Fourth Day...

442 30 1
                                    


Scars make us who we are,
Hearts and homes are broken, broken.
Far, we could go so far,
With our minds wide open, open.
Hey - Tears all fall the same,
We all feel the rain,
We can't change.

Schlagartig öffnete ich meine Augen als ich ein lautes Poltern vernahm und ein klirrendes Geräusch folgte.
Stirnrunzelnd setzte ich mich auf und sah zur anderen Betthälfte, welche leer war. 
Mir wurde schlecht. Shit. Alexander!

"Alec?"

Nichts.
Mein Herz raste und mein Gehirn malte sich die unmöglichsten Situationen aus.
Ich stand auf, als mir ein kleiner Lichtkegel auffiel, welcher aus dem Bad kam. 
Ich folgte der kleinen Lichtquelle und mit jedem Schritt Richtung Tür, wurde mein Gefühl mulmiger und mein Herz rasen schneller.
Mit einem Gefühl der Übelkeit und Angst, vor dem was ich vielleicht zu sehen bekam, öffnete ich die Tür und ich glaubte, das mein Herz für ein paar Schläge ausgesetzt hatte.

Eine Welle der Erleichterung und des Schocks überkam mich.
Alec saß an der Wand gelehnt da, die Beine fest an den Brustkorb gezogen und die Arme herum geschlungen. Er zitterte und sein Rücken bebte unkontrolliert.
Neben ihm lag sein silbernes Messer, dessen Klinge mit dunkelrotem Blut benetzt war. Ich sah von der Klinge wieder zu ihm und bemerkte, dass Blut aus seinem Unterarm quoll.

"Alexander..", setzte ich an, doch ich wurde sofort unterbrochen.
"Es tut mir so leid. Ich wollte das nicht. Bitte, verlass mich nicht. Bitte."

Nein Nein Nein. Alexander, wer auch immer dir das stetig einredet, ich verlasse dich nicht.
Niemals.

Doch ich schwieg und schritt auf ihn zu. Ich hockte mich neben ihn und legte sanft meinen Arm um seine zerbrechlichen Schultern, dann wisperte ich ihm beruhigend ins Ohr: "Alexander. Ich bin jetzt hier bei dir, ich verlass dich nicht. Versprochen!"

Alec konnte seine Tränen, mit denen er bis eben so eisern gekämpft hatte, nicht mehr zurückhalten. Er weinte. Er weinte bitterlich und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
Nun hatte ich freien Blick auf die Blutquellen; Auf seinem Unterarm waren zahlreiche kleine und große Schnitte. Manche tief, manche Oberflächlich .

"Komm Alexander, ich verarzte deine Wunden, okay?"

Ich streichelte ihm einmal sanft übers Knie und erhob mich. Ich hielt ihm meine Hand entgegen, welche er sofort ergriff und versuchte sich auf die Beine zu ziehen, was ihm nicht wirklich gelang.
Ich schob meine Hand unter seine Kniekehle und legte die andere an seinen unteren Rücken, dann hob ich ihn hoch und trug ihn ins Schlafzimmer, wo ich ihn auf dem Bett absetzte.
Ich zauberte einen Verband her und begann damit die Wunde erst zu reinigen und anschließend zu verbinden.

Als ich damit fertig war, setzte ich mich vor seine Knie und streichelte ihm beruhigend über den Oberarm. Seine blauen tristen Augen waren zwar auf mich gerichtet, doch es wirkte, als würde er durch mich hindurch sehen. 
Seine Augen, sie hatten einfach jeglichen Glanz verloren, es spiegelte sich nicht eine Emotion in ihnen wieder.

"Mir ist kalt", sagte er brüchig in die Leere des Raumes hinein.

Dieser kurze Satz, er löste ein seltsames Gefühl in mir aus.
Es klang nicht wirklich nach einem "Mir ist kalt" der Sorte "Ich brauche eine wärmende Decke", sondern nach einem der Sorte "Ich erfriere in mir drinnen".

"Was kann ich tun, dass dir warm wird?", fragte ich einfühlsam und ich sah, wie seine Mundwinkel leicht nach oben zuckten. Vielleicht war das wirklich der richtige Ansatz gewesen.
"Geh mit mir ans Meer... Bitte."
Ich nickte und stand auf, dann reichte ich ihm die Hand und zog ihn sachte hoch.

Draußen angekommen ging bereits die Sonne auf und hinterließ ein schönes glitzern auf den sanften Wellen, des Meeres, welches Alec so sehr liebte.
Es war ein unglaublich schönes Bild, welches sich uns da bot.

Ich folgte Alec in Richtung Wasser, doch diesmal blieb er nicht so wie sonst, am Wasser stehen, sondern er ging diesmal tiefer in die Wellen rein.
Das kühle Wasser durchtränkte meine schwarze Jogginghose, doch das war mir im Moment egal. Ich stellte mich neben ihn und nun standen wir beide Knietief bei Sonnenaufgang im Meer.

Ich spürte wie er vorsichtig nach meinen Händen griff, sie leicht drückte und sich schließlich dicht vor mich stellte.
Ich sah leicht zu ihm runter und er wirkte plötzlich so viel ausgeglichener wie vorhin, doch trotzdem nahm man seine kaputte verletzliche Seite wahr, welche vorhin alles aus dem Gleichgewicht brachte.

"Es tut mir leid, sollte ich dich erschreckt haben."
"Schon okay."
"Und du bist wirklich nicht... sauer auf mich?"
"Nein, ganz und gar nicht."

Ich lächelte ihn warm an. Ich war ehrlich gesagt, einfach nur froh, dass er noch am Leben war. Ich denke mir zwar, dass es nur ein Hirngespinnst von mir war, aber in dem Moment war dieser Gedanke daran nur allzu real. Nach dem Gespräch mit seinen Eltern, dieses Wissen, dass in ihm eine düstere Seite wohnte, die für all das verantwortlich war... Nein, lieber zu viel Sorgen, als zu wenig.

Dann spürte ich plötzlich seine kalten Lippen auf meinen.
Er küsste mich. 
Doch dieser Kuss... Er war irgendwie anders. 

Er war bitter und traurig.
Voll mit Schuldgefühlen.

Ich legte meine warme Hand in seinen kühlen Nacken und zog ihn ein bisschen näher zu mir.

Ich schenkte ihm all meine Wärme und Liebe.
Dieser Kuss war zwar anders aber besonders.

"Gehts dir jetzt besser?"
"Ja. Jetzt ist mir wieder warm."

Er sah zur Seite, in die weite ferne des Meeres, dann sagte er schließlich ohne jeden Zusammenhang: "Wir sind das Meer, Magnus, oder?"
"Ja. Ja, das sind wir, Alexander... Das sind wir.."

Outlaws of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt