Love Lesson (Band 2)

Kapitel 2

DEAN

Ich halte es nicht mehr aus. Die Ungewissheit frisst mich bei Lebendigem Leib. Wo bleibt sie bloß? Sie hätte schon längst hier sein müssen. Warum? Warum zum verfickten Teufel passiert das immer wieder? Warum lässt das beschissene Universum es nicht endlich mal gut sein? Ich weiß, dass ich viele Fehler begangen habe aber es ist trotzdem unfair, mir jeden zu nehmen, den ich liebe. Ein weiteres Mal ertrage ich das nicht. Die Vorstellung, Maya könnte etwas schlimmes zugestoßen sein, versetzt mir einen tiefen Stich in die Brust.

Ich lasse den Blick über meine verängstigten Schüler schweifen. Wenn einem von ihnen etwas geschieht, werde ich mir das nie verzeihen können. Es ist still im Raum, so still, dass man den Wind von Draußen wehen hört. Eine angsterfüllt Stille. Plötzlich muss ich an meine Familie denken, an meine kaputte und halbtote Familie. Mama ist vor drei Tagen gestorben, was ich noch immer nicht wirklich realisieren kann. Ich habe nur noch meinen kleinen Bruder. Auf einmal verspüre ich diesen dringenden Wunsch, Sam, zu sagen, dass ich ihn liebe, ihn ein weiteres Mal um Verzeihung bitten. Für den Fall, dass ich hier nicht wieder lebend herauskomme. Ich komme damit klar. Mir ist es wichtiger, dass alle Anderen überleben. Mein Engel, Maya. Sie hat noch alles vor sich. Eines Tages wird sie die Liebe ihres Lebens treffen, glücklich werden, mich vergessen und weiter Leben. Der Gedanke ist unerträglich, jedoch tröstlich zugleich.

Nervös fahre ich mir durch die Haare. Ich spüre die Schweißperlen auf meiner Stirn.
Unerwartet ertönt der zweite Schuss. Der gedämpfte Klang, löst in mir ein ekliges Kopfhautprickeln aus. Instinktiv ducke ich mich. Meine Schüler stoßen verzweifelte Schreie aus und kauern in sich zusammen. Mit aufgerissenen Augen halte ich mir den Zeigefinger vor den Mund, um Ihnen zu signalisieren, dass sie leise sein sollen. Es ist ein Alptraum. Ein verfickter Alptraum! Wie konnte das bloß passieren? Ein Amoklauf. Eine richtige Pistole. Verletzte oder sogar Tote... Maya.

"Hey! Hey! Leute!", flüstere ich, während ich zu Ihnen herüber krabbele. Mein gesamter Körper bebbt, das Blut in meinen Ohren rauscht so laut, dass ich die Befürchtung habe, meine Schüler könnten es hören.

"Alles wird gut." Ich schaue Max, der genau vor mir hockt, in die Augen. Er ist ein guter Kerl, ich habe ihn gern und weiß, dass er sich zusammen reißen kann. So weit ich weiß ist er einer der Ältesten aus diesem Kurs.

"Max, hör mir zu. Du wirst jetzt dein Handy nehmen und die Polizei anrufen." , sage ich so klar und deutlich als wäre er geistig zurückgeblieben. Davor habe ich gesehen, wie er im Unterricht am Handy war, daher weiß ich, dass er seins griffbereit hat. Dann nehme ich sein Schockiertes Gesicht in die Hände. Ich weiß, dass er das schaffen wird. "Hör mir zu..." Er verzieht sein Gesicht und schließt seine Augen. "Du schaffst das! Ich verlasse mich auf dich und die Anderen auch." Erwartungsvoll starre ich ihn an. Als er heftig nickt und in seine Hosentasche greift, atme ich erleichtert aus und klopfe ihm auf die Schulter. Wir sind bestimmt nicht die Einzigen, die die Polizei anrufen oder angerufen haben. Die Bullen sollten schon auf dem Weg sein. Das hoffe ich zumindest...

Zunächst wende ich mich Mesut zu, der die weinende Tanya im Arm hält. "Mesut, wir Beide werden gleich zur Tür kriechen, ich werde sie kurz aufschließen, um raus zu gehen. Du musst mir versprechen sie sofort wieder abzuschließen. Du wirst die Anderen beruhigen müssen. Bitte, Mesut, kann ich dir vertrauen?", flüstere ich ihm so leise wie möglich ins Ohr, sodass kein Anderer es mitbekommt. Ich kann selbst kaum glauben, was ich hier gerade von einem achtzehnjährigen Schüler verlange aber ich kann nicht anders. Ich muss Maya finden und sie in Sicherheit bringen. Durch meine Worte zuckt sein Körper zusammen. Anschließend starrt er mich bestürzt an. Keine weitere Reaktion. "Mesut, Bitte!", dränge ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Mit offenem Mund und aufgerissenen Augen nickt er schließlich...