

"Hier, ich habe dir dein Handy mitgebracht." Mein Bruder kramt in seiner Hosentasche und reicht mir mein ausgeschaltetes Handy. Meine Augen funkeln förmlich. So habe ich die Möglichkeit Kontakt mit, Dean aufzunehmen.
"Danke.", sage ich mit einem gezwungenem Lächeln. "Und hier, deine Lieblings Schokolade." Er hält mir den Milky- Way Schokoriegel hin und mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.
"Ist das Essen hier wirklich so schlimm, wie alle immer sagen?", fragt er mich und legt die gelben Tulpen, die er mir mitgebracht hat, auf den Tisch hin.
"Ja.", antworte ich und beobachte ihn dabei, wie er nervös überlegt, was er jetzt mit den Blumen anstellen soll. "Lass die einfach liegen. Ich frage eine Schwester gleich, ob sie mir eine Vase besorgen kann." Ich kann mir das Grinsen kaum verkneifen. Er sieht mich mitleidig an und weiß nicht, was er sagen soll. "Maya, es tut mir alles so leid. Das ist wirklich schlimm. " Er setzt sich zu mir. "Ja, ist es." Ich nehme seine Hand. "Aber ich werde bestimmt wieder irgendwann die Alte sein." Er lächelt. "Das wirst du. Auch wenn nicht, werde ich dich immer in der Klapse besuchen kommen. Also mach dir da keine Sorgen!", scherzt er. Was typisch für meinen Bruder ist. Egal wie abgefuckt die Situation auch sein mag, der gute alte Scherzkeks kann auf seine Witze nicht verzichten. Er kratzt sich schuldbewusst am Kopf. „Zu früh?"
Ich lache. „Ein bisschen vielleicht."
"Hast du Jolina meinen Brief gegeben?", frage ich mit weit aufgerissenen Augen. "Ich habe ihn Christina gegeben. Sie hat mich nicht zu ihr gelassen." Er schaut traurig zu Boden. "Ich kann es immer noch nicht glauben. So einen kranken Scheiß kennt man sonst nur aus Filmen und Serien." Er schüttelt seinen Kopf.
"Ich auch nicht." Kurze Pause. Ich hab ihn ja lieb aber es wäre gut wenn er jetzt bald verschwinden würde. Ich will Dean erreichen.
"Papa meinte, du kommst Morgen raus." Damian wackelt mit seinen Augenbrauen, um mich aufzumuntern. "Ja endlich."
"Gleich kommen Oma, Opa und Kiana vorbei." Er steht auf und sieht aus dem Fenster. Es regnet in Strömen. "So ein Dreckswetter!", meckert er. "Schwesterchen, ich geh mal schnell pissen. Bin sofort wieder da!", sagt er und küsst mich auf den Kopf.
"Warte!", rufe ich. "Kannst du mir einen Döner besorgen? Ich habe richtig Lust drauf." Ich weiß, dass er mir nie was abschlagen kann, besonders jetzt nicht. Eigentlich habe ich überhaupt keinen Appetit und frage ihn nur, um ihn für eine Weile loszuwerden, damit ich  Dean schreiben kann. Denn bald bekomme ich noch mehr Besuch und bis heute Abend kann ich nicht warten.
"Döner? Ehm. Klar! Ich beeile mich." Er nimmt sich seine Jacke vom Stuhl.
"Danke!" Ich schenke ihm ein Lächeln. Mein Bruder ist der Beste.

Love Lesson (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt